DSA 108: Toras von Havena

Der junge Magier Toras von Havena weilt zwecks eines Zweitstudiums in Al’Anfa, der „Pestbeule des Südens“, und bildet neben seinen eigenen Forschungen junge Studiosi in der Kunst der Magiebeherrschung aus. Ursprünglich bei Oswyn Puschinske in Lowangen ausgebildet, hat sich der Magister Minor bereits einen respektablen Ruf erarbeitet, Neider bleiben nicht aus. Im Konflikt mit einem eitlen Standesgenossen bleibt er zwar Sieger, wird aber beraubt und gedemütigt. So bricht er nach Fasar auf, um Rache zu üben ...

von  Henning Mützlitz

 

Inhalt

An der Universität zu Al’Anfa genießt Toras die Vorzüge des Lebens eines angesehenen Dozenten und kann nebenbei seine Forschungen im Feld der Beherrschungsmagie sowie anderer Bereiche vorantreiben. Als jedoch eines Tages der arrogante Magier Zachaban mit ihm aneinander gerät, ist es mit dem friedlichen Leben in der meridianischen Metropole vorbei: Toras muss dem weit erfahreneren Fasarer Magister in einem Magierduell gegenübertreten. Angetrieben von seinem enormen Ehrgeiz und einer geschickten Vorgehensweise gelingt es dem jungen Toras tatsächlich, Zachaban zu besiegen und vor einem großen Publikum zu demütigen.

Doch die Vergeltung des Tulamiden lässt nicht lange auf sich warten. Heimlich lässt er Toras’ wertvollste Besitztümer stehlen und verlässt überstürzt die Stadt. Toras muss hilflos mit ansehen, wie sein Feind triumphierend gen Fasar segelt, schwört aber noch im Augenblick der Niederlage Rache. Die kann er aber nicht sofort vollziehen, ist er doch zunächst in Al’Anfa an die Universität gebunden. Erst fast eineinhalb Jahre später bricht er nach Fasar auf, gut vorbereitet, komfortabel ausgerüstet und von Rachedurst angetrieben.

In Fasar angekommen, knüpft er erste Kontakte in der noch fremden, so andersartigen Stadt. Er findet mit dem Schwertmeister Marwan einen Freund und Verbündeten, macht sich aber gleichzeitig auch einige Feinde in den Straßenschluchten. Nach und nach reift sein Plan, Zachaban zur Rechenschaft zu ziehen, und als er endlich Zugang zu den Stadtvierteln der Reichen und Mächtigen erlangt, bricht er auf, um den Feind zur finalen Konfrontation zu stellen ...

Schwarzmagier – und doch sympathisch!

Mit „Toras von Havena“ erzählt Christian Labesius eine recht einfach strukturierte Geschichte um einen Schwarzmagier, der es einem Konkurrenten heimzahlen will. Geradlinig, ohne große Schnörkel oder sich lange auf Nebenkriegsschauplätzen aufzuhalten, verfolgt der Autor dabei das Bestreben seines Protagonisten, Rache zu üben. Die Handlung ist insgesamt etwas vorhersehbar geraten und wirkt von ihrer Grundkonstruktion her nicht besonders innovativ.

Man könnte jetzt vermuten, dass der Roman viel zu simpel gestrickt sei, um Spannung zu erzeugen, doch dem ist mitnichten so. Mit Toras von Havena betritt ein überaus sympathisch und nachvollziehbar entwickelter Charakter die Bühne, der vor allem aufgrund seiner in manchen Kreisen als eher zweifelhaft angesehenen Profession interessant wird. Der Autor präsentiert dabei keinen dumpfen Schwarzmagier, der – nur von Hass getrieben – seinen Gegner vernichten will, sondern entwickelt aus Toras’ Biographie und seinem Verständnis von Ehre heraus eine glaubhafte Motivation, warum er so unbeirrt an seinem Streben festhält, den Feind auch nach längerer Zeit noch zur Rechenschaft zu ziehen.

Immer wieder wird der Leser in die Gedankengänge des Magiers einbezogen und identifiziert sich so mit fortschreitender Handlung mehr und mehr mit ihm. Mit Marwan wird zudem ein überaus sympathischer Gefährte an seine Seite gestellt, sodass vor allem die Passagen in Fasar überaus kurzweilig geraten sind. Kleine Nebenhandlungen lockern die Hauptlinie etwas auf, werden jedoch immer wieder in Beziehung zueinander gesetzt, sodass hierbei auch keine anderorten oft anzutreffende Ermüdung des Lesers auftritt.

Die Einbettung in den aventurischen Hintergrund ist ebenfalls durchaus als gelungen zu bezeichnen. Sowohl in Al’Anfa als auch in Fasar entsteht ein stimmungsvolles Bild der jeweiligen Stadt mit ihren ganz besonderen Reizen. Für meinen Geschmack hat sich der Autor dabei – und auch bei anderen Erläuterungen aventurischer Spezifika - allerdings stellenweise etwas zu eng an die offiziellen Beschreibungen der Regionalspielhilfen gehalten. Immer wieder einmal hat man in solchen Passagen das Gefühl, den einen oder anderen Satz so schon einmal woanders gelesen zu haben. Zudem mischen sich an manchen Stellen einige unaventurische Formulierungen mit ein, die man im Lektorat hätte beseitigen können (z. B. Teufelei).

Völlig unverständlich sind für mich allerdings die letzten 40 Seiten des Romans, denn die eigentliche Handlung endet bereits auf Seite 270. Warum man hier einen völlig irrelevanten Schlussteil ergänzen musste, kann ich mir nur durch die Vorgaben des Verlags erklären, auf mindestens 300 Seiten Umfang zu kommen. Warum man dabei allerdings seitens des Autors nicht eine etwas längere Nebenquest eingebaut hat, die der Handlung auch ein wenig die Geradlinigkeit hätte nehmen können, und stattdessen völlig unmotiviert einen fast als separate Kurzgeschichte anzusehenden Textblock anschließt, ist mir unverständlich.

Zur Ausstattung

Christian Labesius liefert mit „Toras von Havena“ (offenbar?) sein Erstlingswerk ab, deswegen ist es schade, dass keine Informationen über den Autor enthalten sind. Die Aventurienkarte erfüllt ausnahmsweise einmal ihren Zweck, lassen sich doch die Orte der Handlung (Al’Anfa und Fasar) somit leicht zueinander in Beziehung setzen. Das Titelbild von Arndt Drechsler ist meiner Meinung nach überaus gelungen und bietet eine glaubhafte Darstellung der Hauptfigur. Ein Glossar aventurischer Begriffe fehlt dagegen wieder einmal, was den Roman nicht unbedingt Einsteiger-freundlicher macht.

Fazit: „Toras von Havena“ ist ein „DSA“-Roman, der vor allem mit seiner außergewöhnlichen Hauptfigur zu überzeugen weiß: Ein Schwarzmagier, der sympathisch ist, ohne jedoch an Glaubwürdigkeit einzubüßen oder seine durchaus egoistische Weltanschauung zu verleugnen. Die Geschichte selbst ist geradlinig, interessant und mitunter humorvoll, zeichnet sich aber nicht über besonderen Tiefgang aus. Der überflüssige Schlussteil trübt das eigentlich positive Gesamtbild zudem leider ein wenig. Dennoch ist „Toras von Havena“ durchaus jedem zu empfehlen, der sich für aventurische Magier interessiert oder selber einen solchen im Spiel darstellen möchte.


Das Schwarze Auge – Toras von Havena (DSA-Roman Nr. 108)
Rollenspiel-Roman
Christian Labesius
Fantasy Productions 2009
ISBN: 978-3890641683
313 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,00

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