Eisbarriere

Die Diskussion über den Sinn und Zweck von Spieleiterschirmen im Rollenspielbereich ist wahrscheinlich fast so alt wie unser geliebtes Hobby selbst. Das hat die „Degenesis“-Macher rund um den Hauptentwickler Christian Günther nicht davon abgehalten, eben so einen Spielleiterschirm mit dem Namen „Eisbarriere“ zu veröffentlichen. Gespannt waren die Fans, denn angekündigt wurde, wie der Name schon vermuten lässt, ein äußert stabiler Sichtschirm, der optisch und handwerklich den Maßstab für äquivalente Produkte ziemlich hoch legen sollte.

von Marcello Marceddu

 

Direkt beim Auspacken des vierseitigen DIN-A4 Spielleiterschirm fällt einem die beiliegende DIN-A1 Poster-Farbkarte der Spielwelt in die Hände. Diese ist im üblichen, etwas düsteren „Degenesis“-Stil zu großen Teilen in Grau- und Rottönen gehalten und sehr hübsch anzusehen – allerdings aufgrund der sichtbaren Faltstellen eher weniger dazu geeignet, in einen Rahmen gesteckt zu werden. Schade, aber eine Schmuckposterkarte lässt sich zugegeben schlecht mit einem Spielleiterschirm zusammen verkaufen.

Im oberen Teil der Karte findet man das übrig gebliebene Europa mit seinen wichtigsten Städten und markanten Gebieten. Im unteren Teil findet man das nun angrenzende Afrika, das wirklich so gut wie den kompletten zweiten Teil der Karte besetzt. Auffallend ist, dass Europa bis jetzt einfach ausgearbeiteter ist. Während sich im oberen Teil der Karte gleich eine Vielzahl von Städten finden lässt, scheint der untere Teil eher spärlich besiedelt. Dies hängt sicherlich damit zusammen, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nur ein Quellenbuch erschienen war, dass das Augenmerk auf die Stadt „Justitian“ und seine angrenzenden Gebiete gelegt hat (die Überbleibsel Deutschlands).

Für alle, die den Spielleiterschirm ihr eigen nennen dürfen, ist die Farbkarte sicherlich ein nettes Gimmick.

Beim Schirm selber kann man unter Umständen eine böse Überraschung erleben. Denn es gibt zwei Versionen. Zur Veröffentlichung wurde leider bei der ersten Version der Fehler gemacht, dass der Spielleiterschirm in keinster Weise stabil daherkam. So wie manch magersüchtiges Fotomodell ist dieser kaum in der Lage, aufrecht zu stehen. Zudem schlich sich noch ein Fehler im Schirm selber ein. Dieser wird immer noch bei Internet-Auktionshäusern, sowie vom einen oder anderen Onlineshop angeboten. Und das ohne besondere Kennzeichnung!

Aufgrund der mangelhaften ersten Version ersetzten die Entwickler unverzüglich allen Vorbestellern kostenlos die fehlerhafte Version. Das ist guter Kundenservice!

Die zweite Version ist wohl das, was sich alle beteiligten vorgestellt hatten. Sehr stabil und endlich einer Eisbarriere würdig. Dieser steht nun endlich fest und sicher auf dem Tisch und schmilzt nicht dahin. Besonders hervorzuheben ist die Spielerseite. Die tolle Illustration der 13 Kulte von Marko Djurdjevic zeigt in einer phantastischen Collage mehrere Kultanhänger und setzt die Tradition der „Degenesis“-Reihe zu Artwork auf höchstem Niveau fort.

Das Wichtigste an einem Spieleiterschirm ist allerdings der Inhalt. Das Layout hält sich stark an das des Grundregelwerks und ist in Schwarz-Weiß gehalten. Ab und an sind ein paar schwarze Tuscheflecken oder Linien zu Abgrenzung eingearbeitet. Nur die komplette rechte Seite ist in Schwarz mit weißer Schrift. Über drei Seiten des Schirms ziehen sich von links nach rechts die 13 Symbole der Kulte und runden die ganze Sache ab. Die Schriftgröße ist leider sehr klein ausgefallen und auch aufgrund der Kultsymbole nicht immer gut zu erkennen.

Die linke Seite des Schirms beinhaltet die Kampfregeln und die dazugehörigen Regeln der Aktionspunkte. Diese können im Spiel eingesetzt werden, um die Erschwernisse auf den nächsten Wurf zu verringern. Hier ist alles Wichtige zu finden, sodass man gerade in Kampfsituationen nicht laufend im Regelwerk nachschauen muss.

Auf der Seite innen links findet man die Regeln zur Vergabe von Erfahrungspunkte, Heilung, Versporung und dem Burn (ein Stoff, aus dem verschiedene Drogen in der „Degenesis“-Welt gewonnen werden). Dies scheint mir ein bisschen zu viel  des Guten für diese Seite zu sein. Die Vergabe von Erfahrungspunkten braucht man sicherlich nicht so oft und hätte man zwecks besserer Übersicht weggelassen sollen.

Die Seite innen rechts lässt uns auf die Kenntnisse, Schadensbemessungen, Distanzbemessungen und Panzerungen schauen. Diese wären meiner Meinung nach aber besser direkt neben den Kampfregeln aufgehoben gewesen. Da diese Werte ja indirekt im Kampf zu gebrauchen sind. Ein wenig vermisse ich auch die Panzerungswerte des Spitalieranzuges. Diese muss man nun separat im Grundregelwek nachschlagen. Ansonsten ist an Übersichtlichkeit und Informationswert aber nix auszusetzen.

Die rechte Seite listet uns nun noch eine Vielzahl von Dienstleistungen auf, die es in der Welt zu erstehen gibt. Darunter einige sehr amüsante Sachen, wie die Kosten, einen Richter eine strittige Situation bewerten und dann Recht sprechen zu lassen. Natürlich findet man auch die üblichen Dinge, wie Kosten für Nahrung, Übernachtung oder Reparaturen.

Fazit: Sofern man die zweite Version der „Eisbarriere“ erwischt, kann man als Fan und Spieler zugreifen. Sicherlich gibt es die eine oder andere Schwäche im Innen-Layout, allerdings findet man das Wichtigste wirklich kurz und bündig auf vier Seiten. Der Preis von knapp 16,00 Euro ist natürlich wieder ein stolzer, aber man bekommt zumindest einen qualitativ hochwertigen Spielleiterschrim plus Farbkarte und einem grandiosen Artwork. Oder um es anders zu sagen: Das leichte Frösteln, das die „Eisbarriere“ bei einem hier und da erzeugt (besonders beim Preis), wird allerdings durch die Aufmachung allemal wettgemacht.


Degenesis: Eisbarriere
Spielhilfe
Christian Günther
Sighpress 2005
ISBN: n.a.
4 S. Sichtschirm + Posterkarte
Preis: EUR 15,95

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