DSA 100: Über den Dächern Gareths

Und wieder ein Erstlingswerk: Stefan Schweikert hat zwar schon Kurzgeschichten für „Das Schwarze Auge“ geschrieben und veröffentlicht, nun aber folgt sein erster Roman. Und mit der Nummer 100 wird seinem Debüt auch noch eine ganz anderer Rahmen zuteil, als er es vermutlich eigentlich erwartet hätte.

von Ansgar Imme

 

Nach zuletzt zwei Redakteuren des Rollenspiels hat Fantasy Productions für diesen Roman einen ganz „normalen“ Autoren verpflichtet, der sich aber trotzdem durch Kurzgeschichten seine ersten Sporen in der Welt des „Schwarzen Auges“ verdienen konnte. Und auch dieses Mal spielt sich die Geschichte fast ausschließlich in einer Stadt ab, Gareth, der größten Stadt auf dem aventurischen Kontinent.

Zum Inhalt

Die Diebin Liasanya schlägt sich in der Gosse Gareths durchs Leben und verdient ihren Lebensunterhalt mit kleineren Diebstählen. Dabei kann sie sich und ihre Freunde Brin und Fiana kaum dadurch ernähren. Ihre nur rudimentär vorhandenen magischen Kräfte, die ihr ab und an den einen oder anderen Raub erleichtern, sorgen gleichzeitig dafür, dass sie auch immer mal wieder in Gefahr gerät.

Eines Tages naht die Rettung in Gestalt des jungen Kaufmannssohns Yann, welcher Liasanya dazu bringt, für dessen Vater Halbart einen gefährlichen Auftrag zu übernehmen. Doch der dreiste Raub gelingt. Und auch die Liebe zieht in Liasanyas Leben ein und führt zugleich für ihre beide Freunde zu einem besseren Leben, ehe die Harmonie durch einen tödlichen Zwischenfall gestört wird, der die Diebin zwingt zu fliehen, sich zu verstecken und niemandem mehr zu trauen.

Denn auch ihre magische Kraft wird bekannt, was sie nur noch verdächtiger macht. Mehrere Parteien sind ihr auf den Fersen – die Stadtgarde, die Bande der „Tobrier“ und sogar die Inquisition. Nur ihrer einst ersten Liebe, dem Magier Setharan, scheint sie noch trauen zu können. Und so machen sich die beiden gemeinsam auf die Spur, um das Rätsel zu lösen und Liasanya von den gegen sie erhobenen Vorwürfen reinzuwaschen.

Der Roman lebt im Wesentlichen von der Spannung und den Wendungen der Geschichte, weswegen auf eine genauere Inhaltsangabe verzichtet wird, um dem Leser nicht vorweg – wie auf dem Buchrücken teilweise geschehen – die gesamte Spannung zu nehmen.

Zum Autor und seinem Erstling

Stefan Schweikert ist kein vollkommen Unbekannter in der Welt des „Schwarzen Auges“. Auch wenn er, im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern nicht im redaktionsnahen Umfeld arbeitet, so hat er doch zumindest schon Kurzgeschichten in zwei Romananthologien des „Schwarzen Auges“ veröffentlichen können.

Der Roman lebt – wie schon geschrieben – von der Spannung und dem Miträtseln der Ereignisse. Mit Ausnahme eines kurzen Teils nach etwa einem Drittel der Geschichte verbleibt dem Leser nahezu keine Pause zum Verschnaufen, sondern Spannung und Tempo nehmen einen mit auf die Reise. Der Schreibstil ist dabei angenehm, die Sätze scheinen wohlüberlegt, es liest sich einfach gut „weg“. Einzig der– ich nenne es mal – Nachepilog (weil vorher schon der Epilog vorhanden ist) wirkt stilistisch unpassend, als ob der Autor unbedingt noch etwas Besonderes schreiben wollte. In die Geschichte und den Roman passt es aber keineswegs.

Bei den Charakteren ist die Hauptperson Liasanya gut getroffen, die Motive sind nachvollziehbar, ebenso wie ihre Handlungen. Manchmal mag man zwar als Leser verzweifeln ob ihrer Taten oder ihres impulsiven Naturells, aber letztlich bleibt es zu ihrer Figur passend. Der Magier Setharan wächst einem fast mehr ans Herz und ist von seinen Motiven her vollkommen überzeugend.

Dagegen hapert es ein wenig bei den Nebenfiguren. Vor allem der Kaufmannssohn Yann wechselt so oft und unpassend sein Verhalten, dass es nicht nachvollziehbar wirkt. Hier hat man den Eindruck, dass dieser extra für die Geschichte manch seltsame Kehrtwendung machen muss. Auch der Inquisitor Praiodan ist nur ein blasses Abziehbild eines fanatischen Priesters. Hier wurde die Chance vertan, eben durch Variation bei den Personen noch mehr Überraschung zu schaffen. Die „Lösung“, wer hinter all dem steckt, ist aus meiner Sicht für den Leser recht schnell erkennbar, kaum dass der Mord geschehen ist. Leider verfolgt der Autor einige Spuren, die er gelegt hat, nicht intensiv genug, um von dem Täter abzulenken und den Leser zu irritieren.

Bei all dem Spannungskitzel bleibt die Stadt Gareth als wichtige „Hauptfigur“ etwas auf der Strecke. Der Autor bemüht sich, hier immer wieder Lokalkolorit einfließen zu lassen, es gelingt aber nur mit Abstrichen.

Fazit: Auch wenn die obige Beurteilung an manchen Stellen hart klingt, ist „Über den Dächern Gareths“ doch ein guter Roman, der vor allem auch „DSA“-fremden Lesern in die Hand gedrückt werden darf, da das benötigte Hintergrundwissen gering ist. Der Roman lebt von der Spannung, und hier zeigt der Autor seine Stärke. Ein paar Verbesserungen wären möglich gewesen, aber die Kritikpunkte tun dem Lesevergnügen keinen Abbruch. 9 Euro kann man hierfür beruhigt investieren!

Mit freundlicher Unterstützung von Fantasy Productions GmbH, www.fanpro.com und www.f-shop.de.


Über den Dächern Gareths (DSA-Roman Nr. 100)
Rollenspiel-Roman
Stefan Schweikert
Fantasy Productions 2008
ISBN: 3890642268
286 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,00

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