DSA 110: Die zwei Kaiser II: Der erste Kaiser

Die „Schöne Kaiserin“ Hela-Horas hat sich zur Göttin und Herrin über alle Menschen und Götter ausrufen lassen. Jeder Widerstand wird brutal zum Schweigen gebracht. Nur mit Mühe und stark geschunden können die Helden Gareths, der Krieger Raul und sein Freund Baduar, aus den Verliesen der Kaiserin fliehen. Als sich nach schrecklichen Ereignissen in Bosparan nach und nach die nördlichen Provinzen erheben, steht Raul im Mittelpunkt, da die Menschen sich an ihn wenden und von ihm Hilfe und Rat erwarten. Als er mit einem großen Heer gen Bosparan zieht, ahnt er jedoch nicht, dass die Kaiserin ein weit größeres Heer in Gang gesetzt hat und ein düsteres Ritual vorbereitet, um alle Aufständischen zu vernichten.

von Ansgar Imme

 

Fantasy Productions hat die Qualität der „DSA“-Romane in der letzten Zeit sehr gesteigert, was auch daran liegt, dass sie wieder stärker auf erfahrene Schreiber wie Daniel Jödemann zurückgreifen, die schon Beiträge für das Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ verfasst haben. Mit zwei Romanen und etlichen Beiträgen als Autor und Redakteur für das Rollenspiel ist auch ein umfangreiches Wissen vorhanden, um ein Werk um die Reichsgründung des „Neuen Reiches“ in Angriff zu nehmen und fortzuführen und einen quasi-historischen Roman in Aventurien zu schreiben.

Die Geburt des ersten Kaisers

Hela-Horas, genannt „Die schöne Kaiserin“, hat sich in Bosparan vor den Bürgern zur Göttin und Herrin aller Menschen und Götter ausrufen lassen. Raul al’Ahjan und Baduar von Eberstamm, die Helden Gareths, sind unterdessen in der Zitadelle der Kaiserin festgesetzt worden und werden gefoltert. Doch mit Hilfe von Prinzessin Vallusa gelangen sie in die Freiheit und können fliehen. Als sie eine Garether Gesandtschaft entdecken, wenden sich Raul und Baduar an diese und warnen sie, nicht die Stimme gegen die Kaiserin zu erheben, sondern auch die Stadt zu verlassen. Aber die Gesandten sehen keine Gefahr und begeben sich zur Audienz der Kaiserin. Raul, Baduar und Vallusa müssen hilflos miterleben, wie die Gesandten gefangengenommen werden und in einer öffentlichen Zeremonie auf Scheiterhaufen gestellt und verbrannt werden. Vollkommen entsetzt fliehen die drei aus der Stadt und schlagen sich nach Gareth durch.

Salim al’Thona, Anführer der Prätorianergarde und der persönlichen Leibgarde der Kaiserin, entdeckt unterdessen, dass seine Vertreterin Peri ihn hintergeht und mit den hohen Generälen der Kaiserin eine Intrige gegen ihn schmiedet. Zudem hat Peri die Garether Raul und Baduar heimlich gefangennehmen lassen, ohne ihn zu informieren, sodass er dies nur durch Zufall erfuhr. Salim reagiert schnell und erpresst Peri durch das Wissen um ihre Mutter und ihren Bruder und droht, diese qualvoll durch Helfershelfer umbringen zu lassen, sofern ihm etwas passiere. Und so zwingt er sie, als Spionin für Salim die Generäle auszuhorchen. Hela-Horas lässt unterdessen weitere Teile für ihr düsteres Ritual zusammentragen, unterstützt durch den tulamidischen Greis Rashid Omar, dessen Motive unergründlich sind.

Kurz nach Hela-Horas Erhebung zur Göttin gehen riesige Regenfälle nieder und Überschwemmungen überfluten das Land, zerstören Felder und fordern viele Todesopfer, was etliche Menschen als Zeichen der Götter gegen die Kaiserin sehen. Als in Gareth der Tod der Gesandten die Runde macht, sagt sich die Stadt vom Bosparanischen Reich los, und nach und nach folgen ihr die weiteren Nordprovinzen. Gareth stellt ein Heer zusammen, dem sich die anderen aufständischen Provinzen anschließen. Um die Freiheit von Bosparan zu erlangen und die Horas zu stürzen, zieht das Herr gen Bosparan. Auf den Wiesen des bis dahin kaum bekannten kleinen almadanischen Dorfes Brig-Lo kommt es zur Entscheidungsschlacht. Und es scheint alles für die Aufständischen zu laufen, ehe Hela-Horas das düstere Ritual ihres Ahnen Fran wiederholt und die Erzdämonen anruft. Auf einmal scheint alles verloren, nur noch die Götter könnten den Frauen und Männern um Raul helfen...

Kaiserlich...!

Die Außengestaltung und Covergestaltung des Romans sind auf dem hohen Niveau geblieben. Das Titelbild zeigt den ersten Kaiser des neuen Reiches „Raul (al’Ahjan) den Großen“ und im Hintergrund eine riesige Armee. Der Künstler Arndt Drechsler scheint vom Schauspieler Oded Fehr („Die Mumie“) mehr als inspiriert worden zu sein, denn die Ähnlichkeit ist frappierend. Eine historische Karte zur Zeit des Bosparanischen Reiches und ein sehr umfangreiches Glossar runden den Band ab.

Obwohl der interessierte Aventurien-Kenner den Ausgang der Geschichte kennt, ist der Roman von der ersten bis zur letzten Seite spannend, und man mag das Buch eigentlich nicht aus der Hand legen. Dies liegt daran, dass der Autor um die wenigen bekannten Eckpunkte eine hoch spannende, sehr abwechslungsreiche und oft überraschende Geschichte spinnt, die in sich aber vollkommen geschlossen und logisch wirkt. Die bestehenden „Fakten“ wurden mit den neuen Szenen so gut kombiniert und zusammengestellt, dass einem auch als versiertem Aventurien-Kenner nicht mehr auffällt, was genau neu hinzugekommen ist. Einer der von den bekannten Fakten bisher am meisten Gänsehaut erzeugenden Momenten, das Eingreifen der Göttern auf den Feldern von Brig-Lo, wird allerdings sehr kurz abgehandelt, sodass vielleicht einem nicht informierten Leser nicht einmal klar ist, dass es sich um das Eingreifen der Götter selbst gegen Hela-Horas handelt – eigentlich der einzige kleine Schwachpunkt des Romans.

Die Figuren und Protagonisten sind hingegen wie schon im ersten Band sehr gut getroffen und ihre Motive nachvollziehbar. Sogar die vom Rezensenten im ersten Band noch als eher entrückt empfundene Kaiserin Hela-Horas wird dem Leser näher gebracht, wobei ihr Wahnsinn und ihre Skrupellosigkeit gegenüber den Menschen einem genau das richtige Maß an Abscheu, Hass und vielleicht sogar Angst vor ihr empfinden lässt. Ebenso ist der Anführer der Prätorianer Salim Al-Thona deutlich nachvollziehbarer im Verhalten, wo man im ersten Band noch ob seiner Motivation etwas irritiert war. Er schwankt zwischen Loyalität zu seiner Kaiserin und Sorge um deren Pläne, die die Menschen und das Reich zerstören können. Dieser Spagat wird von Jödemann gut dargestellt und ist für den Leser viel besser nachzuvollziehen als noch im ersten Roman. Die beiden Helden Raul und Baduar sind hingegen genauso gut wie schon im ersten Teil getroffen und absolute Sympathieträger bei all ihren Stärken und vor allem Schwächen und Ängsten. Hinzu kommen die vielen kleinen sympathischen Nebenrollen von Garether Bürgern, Heerführern und Soldaten, sodass sich eine lebendige Geschichte mit vielen kleinen Schicksalen ergibt.

Fazit: Ein klasse Roman! Daniel Jödemann hat sich im Vergleich zum Vorgänger noch einmal deutlich gesteigert. Spannung, Nervenkitzel und Gänsehaut pur in einer aventurischen historischen Geschichte, deren Ausgang man zwar kennt, sich aber trotzdem die ganze Zeit fragt, was als nächstes kommt und womit man überrascht wird. Sehr gelungen!


Die zwei Kaiser II: Der erste Kaiser (DSA-Roman Nr. 110)
Rollenspiel-Roman
Daniel Jödemann
Fantasy Productions 2009
ISBN: 3890642470
352 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,00

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