Ehrenhändel

„Ehrenhändel“ ist der Abenteuerband zu dem erst vor kurzem erschienenen Regionalmodul „Herz des Reiches“. Es beinhaltet dementsprechend fünf Abenteuer um und in Garethien und Almada.

von Reinhard Kotz

 

Passend zum Titel zieren zwei Haudegen, die vermutlich ein Duell austragen, das gut gelungene Cover. Ein Durchblättern lässt den gewohnten „DSA“-Stil erkennen. Die Texte sind gut gegliedert und mit mehr Bildern versehen als bei den letzten Publikationen. Die Bilder sind eigens für das Buch gemalt worden und passen inhaltlich zu einzelnen Szenen der Abenteuer. Gerade die Gruppenporträts haben mir gut gefallen. An Einzelporträts hätten es aber noch ein paar mehr sein dürfen. Schön ist auch, dass jedes Abenteuer zu Beginn kurz zusammengefasst wird und kleine Karten die Orte zeigen, in denen die Abenteuer spielen. Dem Buch sind zudem vier Seiten mit Karten, Bildern und sonstigen Handouts in gewohnt guter Qualität beigefügt. Kurzum: An der Aufmachung ist nichts zu beanstanden.

Firun wählt

Marbos von Greifstein ist ein glücklicher Mann. Gleich zwei Frauen buhlen um seine Gunst, ein Zustand, den er gerne aufrechterhalten würde, doch leider drängen die Verehrerinnen auf eine Entscheidung. Da er hierzu nicht Manns genug ist, beschließt er, ein Gottesurteil herbeizuführen und eine Jagd zu veranstalten. Wer die firunsgefälligere Beute erlegt, soll seine Hand bekommen. Natürlich sind auch die Helden als Begleitung der einen Verehrerin mit von der Partie, und überflüssig zu erwähnen, dass die Jagd nicht ganz so verläuft wie erwartet...

Das Abenteuer besticht durch abwechslungsreiche Schauplätze. Erst haben sich die Helden mit kleineren gesellschaftlichen Intrigen beim Empfang auf einem Schloss herumzuschlagen, ehe sie sich bei der Jagd in der Wildnis austoben und sogar einen kurzen Abstecher in die düstere Dämonenbrache machen dürfen. Die Geschichte spielt mit einfachen Motiven, setzt diese aber gekonnt in Szene, sodass der Spielspaß nicht zu kurz kommt. Mir persönlich haben zwar die vertauschten Geschlechterrollen (Ritterin macht „Weichei“ den Hof) nicht zugesagt, aber dies ist ein Aspekt, über den jeder denken kann, was er möchte...

Fazit: ein schönes Abenteuer!

Eine almadische Tragödie

Said ist ein unglücklicher Mann. Er ist nämlich tot. Die Helden können zwar zufällig seinen Mord mit ansehen, jedoch den vermummten Mörder nicht stellen. Die Spur des Mörders führt die Helden jedoch nach Brindal, ein kleines Städtchen, das bekannt für seinen Wein ist. Hier streiten nicht nur zwei einflussreiche Winzerfamilien gegeneinander um noch mehr Einfluss, sondern seit kurzem hat sich auch eine Schar Novadis vor der Stadt angesiedelt (hauptsächlich um niedere Arbeiten bei der Rebenernte zu leisten), die nicht von jedermann gerne willkommen geheißen werden. Konflikte sind vorprogrammiert, Reibereien an der Tagesordnung. In diesem Pulverfass machen sich die Helden auf die Suche nach dem Täter und müssen aufpassen, nicht zwischen alle Fronten zu geraten.

Das Abenteuer hinterlässt bei mir einen zwiespältigen Eindruck. Die an Romeo und Julia erinnernde Szenerie weiß zwar zu gefallen, das kann man von der Handlung des Abenteuers aber nicht behaupten. Manche Ereignisse oder Handlungen sind zu sehr an den Haaren herbeigezogen, wirken gekünstelt oder lassen den Helden zu wenig Handlungsspielraum, weil der Ausgang festgelegt ist. Zudem wird abermals ein Motiv aufgegriffen, das meiner Meinung für seine Außergewöhnlichkeit viel zu oft vorkommt. Somit verblassen leider die schöne Kulisse und einige guten Szenen wie ein Maskenball neben diesen Punkten. Sieht man aber davon ab, so erhält man immer noch eine schöne Schauplatzbeschreibung mit interessanten Personen, detaillierten Hintergrundinformationen (etwa über Wein) und genügend Potenzial für eigene Ideen.

Fazit: als Schauplatz gut geeignet, als Abenteuer eher weniger.

Wohin der Schatten fällt

Selinde ist ein einsames Mädchen. Soeben ist ihr Vater verunglücklicht und außer einem entfernten Verwandten in Gareth namens Folmian hat sie niemanden, zu dem sie gehen kann. Wir gut, dass unsere edlen Helden gerade vorbeikommen und ihr anbieten, sie zu ihrem Verwandten in Gareth zu bringen. Was sich zunächst nach einer leichten Aufgabe anhört, entwickelt sich dann aber zu einer verzwickten Angelegenheit. Denn Folmian ist spurlos verschwunden und die Nachforschungen führen die Helden in die Tiefen der Unterwelt. Schon bald merken sie, dass mehrere Parteien in die Geschichte verwickelt sind und als sie auf eine Spur von einem alten Geheimnis stoßen, wissen sie auch warum...

Wohin der Schatten fällt ist ein klassisches Stadt- und Detektivabenteuer. Die Helden erhalten zu Beginn einige Hinweise, die sie zu neuen Orten und Personen führen, wo sie weitere Informationen erlangen können. Dabei entwickelt sich eine unterhaltsame Schnitzeljagd. Obwohl ein roter Faden durch das Abenteuer geht, haben die Helden doch einen großen Handlungsspielraum. Zudem werden an einigen Stellen interessante Anregungen gegeben, wie man das Abenteuer erweitern oder ausbauen kann. Da das Abenteuer aber nicht nur aus Kopfarbeit besteht, sondern auch mit der einen oder anderen Actionszene aufwarten kann, ist es rundum gelungen. Das einzige, was mir missfallen hat, war die Tatsache, dass dieses Abenteuer ohne die Regionalbeschreibung unvollständig ist. Oft werden Personen oder Orte nicht beschrieben, sondern nur mit einem Hinweis auf die entsprechende Stelle in „Herz des Reiches“ versehen. Auch macht sich das Fehlen eines Stadtplanes von Gareth deutlich bemerkbar.

Fazit: Wenn „Wohin der Schatten“ fällt nicht so von „Herz des Reiches“ abhängig wäre, wäre es in meinen Augen uneingeschränkt das beste Abenteuer in diesem Buch.

El Vanidad

Mira ist eine geheimnisvolle junge Frau. Zwar stammt sie aus einem Adelshaus, doch wurde sie in jungen Jahren, einer Zahorifamilie (Zigeuner) zur Obhut gegeben, um sie vor den Feinden ihrer Familie zu schützen. Eine Maßnahme, die sich als weise erwies, denn schon bald darauf wurde die Adelfamilie vernichtet und nur Mira überlebte. Nun, fast 12 Jahre später, da sich die Wogen geglättet haben und die Justiz mit einer Enterbung von Mira droht, sollen die Helden sich auf die Suche nach ihr machen. Hierzu müssen sie in die Rolle von Zahori schlüpfen, durch die Lande ziehen und Nachforschungen nach dem Sprössling machen...

Ein großer Teil des Abenteuers widmet sich der Beschreibung der Zahori. Dabei wird ihre schillernde Lebensweise anschaulich beschrieben und lebendig übermittelt. Tatsächlich ist das Leben der Zahori auch der Schwerpunkt des Abenteuers. Die Detektivgeschichte dient nur als Rahmenhandlung, um die Helden zu einem solchen Leben zu bewegen. Mich selbst überzeugt sie weniger, da es nur wenige Informationen zu finden gibt und der Eindruck entsteht, als würde die Fortentwicklung der Ereignisse mehr vom Zufall als von den Handlungen der Helden abhängen. Zudem bin ich der Meinung, dass sich die Helden nicht zwingend als Zahori hätten verkleiden müssen, um Mira zu suchen. Mit Bestechungsgeldern hätten sie bestimmt auch die eine oder andere Information erhalten und wären dann nicht vom langsamen Reisetempo ihrer Zahorigruppe anhängig gewesen.

Fazit. Trotz den genannten Kritikpunkten ist „El Vanidad“ ein schönes Abenteuer. Gerade die Lebensweise der Zahori ist gut gelungen und auch als allgemein gehaltenes Hintergrundmaterial sehr brauchbar. Wer eine kleine Kampagne mit und um Zahoris leiten möchte, findet hier genügen Anregungen.

Zwischen den Fronten

Oldebor von Zweifelsfels ist ein tollpatschiger Ritter. Obwohl mit hohen Tugenden ausgestattet, besitzt er nur ein durchschnittliches Talent, sodass sein größter Gegner er selbst ist. Als er sich dann zu dem Turnier von Eslamsgrund aufmacht, wohin die besten Streiter der beiden Kaiser kommen, macht sich seine Gemahlin verständlicherweise viele Sorgen um ihn. Daher heuert sie ein paar Haudegen an, die ihn unauffällig beschützen sollen. Doch auch während des Turniers geschehen merkwürdige Dinge. Die Stimmung wird von Tag zu Tag gereizter, droht gar zu einem Krieg zwischen den Kaisern zu eskalieren. Wie gut aber, dass unsere Helden zufällig gerade anwesend sind...

Das Abenteuer beginnt mit schönen Slapstickeinlagen. Ritter Oldebor ist eine witzige Person, die trotz ihrer Tollpatschigkeit den Helden ans Herz wachsen dürfte. Das Turnier selbst ist ein stimmungsvoller Rahmen für einzelne, meist zusammenhangslose Ereignisse. Die zusätzlich eingebaute Detektivgeschichte entspricht weniger meinem Geschmack, da es kaum Hinweise gibt und man das Rätsel ohne Magier nur schwer lösen kann.

Fazit: Das Abenteuer weiß durch seine humorvolle Einlagen und das stimmungsvolle Turnier zu gefallen.

Fazit:
„Ehrenhändel“ ist ein guter Abenteuerband, der durch interessante und abwechslungsreiche Abenteuer besticht. Als Ergänzung zu „Herz des Reiches“ ist er uneingeschränkt zu empfehlen, da er den Regionalband optimal unterstützt. Doch auch für diejenigen, die „Herz des Reiches“ nicht besitzen, ist „Ehrenhändel“ allemal einen Blick wert. Zwar sind dann manche Stellen etwas dünn, doch dürfte das für einen kundigen Meister kaum ein echtes Hindernis sein.


Ehrenhändel (DSA-Abenteuer Nr. 147)
Abenteuerband
Stephanie von Ribbeck, Michael Masberg, Uli Lindner u. a.
Fantasy Productions 2007
ISBN: 3-89064-223-3
86 Seiten + 4 Seiten Handouts, Hardcover, deutsch
Preis: EUR 18,00

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