Efferds Wogen

Ein jedes Fantasy-Rollenspiel, das etwas auf sich hält, hat einen eigenen Almanach zur Seefahrt. „Efferds Wogen“ ist der aktuelle Almanach von „DSA“ und damit der Nachfolger des altehrwürdigen Schifffahrtsbuches „Die Seefahrt des Schwarzen Auges“ aus der veralteten Thorwaler-Box aus dem Jahre 1990. Mal sehen, ob der Strom der Zeit „Efferds Wogen“ gewogen war...

von Efferds Wogen

 

„Efferds Wogen“ erscheint als Quellenbuch der „DSA“-Reihe im gewohnten „DSA“-Hardcover-Stil. Da auch die innere Aufmachung keine Expeditionen in neue Gewässer wagt, dürfte das Buch beim Leser Gefallen finden. Inhaltlich ist das Buch knapp 200 Seiten dick, auf denen alles beschrieben wird, was irgendwie etwas auf, mit und unter den Meeres Aventuriens zu tun hat. Die geballten Informationen werden durch einen umfangreichen Index sowie einen Anhang mit diversen nützlichen Utensilien ergänzt.

In letzterem lassen sich beispielsweise Schiffspläne, Schiffsmarker für den Seekampf, eine schwarz-weiße Seekarte mit Hexfeldern und „Schiffcharakterblätter“ finden. Die Schiffsmarken sowie die Seekarte sind jedoch sehr schlicht. Sie mögen zwar nützlich sein, zur Atmosphäre eines Seegefechts tragen sie aber nur wenig bei. Hier wäre eine große farbige Seekarte mit zusammensteckbaren Schiffsmodellen wie bei „Pirates“ wünschenswert gewesen, die als Grundlage für jeden Seekampf Verwendung finden hätte können. Aufgrund fehlender Farbkarten erscheint der Preis von 28,00 Euro zumindest im Vergleich zu den Regionalmodulen als etwas überhöht.

Doch nun wollen wir uns auf eine inhaltliche Seereise durch die maritimen Themengebiete von „Efferd Wogen“ begeben und einmal sehen, zu welchen Gefilden uns die Reise führt:

„Zunächst geht die Reise zu den Völker und Lebewesen Aventuriens, die mit der See zu tun haben.“

Dies ist eine kurze Stippvisite ohne Landgang, sodass der Leser nur einen oberflächlichen Überblick erhält. Wer kein Kenner von „DSA“ ist, wird hier etwas im Regen stehen gelassen, da ihm die zahlreichen unbekannten und nichtssagenden Namen wie spanische Dörfer vorkommen werden.

„Danach beginnt eine große Rundreise um die bekannte Welt, bei der der Reisende alle Meere und Ozeane befahren und bestaunen kann. Dabei wird er merken, dass Meer nicht gleich Meer ist und dass jedes Meer mehr zu bieten hat, als er bisher dachte. Manchmal ist mehr eben doch mehr!“

Die detailreiche Beschreibung der Meere liest sich zwar zunächst etwas langatmig, dafür werden hier aber sehr nützliche Informationen gegeben, um ein Meer nicht wie das andere aussehen zu lassen. Wer seine Heldengruppe in ein neues Gewässer führt, kann mit den vorliegenden Informationen gut die Unterschiede der einzelnen Meere herausarbeiten. Hier ist mehr Meer tatsächlich mehr!

„Doch beim Durchpflügen der Meere sollte man wachsam sein, denn sie  stecken voller Gefahren.“

Dieses Kapitel behandelt die Gefahren auf der See. Hier trifft man auf die üblichen Verdächtigen, aber auch auf einige Besonderheiten. Von Piraten bis zur Seeschlage ist alles vertreten. Aufgrund der stimmungsvollen Beschreibungen können die meisten Gefahren ohne großen Aufwand in jede Seereise eingebaut werden. Eines steht jedenfalls fest: Langweilig wird es auf See nie!

„Nach so viel Tumult kann sich der Reisende nun in seine Kajüte zurückziehen und in alten Folianten die Geschichte der aventurischen Seefahrt nachlesen.“

Ein spannendes und informatives Kapitel zugleich, das die Sehnsucht nach der großen unbekannten Welt anspricht.

„Aber auch das nächste Kapitel über den „Aventurier und das Meer“ weiß zu gefallen.“

Hier werden alle Fragen über die Auswirkungen des Meeres auf den Aventurier beantwortet. Von religiösen Feiertagen, über den Handel auf dem Meer, bis hin zur Beschreibung der Flotten der zur See fahrenden Nationen ist hier alles vertreten. Ein wichtiges und sehr nützliches Kapitel.

„Mit so viel Wissen beladen, wird der Reisende dann sicherlich froh sein, dass sein Schiff kurz vor Anker geht. Im Hafen kann er dann auch an die 25 unterschiedliche Schiffstypen aus allen Herren Länder bestaunen. Von der Bireme bis zur Zedrakke ist hier alles vertreten.“

Hier werden die wichtigsten Schiffstypen Aventuriens beschrieben. Die Werte liegen natürlich ebenfalls vor. Schade ist einzig, dass es insgesamt nur 4 Schiffspläne gibt. Etwas mehr hätten es schon sein dürfen.

„Bei dieser Gelegenheit kann er auch gleich einen Schiffskampf zwischen einer thorwalischen Otta und einer dickbäuchigen Kogge aus dem Bornland verfolgen. Auffallend dabei ist, dass der Kampf bestimmten Regeln zu folgen scheint...“

Wie bei einem Helden, verfügt auch jedes Schiff über verschiedene Eigenschaften, auf denen im Kampf eine Probe abgelegt werden kann. Das Seekampfsystem ist dabei losgelöst vom „DSA“-System und kann daher problemlos in jedes andere Rollenspielsystem adaptiert werden. Die Schiffkampfregeln haben mit 13 Seiten genau die richtige Länge und sind für kurze, aber packende Kämpfe bestens geeignet.

„Nach dieser Aufregung tut etwas Abkühlung gut, und wo ist dies besser möglich als in den Tiefen der Meere. Hier kann der Reisende einen erfrischenden Einblick in die Welt unter Wasser erhalten und gleichzeitig feststellen, dass diese Welt anderen Regeln folgt.“

Hier werden die Regeln für Unterwasseraktionen beschrieben. Wer auf so etwas Wert legt, wird hier gut bedient.

„Danach führt die Reise zu ihrem exotischen Höhepunkt. Hier kann der Reisende die verschiedenen Meeresbewohner aus aller Nähe betrachten: die mit silbernen Schuppen bestückten Risso, die fischköpfigen Mahre, die knusprigen Hummerier etc. ...“

Die Führung durch die Kultur der Meeresbewohner ist zwar nur kurz, sie quirlt vor neuen Informationen und kreativen Ergüssen aber nur so über. Eines der besten Kapitel im Buch!

„Nun ist eine kleine Rast auf der schwimmenden Stadt Aguaduron mehr als willkommen. Dabei handelt sich um ein Konglomerat aus zahlreichen aneinander gebundenen Schiffen, das ziellos (?) durch die Ozeane treibt. Auch hier gibt es viel zu bestaunen.“

Hier wird ein außergewöhnlicher Schauplatz dargestellt, der sicherlich vielen Helden noch viel Freude bereiten wird.

„Nachdem der Reisende um die halbe Welt gereist ist, kann er sich zum Abschluss in die Gesellschaft berühmter Persönlichkeiten einreihen und mit ihnen die „Mysteria et Arcana“ der See besprechen oder Seemannsgarn austauschen.“

Abschließend werden zahlreiche berühmte Persönlichkeiten beschrieben, die sich in und um die Seefahrt verdient gemacht haben. Dies ist eine nützliche und interessant zu lesende Aufzählung von NSC, von denen sich die meisten gut in Abenteuer integrieren lassen. Ein weiteres Highlight ist das Kapitel „Mysteria et Arcana“. Hier werden – wie bei „DSA“ üblich – zahlreiche im Buch angesprochene Geheimnisse, Sagen und Legenden aufgegriffen und zu Abenteuerideen oder anderen spielbaren Anregungen verarbeitet. Die „Mysteria et Arcana“ in „Efferds Wogen“ zählen dabei zu den besten, die ich bisher gelesen habe!

Inhaltlich fährt „Efferds Wogen“ alle Geschütze auf, die die Seefahrt zu bieten hat. Jedes relevante Thema wird angesprochen und umfangreich behandelt. Gelegentliche Prisen von Humor und Abenteuerlust tragen ihr Übriges dazu bei, dass hier ein gelungener Almanach zur Seefahrt vorliegt. Zwar ist ein kleiner Teil des vorliegenden Material (im Wesentlichen die Schiffsbeschreibungen und diverse Beiträge zur Seefahrerei) schon aus dem alten Buch „Die Seefahrt des Schwarzen Auges“ bekannt, bei den meisten Texten handelt es sich aber sowohl inhaltlich als auch stilistisch um erfrischend neue Ausführungen.

Und durch das Werk ist wahrlich eine frische Brise gegangen! Während „Die Seefahrt des Schwarzen Auges“ noch mit einer kleine Trimere zu vergleichen war, die mit wuchtigen Rudern die ersten Schritte auf das Meer gewagt hat, handelt es sich bei „Efferds Wogen“ um eine stolze, dreimastige Fregatte, deren Segel von den Winden der Erfahrung gebläht sind und bei der es keinen Zweifel gibt, dass die hohe See ihr Zuhause ist. Da die Fregatte aber mit neuen Informationen schwer beladen ist und von der Last kreativer Ansätze tief im Wasser liegt, lohnt sich die Anschaffung auch für Eigentümer des alten Seefahrtbuches.

Wer schon immer Material gesucht hat, um eine Seereise oder ein Seeabenteuer, spannender, realistischer und abenteuerlicher zu gestalten, ist mit „Efferds Wogen“ bestens beraten. Auf dem Meer der Rollenspielspielhilfen braucht das Werk keinem Gegner aus dem Wege zu gehen. Angesichts seiner Allgemeinheit ist das Buch sogar für Nicht-„DSA“-Spieler eine Überlegung wert. Zwar sind viele Inhalte „DSA verseucht“, doch bleibt ansonsten immer noch genügen Stoff übrig, dass sich der Kauf als lohnend darstellt.

Fazit: „Efferds Wogen“ ist alles andere als ein Schlag ins Wasser oder ein Schuss vor dem Bug. Der Strom der Zeit war diesem Werk gewogen, und so wird es sicherlich so manche Woge der Begeisterung auslösen. Hier paaren sich umfangreiche Informationen mit tiefgründigem Hintergrund, umspült von den Wellen der Abenteuerlust! Daher kann das vorliegende Werk jeder Entdeckerseele ans Herz gelegt werden.


Efferds Wogen
Quellenbuch
Stefan Küppers
Ulisses Spiele 2007
ISBN: 978-3-940424-11-2
208 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 28,00

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