DSA Drakensang: Das Ferdoker Pergament

Der Diebeslehrling Gwidion soll bei einem Einbruch der Meisterdiebin Mora nur Wache halten, während sie beweisen möchte, wer die wirkliche Diebeskönigin von Havena ist. Doch unverhofft muss er einspringen, als der Plan anders läuft als gedacht. Als kurz nach dem Diebstahl mehrere Leute ermordet werden, die damit zu tun hatten und die Gwidion kannte, wird er plötzlich zum Gejagten und muss fliehen. Seine Hoffnung, die Morde zu klären, wird immer geringer, da sich verschiedene Parteien an seine Fersen heften.

von Ansgar Imme

 

Im Zuge der PC-Umsetzung „Drakensang – Am Fluss der Zeit“ zum Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ entstand auch die Idee dieses Romans, der zur multimedialen Umsetzung beitragen sollte. Mit Florian Don-Schauen übernahm ein Veteran und großer Kenner des Schwarzen Auges diese Aufgabe. Seit 1993 schreibt er – damals noch für Fantasy Productions – für „Shadowrun“, „Earthdawn“ und natürlich „Das Schwarze Auge“, und von 1997 bis 2008 war er zusammen mit Thomas Römer als Chefredakteur für das Rollenspiel tätig. Vor allem seine beiden „DSA“-Einsteigerkampagnen wurden vielfach gelobt.

Der Inhalt

Die Geschichte spielt im Jahr 1008 nach Bosparans Fall beziehungsweise 15 nach Hal. Die Meisterdiebin Mora plant den Diebstahl einer wertvollen Schriftrolle direkt aus dem Fürstenpalast unter den Augen und der Anwesenheit des Kaisers Hal, der das Fürstentum Albernia und dessen Herrscher Cuanu besucht. Mit dem Diebstahl will Mora beweisen soll, dass sie die wahre Diebeskönigin von Havena ist. Doch etwas geht schief, und Gwidion, der eigentlich nur Wache halten sollte, muss plötzlich den Diebstahl übernehmen. Der Diebesgott Phex ist mit seinem Schüler, und so gelingt Gwidion wirklich das Unmögliche. Doch mit dem vermeintlich harmlosen Diebstahl wurden unbekannte Mächte aufgeschreckt, und eine Mentorin Giwdions wird vergiftet. Als Gwidion und seine Freunde die Schriftrolle, die sie an ihren Auftraggeber abgegeben hatten, erneut stehlen, um mehr herauszubekommen, handeln die Fremden brutal und rücksichtslos. So wird Gwidion plötzlich ein Mord in die Schuhe geschoben, und die Stadtwache lässt ihn suchen.

Währenddessen ermittelt die Magierin von Sperberling mit ihrem Diener Tugol in einer Serie von Morden, die sie von Ferdok nach Havena führen. Dabei zeigt sich, dass die Morde alle ähnliche Muster aufweisen, und so kommen sie dem Diebstahl einer alten Pergamentrolle auf die Spur, die einst in einer alten Gruft lag. Spätestens als sich zeigt, dass die Mörder auch über Magie verfügen und vor Folter nicht halt gemacht haben, ist den beiden bewusst, dass es bei der Schriftrolle um mehr gehen muss und sie es mit sehr gefährlichen Gegnern zu tun haben.

Und zuletzt ist auch die Hesindegeweihte Swanja auf den Spuren der Schriftrolle und Gwidions. Eher zufällig mit diesem in Kontakt gekommen, findet sie heraus, dass mehr hinter ihm steckt und auch einige andere Diebe Havenas in der Sache mit drin stecken. Gemeinsam mit ihrem zukünftigen Mann Xerwolf und dessen Vater Tormin heftet sie sich Gwidion an die Fersen, um herauszufinden, ob die Schriftrolle vielleicht in Hesindes Hort gehört. Doch dieser ist ihr immer einen Schritt voraus, und selbst Cuano, ein Dieb und ärgster Konkurrent Moras kann ihr nicht weiterhelfen.

Gwidion bleibt schließlich nur die Flucht, mit den verschiedenen Verfolgern im Rücken, die ihm mehr oder weniger Schlechtes wollen. Und nur mit Phexens Hilfe kann er immer wieder entkommen. Doch schließlich treffen Verfolger und der Verfolgte sowie eine ganz überraschende und unerwartete Person aufeinander, und nicht jeder kann dies überleben …

Bewertung

„Das Ferdoker Pergament“ ergänzt das PC-Rollenspiel „Drakensang - Am Fluss der Zeit“. Mit Ausnahme einiger handelnder Personen überschneidet sich der Roman ansonsten aber nicht mit der PC-Umsetzung. Dafür hat der Verlag im Zuge der Veröffentlichung statt der üblichen einfachen Taschenbücher eine großformatigere Version mit festerem Einband, farbigen Karten und das gleichnamige Dokument zum Roman innerhalb der Einbandlaschen sowie farbige Bilder der wichtigsten Protagonisten und Farbkarten mehrerer Handlungsorte in der Mitte des Buches spendiert. Dafür ist allerdings auch der Preis auf fast 20 Euro angehoben worden. Vermutlich erhofft man sich durch die bessere Ausstattung auch einige „Drakensang“-Spieler als Leser zu gewinnen.

Der Roman ist durchgehend sehr spannend geschrieben, wenn auch mit einem kleinen Hänger zur Mitte des Bandes, und bietet immer wieder kleine Verschnaufpausen für den Leser, ehe er zum nächsten Spannungshöhepunkt geführt und nicht selten überrascht wird. Hier merkt man dem Autoren die Schreiberfahrung an, auch wenn sie bisher weniger durch Bücher (mit Ausnahme von Kurzgeschichten in „DSA“-Bänden), sondern durch Rollenspielveröffentlichungen gezeigt wurde. Die „DSA“-Erfahrung kommt dem Autoren zudem bei der aventurischen Atmosphäre und Umsetzung sehr zugegen, die sehr stimmig und realistisch wirkt. Das Ende des Romans wirkt allerdings etwas abrupt und sehr offen und wird vermutlich erst durch die PC-Umsetzung richtig geschlossen werden können.

Die Figuren entstehen – auch ohne die Bilder in der Buchmitte – sofort plastisch vor den Augen und werden einem schnell sympathisch oder erwecken auch eine Abneigung bei den Antagonisten, auch wenn letztere etwas zu kurz in den Beschreibungen kommen und eher im Hintergrund wirken beziehungsweise anfangs als nicht bekannte Gefahr wirken. Mit ihrem späteren Auftauchen geben sie dem Leser dann endlich die Chancen, sie zu hassen und mit Gwidion mitzufiebern. Manche Figuren sind zwar etwas klischeehaft beschrieben, aber am Ende doch glaubhaft, sodass das Leservergnügen überhaupt nicht gestört wird. Vor allem die Hauptfigur Gwidion wächst einem schnell ans Herz, und der Diener Tugol mit all seinen Nachteilen wird zum heimlichen Hauptdarsteller und Sympathieträger.

Ärgerlich sind bei der ansonsten gelungenen Umsetzung mehrere handwerkliche Fehler, die zum Teil der Autor selbst verbockt hat und zum anderen Teil einem schlechten Lektorat geschuldet sind. Da werden Fehler bei Jahresangaben gemacht, als der ehemalige Kaiser Reto als zwölf Jahre tot benannt wird, obwohl bei 1008 nach Bosparans Fall und dem Verscheiden in 993 nach Bosparans Fall schon 15 Jahre vergangen sind, sowie ein Anschlag des Grafen Answins auf den Kaisersohn Brin auch als „frisches“ Ereignis erwähnt wird, obwohl dies laut „DSA“-Historie auch schon einige Jahre her ist. Jetzt mag man letzteres noch als Unwissenheit der aussprechenden Figur im Roman wohlwollend auslegen, doch die Aussage, dass Invher Bennain die Frau des Fürsten Cuanu wäre, wobei es sich aber um seine Tochter handelt, entstammt direkt der Beschreibung des Autors. Nun mag man einwerfen, dass der nichtkundige „DSA“-Leser dies vielleicht gar nicht bemerkt hätte, aber von einem so guten Kenner wie Florian Don-Schauen darf man hier etwas bessere Recherche erwarten, wo es doch dem Rezensenten jeweils sofort auffiel und komisch vorkam. Hinzu kommen ständige Verwechslungen einiger Namen von Protagonisten, die dem Autoren unterlaufen sind und spätestens im Lektorat hätten auffallen müssen, wenn statt Gwidion plötzlich Wilbur genannt wird oder Tugol auftaucht, wo er nicht sein sollte.

Fazit: Ein spannender Roman, der sehr gut in die Welt des „Schwarzen Auges“ eingebettet wurde und den Leser tief in die Welt eintauchen lässt. Einige dumme Fehler des Lektorats sowie ein gehobener Preis trüben zwar den Eindruck, aber trotzdem bleibt die Empfehlung für einen schönen Sommerroman!


Das Ferdoker Pergament
Rollenspiel-Roman
Florian Don-Schauen
Fantasy Productions 2010
ISBN: 3890641393
459 Seiten, broschiert, deutsch
Preis: EUR 19,90

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