DSA 104: Khunchomer Pfeffer

Kasim ben Gaftar ist ein einfacher Stadtgardist in Khunchom, der sein Leben in Ruhe genießt und und für jedes Bakshish offen ist. Als in der Taverne seines Onkels eine Leiche gefunden wird und dessen Ruf auf dem Spiel steht, muss er den eigenwilligen und unter den anderen Gardisten als seltsam verschrieenen Deniz ben Seyshaban um Hilfe bitten. Die beiden stellen fest, dass mehr hinter dem einfachen Mord steckt und eine Gefahr droht, die ganz Khunchom vernichten könnte...

von Ansgar Imme

 

Fantasy Productions hat erneut zwei vollkommen unbekannte Schreiber rekrutiert, die Nachschub für die Romanreihe um „Das Schwarze Auge“ liefern. Eevie Demirtel schrieb bisher überhaupt nicht für das Rollenspiel, Marco Findeisen trat nur mit Artikel für das hauseigene Magazin „Der aventurische Bote“ in Erscheinung und nahm am Abenteuerwettbewerb „Der goldene Becher“ zur Convention „Hannover spielt!“ teil. Die beiden Autoren sind zudem mit 27 beziehungsweise 25 Jahren auch noch erstaunlich jung und stießen beide etwa Mitte der 1990er Jahre zum Rollenspiel. Während mit den letzten Romanen oft das Horasreich bedacht wurde, kommt hier endlich einmal wieder das Land von Tausendundeiner Nacht an die Reihe.

Eine gut gewürzte Geschichte

Als im durch das Jahr des Feuers teilweise zerstörten und vollkommen rechtlosen Gareth eine Streunerin eine seltsame Kette findet und sich dadurch in Lebensgefahr bringt, nehmen die Ereignisse ihren Lauf...

Kasim ben Gaftar lebt Jahre später ein beschauliches und ruhiges Leben als Stadtgardist von Khunchom, in dem seine größte Herausforderung darin besteht, genügend Bakshish zu erhalten und sich nicht mit seinem Vorgesetzten Nadrash ibn Marwan, dem Agha der Stadtgarde, anzulegen. Als in der Taverne seines Onkels eine Leiche gefunden wird, ist es um die Ruhe in seinem Leben geschehen. Um den Ruf seines Onkels zu wahren und dessen Geschäfte vor dem Ruin zu retten, ist er gezwungen, zu klären, wie es zu dem Tode des Nordländers kommen konnte. Ihm bleibt nichts übrig, als den in der Garde verrufenen Trunkenbold Deniz ben Seyshaban um Hilfe zu bitten, da einzig dieser sich mit solchen Verbrechen auskennt, auch wenn seine Methoden fragwürdig und ungewöhnlich sind und sein Ruf mindestens als eigenwillig beschrieben wird. Deniz ermittelt, dass mitnichten Speisen oder Getränke des Onkels für den Tode verantwortlich sind, sondern dass der Nordländer ermordet wurde, und das ungleiche Paar stellt schnell fest, dass dieser Mord mehr zu bedeuten hat...

Zeitgleich will der Almadaner Federigo in der Neunflüssigen, wie Khunchom auch genannt wird, endlich zur Ruhe und vor allem schnell zu Gold kommen und am liebsten ins sagenumwobene Al'Anfa reisen. Doch als sich rausstellt, dass er den Toten kannte und man ihn in dessen Gemächern erwischt, wird er plötzlich zum Hauptverdächtigen im Mordfall. Nicht nur, dass die Garde ihn jagt, auch der Mörder hat sich an seine Fersen geheftet, und Federigo weiß nicht mehr, wem er in der Stadt trauen kann. Als er schließlich in die Hände von Kasim und Deniz fällt, scheint es in der Wache um sein Leben geschehen. Doch ihm gelingt die Flucht, und nicht nur die beiden Gardisten heften sich an seine Fersen. Während er versucht, seine Unschuld zu beweisen, verstrickt er sich immer tiefer in Belange der Mächtigen.

Und auch Kasim und Deniz müssen erkennen, dass nicht immer die Wahrheit und Aufklärung eines Verbrechens im Vordergrund steht, sondern sie sich manchmal den Wünschen anderer fügen müssen. Als jedoch plötzlich ganz Khunchom bedroht zu werden scheint, bedarf es entschlossenen Handelns und der Hilfe eines bekannten Einwohners der Stadt. Doch wird dieser helfen können?

Zum Erstlingswerk

Die Außengestaltung und Covergestaltung des Romans halten die Qualität der Vorgänger, auch wenn das Titelbild zu allgemein ist und nur eine Szene auf den Khunchomer Märkten widerspiegelt. Dazu ist ein ausführliches Glossar vorhanden, was Lesern, die nur teilweise aventurienkundig sind, sicherlich sehr weiterhilft. Optimal wäre zudem noch eine Karte Khunchoms gewesen, sodass man nachverfolgen kann, wo die Handlung spielt, doch diese fehlt leider.

Der Prolog schafft einen spannenden Einstieg in den Roman, auch wenn man sich zunächst verwundert fragt, warum die Handlung in der Kaiserstadt Gareth beginnt, wo doch die Handlungsangabe auf dem Roman etwas ganz anderes verspricht. Doch danach kommt es zum Szenenwechsel, und man ist endlich angekommen, wo man hinwollte. Im Laufe der Handlung versteht man schließlich auch, was es mit dem Beginn in Gareth auf sich hatte. Doch der anscheinend versprochene Krimi beginnt ganz gemächlich. Und auch im Folgenden gibt es immer wieder Zeitpunkte, wo der Leser sich ein wenig mehr spannende Momente, Zeitmangel und gehetzte Handlung gewünscht hätte. Doch das war es dann auch mit der Kritik.

Denn der Roman glänzt ansonsten – und das ist sehr beachtlich für ein Erstlingswerk – durch anschauliche und sehr bildliche Beschreibungen Khunchoms, der Stadt aus Tausendundeiner Nacht. Man fühlt sich als Leser immer wieder direkt in die Handlung versetzt und mag dem Treiben der Gardisten als auch der normalen Bewohner geradezu beizuwohnen. Das Lokalkolorit wird hervorragend wiedergegeben, die Details sind im allgemeinen sehr hoch, aber genauso so dosiert, dass man nicht überladen wird. Die Kenntnisse und Beschreibungen der Autoren sind hervorragend und vor allem für den Leser elegant in die Handlung und Beschreibungen eingewoben.

Die ganz große Stärke spielen die Autoren aber bei ihren beiden Hauptprotagonisten, deren Zusammenspiel und vielen kleinen humorvollen Begegnungen und Gesprächen aus; die sprachliche Qualität ist sehr hervorzuheben. Gerade die Gegensätzlichkeit der beiden Gardisten Kasim und Deniz sorgt im Ganzen für viele heitere Momente und Dialoge, aber auch für gewisse Spannungen, da es zunächst zwischen den beiden schwelt und immer wieder zu Konflikten über die Vorgehensweise kommt. Speziell die bildliche Sprache Kasims, aber auch die trockenen Kommentare und der Wortwitz Deniz sind exzellent getroffen und lassen den Leser immer wieder schmunzeln und lachen. Dies geschieht immer wieder mit so viel Abwechslung und neuen Überraschungen, dass man auch nicht müde davon wird und zu viel davon bekommt.

Ein ganz klein wenig leiden darunter die anderen Personen, vor allem die Hauptperson der zweiten Reihe Federigo. Dieser hat zwar eine grandiose Szene beim Beten im Phextempel, kann aber ansonsten nicht mit den exzellenten Passagen und Dialogen der beiden Gardisten mithalten, da ihm nun auch mal der Gegenpart fehlt. Dafür kommt es durch ihn am ehesten immer wieder zu den spannenden und gehetzten Passagen des Romans. Leider ist er auch ein wenig der Pechvogel, den man irgendwann bedauert, weil er wirklich nie Glück hat oder von einer Panne in die nächste schlittert.

Auch wenn der Spannungsbogen mitunter durch die farbenfrohen Dialoge und Beschreibungen leidet, haben die beiden Autoren ein beachtliches Werk geschaffen, das vor allem durch die Lebendigkeit der Szenerie glänzt und einen sehr guten Eindruck hinterlässt.

Fazit: Wie schon „Das Zepter des Horas“ weiß auch dieses Erstlingswerk in der Qualität zu überzeugen und bietet einen hohen Lesegenuss. Selten wurden Dialoge so gekonnt inszeniert und das Flair so hervorragend herübergebracht wie hier! Zudem ist die Einbettung in das „Schwarze Auge“-Universum sehr gut gelungen, sodass sich dieser Roman auch recht gut für Einsteiger beziehungsweise Nichtkenner des „Schwarzen Auges“ und „Aventurien“ geeignet. Eine Fortsetzung wäre toll...


Khunchomer Pfeffer (DSA-Roman Nr. 104)
Rollenspiel-Roman
Eevie Demirtel, Marco Findeisen
Fantasy Productions 2009
ISBN: 3890642373
336 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,00

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