DSA 136: Khunchomer Pfeffer 2: Tod auf dem Mhanadi

Zu Ehren der Geburt des Thronfolgers Khunchoms, Prinz Sheranbil, sind prunkvolle Feierlichkeiten geplant. Doch als der Gardist Deniz ibn Seyshaban eines Morgens eine Leiche findet, ahnt er nicht, dass dies nur der Auftakt einer Reihe von Toten am Ufer des altehrwürdigen Mhanadi ist. Und auch im Palast gehen seltsame Dinge vor sich, sodass Palastwesir Khorim ibn Tulachim ständig vor neuen Herausforderung steht und dabei versuchen muss, einerseits die Fürstenfamilie Kulibin und andererseits den mächtigen Gast Sultan Hasrabal von Gorien zufriedenzustellen.

von Ansgar Imme

 

Nach dem Erfolg des ersten Bandes war es nur eine Frage der Zeit, bis Ulisses als Verlag und Eevie Demirtel sowie Marco Findeisen als Autoren einen Nachfolger vorlegen würden. Schließlich hat es zwar drei Jahre gedauert, aber dafür ist der Band auch ein dicker Brocken geworden, der fast fünfzig Prozent länger als sein Vorgänger ist. Mittlerweile sind die beiden Autoren auch bekannter geworden und haben einige Beiträge für das Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ verfasst.

Neun Tage Feierlichkeiten und eine Menge Tote

Der Schelm Krufix und sein Freund Gerrik gönnen sich nach einem gelungenen Abend am Ufer des Mhanadi einige Stücke leckeres Khunchomer Pfeffergebäck, als Gerrik plötzlich vor Schmerzen schreit und sich Blasen auf seiner Haut bilden. Die Hilfe Krufix’, mit seinem Wasserschlauch die Wunden zu kühlen, kommt zu spät. Unter dem Wasserdampf verbrennt die Haut geradezu, und Gerrik stirbt.

Als der Gardist Deniz ibn Seyshaban nach einer durchzechten Nacht morgens vom beständigen Klopfen an seinem Hausboot geweckt wird, denkt er zunächst, dass jemand mal wieder seine Ruhe stören will. Doch er entdeckt, dass mitnichten ein unliebsamer Besucher dafür verantwortlich ist, sondern eine schrecklich verbrannte Leiche in den Fluten des Mhanadi gegen die Planken schlägt. Sein Freund und Kollege, der Novadi Kasim ben Gaftar möchte den Toten lieber im Wasser schwimmen lassen, lässt sich mit diesem doch kein Bakshish verdienen, doch Deniz verfolgt die Spur des Toten auch über die Befehle seines Vorgesetzten, des Agha Nadrash ibn Mharwan, hinweg, was sogar dazu führt, dass die Kutsche des Agha den Toten transportieren muss. Als Deniz einen zwielichtigen Heiler zu Rate zieht, der interessante Entdeckungen an der Leiche macht, und Kasim in der Khunchomer Magierakademie seltsame Vorfälle untersuchen muss, ahnen die beiden, dass es nicht die letzte Leiche gewesen ist und machen sich auf die Suche nach den Drahtziehern, nichtsahnend, dass gleich mehrere Parteien ihre Hände im Spiel haben ...

Im Palast des Fürsten muss sich der Großwesir Khorim ibn Tulachim unterdessen mit vielfältigen Problemen herumschlagen: Ein Prunkbau wird nicht rechtzeitig fertig und droht die Ruhe des mächtigen Sultans von Gorien zu stören, ein Koch ist krank geworden, ein Speichellecker des Prinzen stört seine Arbeit, und in einem Schlangennest von Gefälligkeiten, Wünschen und Befehlen zwischen der Fürstenfamilie, des hochrangigen Gastes Sultan Hasrabal und der undurchschaubaren neuen aranischen Botschafterin droht er zermalmt zu werden. Als schließlich einer der Arbeiter problemlos durch die Reihen der Wachen kommt und mühelos mittels großer Kampfkünste etliche Wachen ausschaltet und sogar einen bekannten Verteidiger der Ordnung der Stadt tötet, steht Khorims Leben selbst auf dem Spiel, denn in den Tulamidenlanden hat man bei Versagen schnell das Richtschwert an der Gurgel ... und der Gast Hasrabal von Gorien ist wahrlich ungehalten über die mangelnde Sicherheit im Palast.

Kasim schlägt sich während seiner Ermittlungen auch noch mit seiner Familie herum: Sein Schwiegervater ist in dunkle Geschäfte als Alchimist verstrickt, seine Frau misstraut ihm und will nicht, dass er durch die Ermittlungen das Leben der Familie zerstört. Als die Feierlichkeiten schlußendlich beginnen, muss er eine Entscheidung zwischen der Familie und dem Leben der Fürstenfamilie und vieler anderer Khunchomer Bürger treffen.

Vom ersten zum zweiten Streich

In der Außengestaltung und im Layout hat sich nichts geändert. Das Cover zeigt eine Szene aus dem Roman, die etwa zu Mitte der Handlung stattfindet. Zu loben ist das humorvolle und prägnante Personenverzeichnis und das umfangreiche Glossar, das selbst Aventurienkennern noch an einigen Stellen hilft. Wie beim Vorgänger wäre auch hier eine Karte Khunchoms noch besser gewesen, sodass man nachverfolgen könnte, wo die Handlung spielt oder sich bestimmte Orte befinden.

Die Fortsetzung von „Khunchomer Pfeffer“ schließt sich von den positiven wie auch den sehr wenigen negativen Punkten an seinen Vorgänger an. Die größte Kritik ist sicherlich der nicht immer durchgehende Spannungsbogen, wobei dies im Vergleich mit vielen anderen Romanen der „DSA“-Reihe durchaus Jammern auf hohem Niveau ist. An die fast 500 Seiten müssen natürlich auch mal Pausen lassen, sodass der Leser etwas zur Ruhe kommen kann. Doch einige Passagen hätten die Autoren vielleicht weglassen oder kürzen können (zum Beispiel die Szene mit Kasim und dem Dschinn, auch wenn sie sehr lustig war). Im Gegensatz zum Vorgänger hat man aber den Eindruck, dass es hier schneller zur Sache geht und die Handlung sich weniger langsam entwickelt, sondern im Gegensatz die Spannung nach und nach immer weiter steigert und speziell zum Ende von einem Höhepunkt zum nächsten jagt.

Die große Stärke ist einerseits wiederum die anschauliche und bildliche Beschreibung Khunchoms, bei der man auf dem Stadtplan des Rollenspiels den Straßen folgen kann, bei der Bilder im Kopf entstehen und die beschriebenen vielfältigen Gerüche einem nahezu in die Nase kriechen. Man fühlt sich ständig an eine der vielen Städte aus dem Orient erinnert. Die Detailtreue und Kenntnis der Autoren ist immer passend dosiert, nie überladend für den Leser, aber jederzeit ideal, um die richtigen Bilder vor den Augen zu haben, vor allem wenn man die Stadt und das Flair bereits aus dem Rollenspiel kennt. Die Beschreibungen der Autoren sind hervorragend und vor allem für den Leser elegant in die Handlung und Beschreibungen eingewoben.

Der zweite große Pluspunkt ist andererseits das Ensemble an Personen, vor allem natürlich den beiden Protagonisten Kasim und Deniz, die hier noch um die dritte wichtige Hauptperson Khorim ergänzt werden. War der erste Band vor allem häufiger mit heiteren Momenten, Dialogen und Wortgefechten gespickt, so gibt es hier auch düstere und traurige Momente, ohne dass die Figuren darunter leiden. Insbesondere Kasim, aber auch Khorim geben dadurch ein vielschichtigeres Bild ab. Deniz bleibt dagegen oft alten Verhaltensweisen verhaftet und kennzeichnet sich vor allem durch seine Grobschlächtigkeit, Unfreundlichkeit und den ausschweifenden Alkoholkonsum. Das ist zwar oftmals etwas klischeehaft, aber dafür auch fast immer sehr, sehr witzig. Wie schon im ersten Band sorgt natürlich die Gegensätzlichkeit der beiden Gardisten Kasim und Deniz im Ganzen für viele heitere Momente und Dialoge, während es bei Khorim eher um spannende, gefährliche Hintergründe geht, die sein Leben gefährden. Aus dem Teil hätte man vielleicht sogar einen eigenen Band machen können, und die Geschichte um die aranische Strippenzieherin und Botschafterin ist wohl absichtlich nicht zu Ende erzählt, sondern lässt Platz für eine Fortsetzung. Aber auch die vielen Nebenfiguren aus dem Khunchomer Palast rund um die Familie Kulibin sind gut getroffen, und selbst wenige Sätze genügen meist, um diese oder andere Personen im Gedächtnis zu behalten.

Fazit: Großartig! Viel besser kann eine aventurische Geschichten kaum sein. Als wäre man aus Khunchom nicht weggewesen, werden einem Bilder aus Tausendundeiner Nacht präsentiert, und man fühlt sich, als wäre man mitten in der Geschichte und würde die Straßen der Stadt selbst beschreiten. Eine tolle Geschichte aus den Tulamidenlanden, die oft heiter, manchmal traurig, aber vor allem aventurisch ist. Das Warten auf den dritten Teil dauert hoffentlich nicht erneut wieder drei Jahre!


Khunchomer Pfeffer 2: Tod auf dem Mhanadi (DSA-Roman Nr. 136)
Rollenspiel-Roman
Eevie Demirtel, Marco Findeisen
Ulisses Spiele 2011
ISBN: 3868891676
500 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 10,00

bei amazon.de bestellen