von Ansgar Imme
Ravensburger und Thomas Finn legen mit „Die flüsternde Stadt“ den zweiten Teil der Trilogie „Die Wächter von Astaria“ vor, der ebenso wie der erste Band als stabiler Hardcoverband daherkommt. Das Cover ist wieder etwas beliebig geraten und greift nur einzelne Elemente des Buches fragmentarisch auf, bietet dazu aber erneut eine schöne Übersichtskarte, wie der erste Band, sowie einen kurzen Anhang mit den handelnden Personen und einen Überblick über die so genannten Erzstellare.
Der Autor – in Kürze
Für eine ausführlichere Beschreibung verweise ich auf die Rezension des ersten Bandes. Thomas Finn wurde zunächst durch Arbeiten zum deutschen Vorzeigerollenspiel „Das Schwarze Auge“ (DSA) bekannt und war Chefredakteur des Phantastikmagazins „Nautilus“. Es folgten Arbeiten für das Rollenspiel „Cthulhu“ und der erste Roman bei „DSA“ sowie anschließend Arbeiten zur Roman-Serie „Die Gezeitenwelt“. Auch durch den hervorragenden Zeitreiseroman „Der Funke des Chronos“ kam es zur ersten Arbeit für Ravensburger mit den „Chroniken der Nebelkriege“, deren Erfolg wohl auch den Grundstein für diese zweite Trilogie legte.
Die flüsternde Stadt – und der Lärm zuvor
Fabio ist nach den Ereignissen um Venezia in die schützenden Mauern des Castells di Arborea eingekehrt und erlebt dort eine seltsame Vision. Ehe er sich ausführliche Gedanken darüber machen kann, wird er zum Ordensgroßmeister Silvestro gerufen, der ihm einige Geheimnisse anvertraut und eine beunruhigende Offenbarung der Sternenmystikerin Aureana erzählt. Den Höhepunkt bildet die Aufnahme Fabios vom Knappen in den Ritterstand der Paladine. Zusammen mit Großmeister Silvestro und einigen anderen Rittern begibt sich der junge Paladin nach Stella Tiberia, um dort Kriegsrat mit den Sternenmystikerinnen zu halten.
Die Versammlung entscheidet, Fabio und die Sternenmystikern Denebola mit ihrer Novizin Celeste, die Fabio schon kennt, als Botschafter nach Firenze zu senden, um einen Pakt wider die Goblinhorden zu schließen und nach Hinweisen auf die Eiserne Bibliothek zu forschen. Doch das Treffen steht unter keinem guten Licht: Arcanomechanische Wesenheiten dringen in den Raum ein und töten mehrere der Anwesenden. Doch der Auftrag Fabios steht fest, und er soll sich zudem dort in einem Gestech als Sieger erweisen, um die Würde des Anführers der Truppen wider die Goblinhorden für den Paladinorden zu erringen.
Während Fabio gemeinsam mit seinen alten Bekannten Odilio und Jacopo tagsüber versucht, gegen die erfahrenen Gegner im Lanzenreiten zu bestehen, versucht er nachts einigen Hinweisen nachzugehen und Fährten zu verfolgen. Dabei trifft er nicht nur auf eine alte Bekannte, sondern muss sich erneut mehrmals mit den Schergen des Astronus herumschlagen, ehe es in einem schier aussichtslosen Gefecht durch die Unterstützung eines unerwarteten Freundes zur Wende kommt. Doch trotzdem müssen Fabio und seine Freunde fliehen und begeben sich mit Hilfe eines Luftschiffes zu Verbündeten, mit denen sie nicht gerechnet haben. Unverhofft finden sie Hinweise auf die Eiserne Bibliothek und machen eine seltsame Entdeckung, die sie bis in die versunkene Stadt Napuli führt, wo sie tief am Meeresgrund ein schreckliches Geheimnis aufklären. Doch die Zeit scheint abgelaufen, und die Gefährten wissen nicht, ob sie rechtzeitig das Übel aufhalten können.
Der zweite Teil – das schlechte Mittelstück einer Geschichte...
...so mag man meinen. Doch schon bei einer nicht ganz unbekannten Sternensaga aus dem Hause Lucas zeigte sich, dass ein zweiter Teil durchaus eine Steigerung zu einem schon sehr guten ersten Teil hervorbringen kann. Und hier ist es nicht anders. Thomas Finn schafft es auch mit diesem Band, den Leser kaum zur Ruhe kommen zu lassen. Beginnt er noch eher friedlich und ruhig, steuert man als Leser schnell auf den ersten dramatischen Höhepunkt zu. Und Finn treibt es so weiter: von ruhigen Momenten zu Dramatik, Spannung und Entsetzen, wobei die dramatischen Momente sich immer mehr steigern, bis bald eine Höhepunkt den nächsten jagt, wie er es auch schon im ersten Band mit dem Leser getrieben hat und hier weiter perfektioniert. Es gibt zwar nicht ganz so viele überraschende Momente wie im ersten Band (was auch nur schwer zu bewerkstelligen war), aber der Autor glänzt dafür durch eine nicht enden wollende Fülle von phantastischen Einfällen, ob es nun die Völker, arcanomechanische Gegenstände oder seltsame Orte betrifft. Man fühlt sich insofern an Joanne K. Rowling erinnert, die auch jedem Roman etwas Neues und Besonderes abtrotzen konnte und wie ein Füllhorn phantastische Einfälle über den Leser ergoss.
Der Humor, vor allem in Form der beiden Gardisten Jacopo und Odilio, kommt hier etwas kürzer, was aber der Spannung und der ernster werdenden Geschichte geschuldet ist. Zum Ende hin wirkt die Geschichte dabei ein wenig „abgehetzt“, vor allem in und um Napuli, als hätte der Autor eine Seitenbegrenzung genau aufgelegt bekommen und dürfte diese nicht überschreiten. Hier hätten etwas weniger Tempo und ein paar Seiten mehr sicherlich gut getan. Zudem ergeben sich in der zweiten Hälfte des Buches manche Situationen zu zufällig, zum Beispiel die Lage der Eisernen Bibliothek. Das aber nur als ein paar Kratzer am Rande eines sehr runden und glatten Geschichte.
Die Protagonisten sind auch in diesem Band wieder gut getroffen, wenn auch die Charakterentwicklung etwas hinter dem ersten Band zurückbleibt, allerdings kennt man die Charaktere mittlerweile ja auch. Der Knappe, später Paladin Fabio, steht immer noch im Mittelpunkt und erhält somit auch die meiste „Screentime“ und Chance zur Weiterentwicklung. Auch Celeste, ihre Fähigkeiten und ihre Beziehung zu Fabio rücken weiter in den Mittelpunkt der Erzählungen. Natürlich müssen die anderen Figuren, wie der Gnom und Himmelsmechaniker Arcimboldo, die beiden Gardisten Jacopo und Odilio und andere Figuren, etwas zurückstehen, lassen aber doch auch immer wieder etwas Neues als auch schon lieb gewonnenes Altes erblicken. Zudem kommen auch einige Charaktere aus dem ersten Band wieder vor, von denen der Leser vermutlich nicht erwartete, sie noch einmal wiederzutreffen.
Zwar mag manch einer den Anteil von gewalttätigen Szenen für ein Jugendbuch für zu hoch halten, die Spannung und phantastischen Einfälle sind hingegen exzellent für sowohl ein jugendlicheres als auch älteres Publikum zurecht geschnitten und umgesetzt. Der zweite Teil hält das hohe Niveau und setzt oft noch eine Schippe drauf!
Fazit: Thomas Finn macht da weiter, wo er aufgehört hat. Bis auf wenige minimale Kritikpunkte ist der zweite Band der „Die Wächter von Astaria“-Trilogie erneut ein spannendes Buch mit einer abwechslungsreichen und vor Ideen sprühenden Handlung sowie sympathischen Protagonisten. Leider heißt es nun wieder Warten auf den nächsten Band.
Die Wächter von Astaria 2 – Die flüsternde Stadt
Fantasy-Roman
Thomas Finn
Ravenbsburger Buchverlag 2009
ISBN: 3473352950
477 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 16,95
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