von Sabine Dingeldein
Es sieht schlecht aus für die freien Menschen. Mit dampfbetriebenen Schiffen und bis an die Zähne mit neuester zwergischer Waffentechnologie bewaffnet, beginnt die Invasion der Zwerge in den Zerrissenen Reichen. Innerhalb weniger Stunden zwingen diese die gut befestigte Hafenstadt Bruckstadt in die Knie, dann ziehen die Truppen weiter.
Bereits am Ende des ersten Romans „Die Zwerge von Amboss“ hatte sich angedeutet, dass die Helden der Geschichte so schnell sicher nicht mehr aufeinander treffen werden: Nach dem Tod Bugegs und der gelungenen Flucht von Arisascha von Wolfenfurt und Garep Schmied, war Karu Schneider allein in dem kleinen Lagerhaus in Zwerg zurückgeblieben. Himek der Leiböffner und Siris von Wolfenfurt hingegen begannen gerade ihre Flucht aus der Heilanstalt in Stahlstadt.
Im zweiten Teil von Plischkes Fantasy-Serie gehen die Helden zumindest teilweise getrennte Wege, was der Geschichte drei Handlungsstränge beschert:
Um der Verfolgung durch die Bundessicherheit zu entgehen, haben sich Siris und Himek bei der zwergischen Armee gemeldet und befinden sich nun wieder in den Zerrissenen Reichen. Als die Führer der zwergischen Armee beschließen, einen Teil ihrer Truppen nach Goldberg zu schicken, bietet sich Siris als ortskundiger Führer an und versucht, das Vertrauen der zwergischen Kommandanten zu gewinnen. Während sein Freund versucht, die Ordenskrieger von Goldberg so gut als möglich im Kampf gegen die Zwerge zu unterstützen, leidet Himek jedoch immer stärker unter Halluzinationen und muss fürchten, den Verstand zu verlieren. Als es schließlich zum Sturm auf Goldberg kommt, bringen die Zwerge ihre neueste und gefährlichste Waffe zum Einsatz.
Karu Schneider hingegen floh nach den Geschehnissen in Zwerg aufs Land zu ihrem Onkel. Dieser äußert aber Befürchtungen, dass der Oberste Vorarbeiter historische Dokumente gefälscht haben könnte, um den Krieg in den Zerrissenen Reichen zu begünstigen. Karu reist nach Hammer, um dort auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei gerät sie nicht nur erneut ins Netz der Bundessicherheit, sie macht sich auch gefährliche Freunde.
Siris Schwester Arisascha und Garep Schmied hingegen erleiden während ihrer Überfahrt in die Zerrissenen Reiche Schiffbruch. Nachdem sie sich zunächst alleine auf der Insel wähnen, treffen sie nach geraumer Zeit auf einen verrückten Wissenschaftler, der glaubt, die Götter hätten auf der Insel eine Art Vorposten, ein „Paradies“ hinterlassen. Problematisch ist nur, dass die paradiesischen Quartiere von einer mordenden und metzelnden Maschine bewacht werden.
Konnte man „Die Zwerge von Amboss“ noch wie einen Fantasy-Krimi lesen, so muss man sich für „Die Ordenskrieger von Goldberg“ auf etwas völlig anderes einstellen: Plischkes Helden sind auf der Flucht und jeder in sein eigenes Schicksal verwickelt.
Während Siris und Himek den Krieg in den Zerrissenen Reichen hautnah miterleben müssen, versucht Karu hinter die Machenschaften der zwergischen Regierung zu kommen und Arisascha und Garep sitzen auf einer schönen, aber vor allem auch sehr gefährlichen Insel fest. Es scheint, als gäbe es keine reelle Chance für die Charaktere, jemals wieder aufeinanderzutreffen, und trotzdem verspricht Plischke genau dies für den dritten Teil seiner Romanreihe „Die Zerrissenen Reiche“ (wie dieser heißen wird und wann er erscheinen soll, ist noch nicht bekannt).
Der Schwerpunkt der Handlung liegt diesmal in der Welt der Menschen. Die weiteren Geschehnisse im Zwergenbund treten in diesem Teil der Roman-Reihe in den Hintergrund. Dafür erfährt der Leser jetzt einiges über die Zerrissenen Reiche und die Menschen, die darin wohnen. Eine grundlegende Bedeutung kommt dabei natürlich auch dem Glauben der Menschen zu, welcher aber in seiner Beschreibung weiterhin in vielen Teilen verschwommen bleibt.
Bei so vielen Handlungssträngen ist es schwer, nicht den Überblick zu verlieren und bei der Stange zu bleiben, vor allem weil direkt an die Geschehnisse aus dem ersten Roman angeknüpft wird. Mehr als einmal musste ich mich fragen, was genau im Voraus passiert war, denn leider hat Plischke an Rückblenden, die an manchen Stellen sicher hilfreich gewesen wären, gespart.
So dauert es einige Zeit, bis man sich als Leser wieder ganz in der Handlung zu Recht findet und der Spannungsbogen zieht sich stellenweise ins kaum erträgliche. Mehr als einmal war ich versucht, das Buch beiseite zu legen, aber mit jedem neuen Kapitel gewinnt der Roman dann an Fahrt und beginnt, den Leser wieder in seinen Bann zu ziehen.
Für Spannung sorgen auch immer wieder neue Charaktere, die mal nur ein kurzes Gastspiel im Reigen bekommen, dann wieder entscheidend zum Verlauf der Geschichte beitragen. Dabei fällt es nicht immer leicht zu entscheiden, wer nun auf der Seite der Guten und wer auf der Seite der Bösen steht, was der Handlung nur zusätzliche Würze verleiht. Auch wenn diese breite Personenpalette die Handlung des Romans ungemein aufwertet, hätte ich mich zu Beginn oder am Ende des Buches eine kurze Auflistung der wichtigsten Personen mit Name und zumindest Rang oder Beruf gewünscht, denn die Übersichtlichkeit bleibt irgendwann auf der Strecke.
Fazit: Unterm Strich präsentiert Plischke mit „Die Ordenskrieger von Goldberg“ einen weiteren, sehr soliden Fantasy-Roman, der wesentlich actiongeladener daherkommt als sein Vorgänger.
Die Zerrissenen Reiche 2: Die Ordenskrieger von Goldberg
Fantasy-Roman
Thomas Plischke
Piper 2009
ISBN: 978-3-492-26673-4
393 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 8,95
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