Dungeon Petz

Wie sangen es die „Die Ärzte“ noch: „Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe“. In dem Fall muss sich das durchschnittliche Dungeon-Monster nach sehr viel Liebe sehnen. Da es diese von Helden oder Seinesgleichen nicht zu erwarten hat, sind findige Kobolde auf eine clevere Geschäftsidee gekommen: Lasst und „Dungeon Petz“ züchten, die süßesten Kuschelmonster der Dungeonwelt! Genau das macht man in diesem Brettspiel.

von Nora Linse

 

 

Thema
 
In diesem amüsanten Spiel aus dem Hause Czech Games Edition (Deutsche Version: Heidelberger Spieleverlag) führt uns der bekannte Spieleautor Vlaada Chvatil erneut in die Welt der „Dungeon Lords“. Jeder Spieler übernimmt im Spiel eine Koboldsippe, die mit nichts weiter als einem rostigen Käfig und ein paar Goldstücken bewaffnet die Aufgabe hat, sich als beste „Kuschelmonsterzüchter der Dungeonwelt“ zu beweisen. Dazu gilt es zunächst einige Monsterbabys zu ergattern, großzuziehen und bei Kuschelmonsterschauen Meriten zu verdienen. Wie überall gilt auch hier: Nur die prämierten Monster bringen beim Verkauf die Spitzenpreise!

Illustrationen
 
Wer die Illustrationen von „Dungeon Lords“ möchte, wird diese hier lieben! David Cochard hat sich wieder einmal selbst übertroffen und ein äußerst stimmiges und ansprechendes Gesamtbild entworfen. Man merkt, dass die Macher beim Kreieren des Spiels den Stil des Illustrators im Hinterkopf hatten … Grafik und Spiel greifen hervorragend ineinander! Die Spielpläne sind liebevoll gestaltet und voll mit lustigen Details. Dennoch ist diese Detailverliebtheit zugleich auch ein wenig problematisch, macht sie doch den Hauptspielplan stellenweise etwas unübersichtlich. Insbesondere die Zuordnung der Aktionsfelder erschließt sich nicht auf Anhieb und hätte deutlicher ausfallen können.

Spielmaterial

Das Spiel kommt in einer liebevoll gestalteten Box daher. Nach dem Öffnen wird man von einer Flut an Spielmarkern, Karten und Plänen überrascht, die allesamt aus stabilem Material gefertigt sind. Vor dem allerersten Spiel erwartet den Spieler zunächst der Zusammenbau zahlreicher Spielmaterialien, der sich bei den Tierchen als wahres Puzzlespiel erweist. Die Marker für die Monster müssen jeweils aus zwei Teilen zusammengebaut werden, die im Stanzbogen auch entsprechend angeordnet sind, sodass der Zusammenbau nach einigen vergleichenden Blicken mit den Abbildungen im Regelheft kein Problem darstellen sollte … So in der Theorie. Sollte man aber den Fehler machen, sie (absichtlich oder nicht) zuerst alle auszustanzen und dann zusammenbauen zu wollen, kann man mit einem lustigen Puzzlespiel viel Zeit verbringen. Die Holzmarker für die Lakaien wirken auf den ersten Blick etwas plump, was sich aber durch die dazugehörigen Aufkleber sehr schnell relativiert. Die Spielfiguren der Kobolde sind aus Plastik gegossen, liebevoll gestaltet und … winzig. Etwas größer hätten sie durchaus sein können … und die Ohren sind sehr spitz, autsch! Aber das ist eher Jammern auf hohem Niveau als ein wirkliches Problem.

Das Spiel

Jede Runde beginnt damit, dass der Rundenmarker weiterbewegt und dadurch die Futtermenge und die Show-Anforderungen für die Runde festlegt werden. Die Showbedingungen und die Käufer für die folgende Runde werden aufgedeckt, sodass der Spieler eine gewisse Planungsmöglichkeit bekommt. Auch werden in dieser ersten Phase die Verkaufsplätze für Käfige und Kuschelmonster aufgefüllt. Als nächstes bildet jeder Spieler aus seinem Kobold- und Goldvorrat Gruppen, um damit in der darauffolgenden Phase auf allerlei nützliche und notwendige Dinge zu bieten. Interessant hierbei ist, dass die Spielreihenfolge ebenfalls durch diese Koboldgruppen festgelegt wird. So darf etwa die Gruppe mit 5 Kobolden vor einer Gruppe mit 4 Kobolden agieren. Das Gold wird hierbei wie ein vollwertiger Kobold gewertet, muss aber nach dem Einsetzen abgeworfen werden.

Manche Felder haben eine Mischung aus Gold und Kobolden als Bedingung (Kuschelmonster-Händler) und bei manchen Feldern muss auch eine bestimmte Kobold-Mindestmenge gesetzt werden (Käfig-Händler). Nachdem alle Spieler ihre Kobolde hinter ihrem Sichtschirm gruppiert haben, wird dieser umgeklappt und so der Blick auf die Kobolde frei gegeben. Dann folgt das Setzen, bei dem die gewählten Felder immer sofort abgehandelt werden. Man kann Käfige, Käfigausbauten, Futter, Monster und Artefakte erwerben. Zudem bietet sich die Möglichkeit, die Preisrichter für die nächste Abstimmung zu bestechen, sich einen guten Verkaufsplatz für eine der nächsten Runden zu sichern oder auch die Verwandtschaft aus dem Ausland am Bahnhof abzuholen, um sie ins eigene Kobold-Team einzugliedern. Schließlich gibt es noch das Kobold-Hospital, in dem verletzte Koboldarbeiter versorgt und Wundertränke erworben werden können.

Nachdem alle Spieler ihre Kobolde platziert und die Felder ausgewertet haben, kommt der wichtigste Teil des Spiels. Als erfahrene Kuschelmonsterzüchter müssen die Kobolde nun ihre Schützlinge versorgen, die unterschiedliche Bedürfnisse wie Spieltrieb oder Hunger haben oder vielleicht ihren Käfig vollmachen. Mache Monster werden in dieser Phase auch aggressiv und traktieren ihren Käfig mit magischen oder physischen Attacken, die es abzuwehren gilt – auch unter Einsatz der eigenen Koboldgesundheit. Wenn all diese Bedürfnisse mithilfe von Bedürfniskarten mehr oder weniger gut gestillt wurden, findet eine Monsterschau statt. Hier können die Kobolde die Meriten für ihre investierte Arbeit ernten. Da werden zum Beispiel die aggressivsten oder auch die hungrigsten Monster prämiert.

Nach der Auktion kommen die Käufer vorbei und erwerben möglicherweise einige Monster. Doch die Ansprüche hier sind hoch und nicht jeder Kunde wird jedes Monster kaufen wollen. Anschließend an diese Phase wird das Spielbrett für die nächste Runde vorbereitet, die nach demselben Schema verläuft. Es wird über 6 Runden gespielt. In der ersten Runde gibt es noch keine Kuschelmonsterschau und die Kunden kommen erst ab der 3. Runde zu den Monsterhändlern, da Monster erst ab einem bestimmten Alter verkauft werden dürfen. Dafür kommen in der letzten Runde gleich zwei interessierte Monsterkäufer vorbei und gleichen somit den fehlenden Kunden der 2. Runde aus.

Spielmechanismen

Das Spiel selbst basiert teilweise auf einem „Worker-Placement-Mechanismus“, der jede Runde die Auswahl verschiedener Aktionen ermöglicht. Die Setzreihenfolge wird zuvor durch eine Art Auktionssystem festgelegt. Abgerundet wird das Spiel zudem durch den Einsatz von Karten, die es strategisch geschickt zu platzieren gilt, um die höchstmöglichen Punkte abzugreifen.

Regeln

Ein erster Blick ins Regelheft lässt den Leser zunächst ob der Menge der Informationen erschrocken zusammenzucken. Der Autor schreibt selbst: „Fürchten Sie sich nicht, wenn das Regelbuch ein bisschen länger geworden ist. […] Im Endeffekt ist das Spiel überhaupt nicht schwierig und außerdem stehen alle wichtigen Informationen noch mal auf den Plänen für die Spieler“. Damit hat er im Prinzip Recht: Das Spielprinzip an sich ist tatsächlich nicht sehr kompliziert. Dennoch muss ich an dieser Stelle als kleinen Kritikpunkt diese Flut an Informationen erwähnen, da der Leser auf den ersten Blick von der Fülle förmlich erschlagen wird – eine etwas kürzere Variante wäre vielleicht doch besser gewesen. Das Erlernen der Regeln anhand des Regelbuchs ist zwar möglich, erfordert aber ein sehr intensives und vor allem selektives Lesen der Regel. Die zuvor erwähnten Spielerinformationen sind ein weiterer kleiner Kritikpunkt. Die Idee, alles an Informationen aus den Regeln codiert in Symbolsprache auf den Spielerschirm zu komprimieren ist zwar lobenswert – aber die die Umsetzung verwirrt mehr, als dass sie hilfreich ist. Zwar erschließen sich die Symbole bei intensivem Studium der Regeln beziehungsweise nach einigen gespielten Runden, aber den Zweck einer kurzen Übersicht über die wichtigsten Regeln beziehungsweise Spielmechanismen erfüllen sie in meinen Augen nicht – mein Tipp: erst einmal ignorieren! Was ebenfalls zu Beginn verwirrend sein mag, sind die vielen verschiedenen Spielpläne. Jeder Spieler hat zunächst zwei eigene Spielpläne, zusätzlich dazu gibt es noch den Hauptspielplan sowie einen „Fortschrittsplan“. Alles in allem sind gerade die Spielpläne sehr kompakt gehalten und hätten in meinen Augen generell etwas größer sein dürfen.

Fazit: Dieses Spiel ist trotz kleiner Ecken und Kanten sofort in die Liste meiner Lieblingsspiele gewandert. Die Mechanismen sind gut kombiniert und durchdacht. Sie ermöglichen trotz ihrer Einfachheit viel Spielspaß. Für eher unerfahrene Spieler ist dennoch die Komplexität des Gesamtspiels eine Hürde, die es zu Beginn zu überwinden gilt. Aber es lohnt sich! Die Grafik ist stimmig, die Monster sind einfach putzig und das Material gewohnt hochwertig. Von meiner Seite gibt’s ohne zu Zögern eine Kaufempfehlung!


Dungeon Petz
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler
Vlaada Chvatil
Heidelberger Spieleverlag 2011
EAN: 4015566030893
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 39,99

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