Einsamer Wolf 13: Die Druiden von Ruel

Der neue Band „Die Druiden von Ruel“ aus der Reihe um den „Einsamen Wolf“ ist in mehrfacher Hinsicht neu. Zunächst ist er die neuste Publikation in der Reihe. Er ist ferner zum ersten mal auf Deutsch erschienen, denn die „alte Serie“ bei Goldmann endete mit Band zwölf. Er ist aber auch der Beginn eines neuen Zyklus, dem sogenannten „Großmeister“-Zyklus, der bis Band 20 dauern wird, und bietet einem neuen Leser eine gute Möglichkeit, um quer einzusteigen. Grund genug, sich den Band näher anzuschauen.

von Morgath

 

Das Buch beginnt mit einem kurzen Rückblick: 25 Jahre sind bereits vergangen, seitdem die Schwarzen Lords die Kai-Abtei überfielen und nahezu den gesamten Kai-Orden auslöschten. Nur einer überlebte, der seitdem den Namen „Einsamer Wolf“ trägt, da er der letzte der Kai-Lords ist (siehe Band eins). Der Krieg dauerte viele Jahre. Viele Schlachten mussten geschlagen werden, und oft stand die Menschheit am Rande einer endgültigen Niederlage. Nur durch Einsamer Wolf konnte dies verzögert (vgl. Band zwei bis elf) und schließlich abgewandt werden (siehe Band zwölf). Zuletzt drang der Einsame Wolf in verzweifelter Lage in Helgedad, der Hauptstadt der Schwarzen Lords, ein und tötete den Erzlord Gnaag. Sein Tod verursachte ein derartiges Chaos beim Feind, dass ein Bürgerkrieg entfachte, weswegen sich die feindlichen Armeen zurückziehen mussten und die Menschheit befreit war. Seit fünf Jahren herrscht nun Ruhe – Friede aber wäre das falsche Wort.

Doch in all den Jahren verfolgte der Einsame Wolf auch ein persönliches Ziel. Er suchte nach den sieben Weisheitssteinen von Nyxator (siehe Band fünf bis elf), um dadurch dasselbe Wissen und dieselbe Weisheit zu erlangen wie Sonnenadler, der Gründer des Kai-Ordens vor über 1.000 Jahren. Mittels dieses Wissens baute er den Kai-Orden wieder auf. Die Abtei ist wieder errichtet. Neue Rekruten werden angenommen und ausgebildet, inzwischen schon in der 2. Generation. Der Einsame Wolf erkannte aber auch, dass er noch nicht am Ende seines Potenzials angelangt war und sich ihm ein neuer Pfad geöffnet hat. Er kann der erste Kai-Supremmeister werden.

Das ist die Ausgangssituation, als die Ereignisse in Band 13 ihren Lauf nehmen. Der Einsame Wolf erhält unerwartet Besuch von seinem treuen Freund, Lord Rimoah. Dieser berichtet ihm, er habe Kenntnis darüber erlangt, dass die Ceneri-Druiden, einst mächtige Verbündete der Schwarzen Lords, auf Rache sinnen und hierzu beabsichtigen, eine Seuche in die Welt zu setzen, die ganze Landschaften ausrotten soll. Keine Frage, dass dies verhindert werden muss, und keine Frage, dass der Einsame Wolf dafür der richtige Mann ist. Mit dem Luftschiff von Banedon lässt sich Einsamer Wolf in die Nähe des Waldes von Ruel bringen, wo Mogaruith, die Festung der Druiden, steht.

Der Leser schlüpft ab hier in die Rolle von Einsamer Wolf und kann sein Abenteuer spielen. Ihm stehen zu Beginn zwei Möglichkeiten offen, wie er zur Festung gelangen kann. Er kann den kürzeren – aber gefährlicheren – Weg durch den Ruel-Wald nehmen oder den längeren über die Skardosberge. Beide Wege führen schließlich in die Festung, wo weitere Gefahren und Kämpfe auf den Leser warten. Hier gilt es, das Seuchenvirus zu finden und zu vernichten und dabei möglichst unerkannt zu bleiben, denn die Druiden sind gefährliche Gegner und für ihre Grausamkeit bekannt. Das Abenteuer gipfelt in einem filmreifen Showdown in einem riesigen Labor, in dem das Virus produziert wird, und klingt mit einer halsbrecherischen Flucht aus.

Wie schon erwähnt, beginnt mit diesem Band einer neuer Zyklus. Das hat auch regeltechnische Auswirkungen: Der Leser, der die Bände eins bis zwölf gespielt hat, kann seine Werte und all seine Fähigkeiten übernehmen, ein neuer Leser muss einen neuen Charakter erschaffen. Bei der Erschaffung wird berücksichtigt, dass der Einsame Wolf inzwischen ein mächtiger Kai-Lord geworden ist, sodass die Anfangswerte deutlich höher sind, als wenn der Leser in einem früheren Band beginnen würde. Trotzdem ist der neue Leser benachteiligt, da er die Fähigkeiten, die er in Band eins bis zwölf erworben hat, zwar theoretisch beherrscht, sie aber nicht anwenden kann, weil diese nicht mehr explizit erklärt werden. Besonders schwerwiegend fällt dies im Falle der Heilkunde ins Gewicht, die es dem alten Leser erlaubt, für jeden Abschnitt, in dem nicht gekämpft wird, einen Ausdauerpunkt zurückzubekommen. Davon findet sich für den neuen Leser kein Wort. Insoweit finde ich den Übergang regeltechnisch gesehen nicht ganz geglückt. Ansonsten ist es aber sehr erfreulich, dass die Kluft zwischen einem Leser, der alle Bände gespielt hat, und einem, der nur einen einzelnen Band spielen will, die gerade in den letzten Bänden sehr groß war, deutlich kleiner geworden ist. Lobenswert ist auch, dass zu Beginn alle Gegenstände aufgezählt werden, die der Leser in den Bänden eins bis zwölf finden konnte und die in den weiteren Bänden noch Berücksichtigung finden.

Das Abenteuer „Die Druiden von Ruel“ ist gewohnt gut und fügt sich reibungslos in die Welt von Magnamund ein. Der Orden der Druiden ist überzeugend dargestellt. Die Thematik um biologische Waffen hat sogar fast einen aktuellen Bezug.  Allerdings hat sich meiner Meinung nach der Flair des Spielbuches entwicklungsbedingt verändert. Ich kann es nicht besser ausdrücken, als mein Lieblingsautor Oscar Wilde: „Ich mag Männer, die eine Zukunft und Frauen, die eine Vergangenheit haben!“. Sprich: Der junge, noch am Anfang stehende Einsame Wolf, der noch einen weiten Weg vor sich hatte, bis er wirklich ein Held war, war mir einfach sympathischer, als der erfahrene Einsame Wolf, der bereits jetzt der größte Held seiner Epoche und vermutlich der letzten 1.000 Jahre ist. Dies drückt sich auch in den Fähigkeiten aus, die den Einsamen Wolf wie einen übermächtigen Krieger, fast schon Magier erscheinen lassen. So ermöglicht ihm beispielsweise die Großmeister-Disziplin „Drittes Auge“ geistzuwandeln, das heißt er kann seinen Geist vom Körper trennen und als Geistwesen die Gegend auskundschaften. Auf so etwas kann ich getrost verzichten, zumal diese Möglichkeit im Abenteuer ohnehin nur selten angeboten wird. Wenn ich diese Macht hätte, hätte ich das Abenteuer ganz anders gelöst. Ich hätte erst als Geistwesen alles erkundet und wäre dann erst in persona reingegangen, wohl wissend, wo ich hin muss. Diese Macht hat auch Auswirkungen auf die Kämpfe. Plötzlich begegnen dem Leser nur noch hammerharte Monster, da alle anderen zu schwach wären. Besagte Monster sind oft nur Begegnungen am Rande, obwohl sie teilweise Kampfwerte haben, die sogar die Endgegner in den Bänden sechs bis zwölf in den Schatten stellen. Nur am Rande sei erwähnt, dass ich das ein oder andere Mal beim Spielen gestorben bin, weil der Gegner einfach zu stark war. Leider ist man daher als neuer Leser gezwungen, die Kampfwerte zu maximieren, wenn man eine Chance haben will, das Abenteuer zu bestehen.

Im Zusatzabenteuer „Diener der Seuche“ schlüpft der Leser in die Rolle eines Kräuterkundigen, der Kenntnis von den Plänen der Ceneri-Druiden erhält und diese Kenntnis weitergeben möchte, was der Feind verständlicherweise verhindern möchte. Ein schönes Abenteuer! Mir persönlich gefällt am Besten, dass es einen Bezug zum Hauptabenteuer hat, quasi seine Vorgeschichte ist.

Abschließend noch ein Wort zur Aufmachung. Band 13 ist diesbezüglich der beste Band von allen! Das liegt an zwei Gründen. Zum einen sind die Zeichnungen hervorragend. Der neue Zeichner Nathan Furman hat hier tolle Arbeit geleistet. Zum anderen hat man das Papier gewechselt, weg vom „Büroprodukt“, hin zum „Buchpapier“. Das frühere war viel schwerer und schnitt bei längerem Lesen zumindest in meine geschmeidigen Pfoten. Das neue Papier ist leichter, besser zu handhaben und sieht sogar besser aus. Bleibt zu hoffen, dass alle weiteren Produkte ebenfalls so erscheinen werden.

Fazit: „Die Druiden von Ruel“ ist ein gelungenes Spielbuch, das zwei gute Abenteuer beinhaltet, die sogar in einem losen Zusammenhang stehen. Wer „Einsamer Wolf“ noch nicht kennt, kann auch mit diesem Buch einsteigen. Man sollte aber berücksichtigen, dass man hier bereits einen fertigen Helden spielt und nicht einen erst werdenden, wobei auch der fertige Held noch werdend ist.


Einsamer Wolf 13: Die Druiden von Ruel
Abenteuer-Spielbuch
Joe Dever
Mantikore Verlag 2013
ISBN: 978-3-939212-33-1
426 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 14,95

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