Doom 2: Hell on Earth

PC-Gamer älteren Semesters kennen diesen Titel: „Hell on Earth“ war der zweite Teil des infernalischen id Software-Egoshooters „Doom“ gewesen, in dem sich ein einsamer Marine durch Heerscharen von Monstern geballert hatte. Diesmal hieß es, den Ausgeburten der Hölle auf der guten alten Erde Feuer unterm Hintern zu machen, die Waffe der Wahl war sicher die neue doppelläufige Schrotflinte. Beides findet sich auch im zweiten „Doom“-Roman von Dafydd ab Hugh und Brad Linaweaver.

von Frank Stein

Teil 2 der aus bislang vier Bänden bestehenden „Doom“-Romanreihe von Dino schließt unmittelbar an den ersten Teil „Knee-Deep in the Dead“ an. Die beiden Marines Corporal Flynn „Fly“ Taggard und Private Arlene Saunders, ersterer unser intimer Führer durch Roman Numero Uno (na ja, die Ich-Persektive ist im Falle der Roman-Adaption eines PC-Egoshooters wohl Ehrensache), hocken auf dem Mond Deimos fest, der durch Alientechnologie in die Erdumlaufbahn gebracht wurde und als Basis für eine Invasion dämonischer Kräfte diente. In den Tagen zuvor (siehe Band 1) hatten sie sich durch die Gänge des Marsmondes Phobos und eine höllische Zwischendimension gekämpft, die letzten Verteidiger der Menschheit gegenüber dem Feind aus den Tiefen des Alls, nur um auf Deimos über der Erde zu enden.

In einer wahnwitzigen Aktion basteln sich die beiden Gestrandeten, denen da oben so langsam die Luft zum Atmen ausgeht, eine Rakete und schießen sich zur Erde. (MacGyver auf Speed könnte den Plan nicht besser ersinnen.) Sie „landen“ in der Salzwüste von Utah und finden zur Mormonenstadt Salt Lake City, die sich als letztes Bollwerk gegen eine Alieninvasion stehen sieht, der sich die Menschheit fast zu willig ergeben hat. Nachdem Fly es verbockt hat, rückt das Monsterheer gegen die Stadt vor. Um die Anhänger der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zu retten, müssen die beiden Marines zusammen mit dem Mormonen Albert und der jugendlichen Hackerin Jill nach Los Angeles, mitten ins Feindesland hinein, um von dort aus Kontakt mit dem geheimen Zentrum für Militär-Technologie aufzunehmen, dem Kern des menschlichen Widerstandes. Also Automatik durchgeladen und ab geht die Post.

Der zweite Band der „Doom“-Reihe ist sowohl besser als auch schlechter als sein Vorgänger – und dies ironischerweise aus genau den selben Gründen. „Doom 1: Knee-Deep in the Dead“ war ein stilistisches Experiment gewesen, der Versuch, einen PC-Egoshooter aus der Ich-Perspektive des männlichen Helden heraus nachzuerzählen. Zwar war die erzählerische Bewegungsfreiheit der Autoren durch die Vorgabe des futuristischen Dungeon-Crawls des Ballerspiels stark eingeschränkt gewesen, doch aus dieser Not hatten sie eine bemerkenswerte Tugend werden lassen und waren mit viel Sarkasmus in den inneren Monologen den Zombies, Imps und Höllenprinzen zu Leibe gerückt. Das mochte im Mittelteil seine Längen gehabt haben, aber alles in allem war es als Umsetzung eines per se praktisch jeder Handlung entbehrenden Computerspiels doch faszinierend zu lesen gewesen.

„Doom 2: Hell on Earth“ ist anders. Trotz der dem Computerspiel gleichen erdgebundenheit (und der doppelläufigen Schrotflinte!), „basiert“ der Roman eigentlich nur noch auf dem berühmt-berüchtigten PC-Shooters. Das heißt, er nimmt seine Prämisse einer höllischen Invasion aus dem Weltraum und bastelt daraus eine solide Heldenreise durch feindliches Gebiet. Man kennt derlei vom Prinzip her aus Filmen wie „Matrix“ (die Teile, die in der Realität spielen) oder „Terminator“ (der zukünftigen Welt) oder der TV-Serie „V – Die außerirdischen Besucher“. Eine kleine Gruppe Helden findet ihren Weg zu den letzten Resten des verzweifelten menschlichen Widerstands und macht sich in deren Auftrag auf in die Höhle des Löwen, um den Invasoren einen entscheidenden Schlag zu versetzen.

Auf der Habenseite zu verbuchen: Die Story gewinnt durch die Loslösung vom 30-Level-Design deutlich an konventioneller Handlung. Die Marines bauen eine Rakete, sie treffen auf die Mormonen, sie bilden ein Team mit Klein-Jill und Hüne Albert (der fürderhin ganz unzüchtige Gefühle für Arlene entwickelt) und reisen dann durch die schöne neue Welt der Höllenbrut. Um auch den anderen Figuren neben Fly Tribut zu zollen, wird diesmal die Ego-Perspektive gewechselt. Oft ist zwar nach wie vor der Marine der Erzähler, zwischendurch gibt es aber auch Einblicke in die weibliche Psyche von Arlene, den religiösen Geist von Albert oder das jugendliche Gemüt von Jill. Eine nette Abwechslung, wenn auch die stilistischen Unterschiede nicht so dramatisch ausfallen, wie man vielleicht denken würde.

Aber: Dadurch, dass sich das Buch nicht mehr mit dem Etikett „Experiment“ schmücken kann, gerät es in direkten Vergleich mit anderen Science-Fiction-Horror-Abenteuern. Und, na ja, sah man es dem ersten Teil dank des Etiketts noch nach, wenn die Logik und/oder Plausibilität auf der Strecke blieben, hat man im zweiten Teil doch arg dran zu kauen, dass beispielsweise zwei Marines imstande sind, sich mit einer Rakete Marke Eigenbau zur Erde schießen – und zu überleben. (Ich weiß, dagegen habe ich schon oben eine Spitze gebracht, aber ich fand die Idee einfach zu absurd beim Lesen.)

Fazit: „Doom 2: Hell on Earth“ ist die konventionellere Fortsetzung von „Doom 1: Knee-Deep in the Dead“. Klar, die bekannten Elemente des Vorgängers (Monster, Metzeln und dumme Sprüche) finden sich auch hier, sind jedoch zugunsten einer tatsächlichen Handlung deutlich zurückgeschraubt. Das ist natürlich erfreulich (irgendwie hätte ich mir auch nicht auszumalen vermögen, wie man aus dem puren Dungeoncrawl vier Romane macht) und man muss den Autoren zudem zugestehen, dass ihre Schreibe von angenehm schrägem Humor gekennzeichnet ist, allerdings reiht sich „Doom 2“ damit gewissermaßen einfach in die große Riege der Roman-Adaptionen zu gewissen Franchises ein. Das stilistische Experiment ist dahin. Für Menschen, die der Ansicht sind, Ballerspiele bräuchten mehr Inhalt als Blut und Blei, trotzdem eine kurzweilige Lektüre.


Doom 2: Hell on Earth
Science-Fiction-Roman
Dafydd ab Hugh, Brad Linaweaver
Panini/Dino 2005
ISBN: 3-8332-1208-X
298 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,95

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