Nachdem Fantasy Productions (FanPro) zuletzt jeweils Neulinge mit ihren Werken veröffentlichte (und diese jeweils sehr gute Arbeit ablieferten), kommt nun mit Daniel Jödemann ein „Wiederholungstäter“ an die Reihe. Neben seinem Roman „In den Nebeln Havenas“ aus 2007 hat er sich vor allem mit Beiträgen für das Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ selbst einen Namen gemacht, bei dem er seit 2004 immer wieder an Publikationen als Autor beteiligt war und zudem noch weitere als verantwortlicher Redakteur betreute. Ganz nebenbei darf er auch noch sein künstlerisches Können in Form von Illustrationen und Plänen für „Das Schwarze Auge“ und „Cthulhu“ beweisen. Nun hat er sich mit der Geschichte um die Kaiserin Hela-Horas und ihren Gegner Raul, den späteren Kaiser, eine wirklich imposante Episode aus der Vergangenheit herausgreifen dürfen.

Von der letzten Kaiserin

Die Geschichte beginnt mit der Ankunft des Tulamiden Salim al’Thonas in der Kaiserstadt Bosparan. Nur mit dem Wunsch des Tötens vor der Tochter des eigentlichen Kaisers Murak-Horas ausharrend und auf diese Möglichkeit wartend, erlebt er mit, wie diese, Hela-Horas, die Nachricht vom Tod ihres Vaters mit der Beschwörung eines Feuerwesens und dem vielfachen Mord an unschuldigen Höflingen, Sklaven und Dienern rächt. Salim und das kleine Mädchen Vallusa können nur knapp dem Tod entrinnen.

Viele Jahre später trifft der tulamidische Abenteurer und Söldner Raul al’Ahjan irgendwo in den verschneiten Weiten der Mittellande auf den Legionär Baduar von Eberstamm, der sich aus der kaiserlichen Armee verabschiedet hat, um sein Glück in der aufstrebenden Stadt Gareth zu suchen. Durch ein kleines Scharmützel zu Kampfgefährten geworden, ziehen die beiden gemeinsam gen Gareth und schließen sich dort der örtlichen Garde an. Als eine große orkische Armee auf Gareth marschiert und keine Hilfe von außen und vor allem nicht von Bosparan zu erwarten ist, fasst Raul einen mutigen und fast aussichtslosen Plan.

Der ehemalige Sklave Salim hat sich hingegen der Leibgarde der „Schönen Kaiserin“ Hela angeschlossen. Als diese die alten und verschlossenen Laboratorien ihres Ahnen Fran-Horas unter der Magierakademie von Punin untersuchen lässt, kehrt Salim als einer der wenigen lebend zurück und beweist mit einer mutigen Tat der Kaiserin seinen Wert. Doch er wird mehr und mehr in die seltsamen Pläne und Umtriebe der geheimnisvollen Kaiserin hereingezogen und schließlich zur Bewachung einer kaiserlichen Vertretung in das aufstrebende Gareth geschickt. Doch sein eigentlicher Auftrag führt in tief in die Dämonenbrache, wo einst Fran-Horas sein dunkles Ritual durchführte, denn dort soll er ein düsteres Geheimnis klären und ein Artefakt bergen.

Raul hat es sich unterdessen in den Kopf gesetzt, die kaiserliche Prinzessin Vallusa kennenzulernen. Doch diese Entscheidung kann ihn dieses Mal den Kopf kosten, wenn der Gott Phex nicht erneut über seine Schritte wacht...

Einer Kaiserin würdig?

Die Außengestaltung und Covergestaltung des Romans sind wie üblich und auf einem guten Niveau gehalten. Das Titelbild zeigt die Kaiserin Hela-Horas und im Hintergrund eine Armee, wobei man fast geneigt ist zu glauben, dass der Hintergrund einfach aus einem „Der Herr der Ringe“-Filme kopiert wurde. Ein ausführliches Glossar sowie eine Karte zu Zeiten des Bosparanischen Reiches runden die gute Zusammenstellung ab. Optimal wäre noch eine Übersichtskarte Gareths und Umgebung sowie Bosparans gewesen, allerdings kann man soviel in einem Taschenbuch wohl nicht erwarten.

Als Leser war man neugierig, wie wohl die Geschichte um die Kaiserin Hela-Horas und den Heerführer und späteren Kaiser Raul erzählt werden würde. Der Rezensent hatte es zwar deutlich anders erwartet (die Aufteilung deutet zunächst auf einen Roman über Hela-Horas und einen über Raul hin, aber die Übergänge sind stattdessen fließend und schon im ersten Teil werden Motive und Taten beider erzählt), wurde aber trotzdem nicht enttäuscht. Denn der Autor Daniel Jödemann spinnt eine spannende, sehr abwechslungsreiche und farbenfrohe Geschichte. Einerseits natürlich durch die vorgegebenen „historischen“ Daten, aber auch durch interessante Hinzuwebungen zieht der Autor den Leser in seinen Bann. Vor allem die geheimen Pläne Hela-Horas, die der ehemalige Sklave Salim Al-Thona nach und nach ausführen muss, lassen einen rätseln und mitfiebern, aber auch die eher heiteren Momente um Raul, seinen Freund Baduar (mit dem die späteren Herzogenfamilie Eberstamm seine Einführung erhält) und das Mädchen Lutisana aus Kullbach (eine spätere Rondra-Heilige, die schön in die Geschichte eingewoben wird) tragen sehr zum Flair bei.

Auch die Protagonisten sind gut gewählt und getroffen. Vor allem der spätere Kaiser Raul, der als Abenteurer eher zufällig nach und nach in die Geschehnisse hineingezogen wird und dessen „Werdegang“ sich langsam und weitestgehend plausibel entwickelt, wird zum Sympathieträger, auch wenn vor allem die vielen genannten Heldentaten fast schon übertrieben sind. Die schon erwähnten Freunde Baduar und Lutisana (eher noch in einer Nebenrolle) sind ebenso gut getroffen und sympathisch und von Jödemann gut gewählt und mit dem aventurischen Hintergrund verbunden. Der Jagdhund der Kaiserin – Salim Al-Thona – ist zwar gut beschrieben und später in seiner Handlung und Gesinnung schlüssig, jedoch ist seine veränderte Motivation nicht nachvollziehbar. Die Wandlung vom Feind des Bosparanischen Reiches und der Kaiserin zum später obersten Beschützer und Befehlsausführer wird nicht überzeugend für den Leser dargelegt.

Die Kaiserin selbst wird dem Titel des Buches nicht gerecht, denn sie wird nahezu nur durch die Augen anderer und nur begrenzt beschrieben. Sie ist insofern schlüssig von der Darstellung, da sie für den Leser wie auch für ihr Volk fast verborgen lebt und kaum etwas von ihr bekannt ist. Bemerkenswert ist eine Stelle, die Jödemann eingebaut hat und die vermuten lässt, dass Hela-Horas Epileptikerin ist oder eine ähnliche Krankheit in sich trägt. Hier werden sicherlich einige fanatische Fans ihr Fressen gefunden haben. Diese Schwäche wird sicherlich im zweiten Band noch zum Tragen kommen und birgt einiges an Spannung.

Generell lässt sich noch sagen, dass natürlich einiges anders als in den klassischen „DSA“-Romanen ist, da dieser mehr als tausend Jahre vor der aktuellen Zeit spielt. Manche Namen von Städten klingen und sind noch anders als „heute“, die Gegenden natürlich bei Weitem noch nicht so dicht besiedelt, und speziell die Garde der Kaiserin – die Prätorianer – und ihr Verhalten erinnern stark an Beschreibungen und Filme des alten Roms (der Rezensent fühlte sich mehrfach an die Serie „Rome“ erinnert, auch wenn dort die Garde und Legionäre natürlich nicht in schwarz gewandet war). Dies liegt sicherlich auch an der anderen Bezeichnung. Dies ist nicht unbedingt ein Nachteil, weil es ja für einen deutlichen Unterschied zu heutigen Geschichten sorgt. Ein Leser, der nicht für diese historische Geschichte und diese Abwandlung zu haben ist, sollte den Roman allerdings meiden.

Fazit: FanPro hält das Niveau der Romane weiter hoch. Daniel Jödemann hat im Vergleich zu seinem Erstlingswerk einen gewaltigen Sprung gemacht und eine spannende Geschichte im „historischen Kontext“ (der Welt „Aventurien“) geschaffen, deren Fortsetzung man gespannt erwartet!