DSA 138: Herr der Legionen

In den dunklen Zeiten verfolgt man das Schicksal dreier unterschiedlicher Frauen, die in und für Bosparan ihre Bestimmung verfolgen. Die Patrizierin Sahina muss das Risiko eines tiefen Falls auf sich nehmen, um die Gunst des Horas zu erringen. Die Sklavin Puella versucht, einzig ihr Leben zu wahren, während sie in der Hand eines skrupellosen Mannes gefährliche und seltsame Aufträge vollbringen muss. Die Legionärin Eiria weilt schließlich weit außerhalb Bosparans in den Barbarenlanden in der umkämpften Provinz Garetia und droht zwischen den Intrigen der Mächtigen aufgerieben zu werden. Doch die Wege der Drei kreuzen sich und mögen das Schicksal eines ganzen Volkes beeinflussen.

von Ansgar Imme

Der Auftakt des Zweiteilers in den „Dunklen Zeiten“ und um das Imperium Bosparan entstammt der Feder Judith C. Voigts, die bisher nur einen Roman namens „Der Schatten der Esse“ für die „DSA“-Romanserie geschrieben hat. Anscheinend ist dieser aber so gut angekommen, dass man ihr gleich einen Zweiteiler anbot, der zudem in dem von vielen Spielern beliebten Hintergrund zu den „Dunklen Zeiten“ viele Jahre vor der aktuellen Spiel- und Zeitrechnung angesiedelt ist. Die Autorin wurde 1981 geboren und hat mit Ausnahme obiger beider Veröffentlichungen noch keine Romane publiziert.

Zum Inhalt

Die Geschichte wird vorrangig aus der Sicht von drei ganz unterschiedlichen Frauen geschildert: der Patrizierin Sahina aus dem Hause der Veneter, der magisch begabten Sklavin Puella und der in der Provinz Garetia stationierten Legionärin Eiria. Zudem gibt es kurze Einschübe an verschiedenen Stellen, um das Verhalten anderer Personen zu beleuchten und zu erklären. Diese beschränken sich aber auf wenige Seiten und sind als „Interludium“ gekennzeichnet.

Die Patrizierin Sahina ist mittlerweile in die Jahre gekommen, doch ihr Haus steht in der Gunst der Horas, der Herrschers des bosparanischen Reiches, nicht sehr weit oben. So versucht sie, durch Intrigen einen hochrangigen Beamten dazu zu bringen, den Horas zu überzeugen, auf einer Festivität in ihrem Hause in der Hauptstadt Bosparan zu erscheinen, um dadurch den eigenen beziehungsweise den Ruhm und Ruf der Familie zu steigern. Doch eine Rivalin, die sich als Freundin ausgibt, scheint ihr dies nicht zu gönnen und stiftet Unfrieden. Als die Festivität schließlich stattfindet und dabei düstere Praktiken vorgeführt werden, offenbart Sahina ein Geheimnis, das ihre Tätigkeiten in einem neuen Licht erscheinen lässt.

Zur selben Zeit ist auch die Sklavin Puella in der Metropole eingetroffen und wird an einen seltsamen Mann verkauft, der sie für undurchschaubare Machenschaften und Pläne nutzt. Auch scheint er ihre magischen Kräfte zu erkennen und bedient sich dieser, um seine eigenen Kräfte aufzufrischen, mit denen er dunkle Rituale betreibt. Dazu verbündet er sich mit einer mysteriösen Tulamidin, die an sich selbst Experimente mit dämonischen Quallenwesen durchführt. Als Puella sich von ihm lösen will, muss sie dunkle Kräfte einer in Bosparan nur wenig bekannten Gottheit nutzen, um dem dämonischen Treiben zu entfliehen.

Die Legionärin Eiria kämpft derweilen fernab jeglicher Zivilisation in der barbarischen Provinz Garetia gegen Orks und andere gefährliche Widersacher. Die Legion hat schon längst nicht mehr die volle Mannstärke, und niemand weiß, ob man je nach Bosparan zurückkehren wird. Doch es mehren sich Zeichen, dass auch unter den Anführern Misstrauen herrscht und der Legat durch ein einen konspirativen Zirkel gestürzt werden soll. Eiria erlebt, wie die Priesterin Carbroda des Gottes Shinxir, unter dessen Namen die Legion kämpft, durch ein Ritual Kontakt nach Bosparan hält und wie eine andere Legionärin als Botin in die ferne Heimat geschickt wird. Als sich schließlich ein Legionsmagier gegen den Legaten erhebt, stellt sich heraus, dass dieser Bande zu einer Patrizierfamilie Bosparans hat und geheime Pläne hegt, die die gesamte Legion in den Abgrund reißen können.

Die Erlebnisse der drei Frauen kulminieren schließlich als Höhepunkt unter und auf den Gassen Bosparans, wo Sahina und Puella in einen Hinterhalt geraten und Eiria in unerwarteter Weise nach Bosparan zurückkehrt, was die Stadt in einen Bürgerkrieg stürzen kann.

Zum Erstlingswerk

Die Außengestaltung hat der Verlag nicht geändert. Das Titelbild passt zum Romantitel und zeigt einen Mann, einem römischen Feldherrn oder Herrscher (woran das „Bosparanische Reich“ angelehnt ist) ähnlich. Aber als hätte man die mahnenden Worte des Rezensenten gelesen, hat der Verlag hier einen guten Anhang spendiert, der neben einem „Dramatis Personae“ auch Götter- und Dämonennamen, Währung, Maße und Zeitangaben sowie ein Glossar „bosparanischer“ Begriffe sowie Örtlichkeiten liefert. So sollte es immer sein – ein ganz großes Lob!

Die 400 Seiten des Romans fallen kaum auf, sondern lesen sich sehr angenehm herunter. Dabei ist die Spannung anfangs gar nicht so groß und baut sich vor allem bei Puella und Sahina erst gegen Ende auf, dort dann aber richtig. Einzig bei der Legionärin Eiria ist von Anfang an Dramatik und Spannung vorhanden und lässt einen mitfiebern, was in der Legion an geheimen Plänen getrieben wird. In Bosparan hat man mehr den Eindruck eines Sittengemäldes des Alten Rom (zu den Anleihen und Vergleich siehe weiter unten) beziehungsweise der Stadt und des Imperiums Bosparan. Bei Sahina baut sich ganz langsam das Beziehungsgeflecht zu ihren beiden Söhnen, dem Mann und der Kontrahentin auf, ohne dass man den Zusammenhang zu einer besonderen Handlung erkennen kann.

Doch zu einem besonderen Wendepunkt und dann mit dem Aufeinandertreffen von Sahina und Puella ändert sich die Geschichte. Man erkennt endlich Hintergründe. Hatte man bis dahin gerne die Handlung um Eiria verfolgt und war bei diesen beiden eher interessiert dabeigeblieben, so führt dies nun zu einem „Gleichstand“, sodass ein Wechsel der Perspektiven zu einem anderen Charakter einen immer fiebern lässt, wie es weitergeht. Bei Puella wirkt der Beginn anfangs noch wie eine x-beliebige Schwarzmagier-Geschichte, doch es zeigt sich später, dass viel mehr dahinter steckt, was dem Ganzen auch eine vollkommen andere Dimension verleiht. Leider ist das Buch zu Ende, als die Stränge die besten Momente erreichen. Hier kann man nur hoffen, dass es im zweiten Band nicht wieder schlechter wird.

Die drei Hauptfiguren sind gut getroffen und charakterisiert, obwohl man speziell bei Sahina zunächst einen sehr oberflächlichen Eindruck hat. Doch gerade ihre Motive und ihr Handeln werden später viel klarer. Puella bleibt noch etwas unschuldig, könnte aber im zweiten Band noch einiges an Entwicklung erwarten lassen. Die Legionärin Eiria hingegen ist mit ihrer Art und Mischung aus Sicht des Rezensenten mit Abstand die beste Figur des Bandes, die einen lachen und mitfiebern, ärgern und zittern lässt. Die Nebenfiguren müssen natürlich etwas zurückstehen, sind alle aber auf ihre Weise schnell wiedererkennbar und interessant. Gerade die Pläne des Sohnes von Sahina in der Legion sind undurchschaubar und lassen viel Platz für die Fortsetzung der Geschichte.  

Wenn man denn etwas Kritik äußern möchte, dann ist es sicherlich die Ähnlichkeit zu Rom und dem Römischen Imperium beziehungsweise die Anleihen an die TV-Serie „Rome“. Während erstes noch bewusst von den Autoren des Rollenspiels so gewählt wurde, ist zweites eine Entscheidung der Autorin gewesen, wie sie selbst auch schreibt. Dies ist nicht mal an allen Stellen schlecht, sondern lässt den Leser auch gleich die passenden Bilder vor Augen haben (wenn man die Serie gesehen hat). Aber manchmal wäre weniger vielleicht mehr gewesen.

Fazit: Der Band startet zwar etwas verhalten und entwickelt die Handlungsfäden erst nach und nach in die passende Richtung. Aber ein spannender und abwechslungsreicher Roman bleibt es trotz alledem, der durch den Hintergrund eine ganz andere „aventurische“ Geschichte erzählt: aus einer Zeit, als viele Länder noch unbekannt und in der Hand von Barbaren waren und die Gefahren auch im Imperium aus anderen Richtungen drohten. Empfehlenswert!


Herr der Legionen (DSA-Roman Nr. 138)
Rollenspiel-Roman
Judith C. Voigt
Ulisses Spiele 2012
ISBN: 3868891978
416 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 10,00

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