Die Wächter von Astaria 1 – Der letzte Paladin

Als Goblinhorden aus dem Osten im einst friedlichen Astaria auftauchen, Sternenvampire durch die äußere Hülle auf die Erde gelangen und sich die Anzeichen mehren, dass Astronos, gefallener Erzstellar, von seinen Anhängern aus seinem düsteren Sternenkerker befreit werden soll, muss sich Fabio, der kurz vor seiner Weihe zum Paladin steht und sich auf einmal mitten im Ziel des Geschehens befindet, mit Hilfe von Freunden gegen das Dunkle und Böse wehren. Dabei scheint es, dass nur eine Waffe des legendären Himmelsmechaniker Cagliomaeus dem Ganzen Einhalt gebieten kann.

von Ansgar Imme

 

Ravensburger kann nur Brettspiele, vielleicht auch neuerdings Computerspiele, aber Bücher? Ja, man muss noch ein zweites Mal hinschauen und „Ravensburger Buchverlag“ lesen, ehe man es glaubt. Und mit Thomas Finn haben die Verlagsleute gleich einen richtig guten Schreiber verpflichtet, auch wenn er noch nicht ganz so bekannt ist, wie er es eigentlich sein sollte. Mit diesem Buch beziehungsweise der Trilogie um „Die Wächter von Astaria“ wird er aber sicherlich wieder ein Stück bekannter geworden sein.

Vorab ein paar Sätze zum Autor

Thomas Finn wurde in Chicago geboren (Zitat aus einem Interview: „Das hört sich für die Verlagsleute einfach gut an.“), siedelte mit seinen Eltern aber schnell nach Deutschland und wohnt bis heute in Hamburg. Erste Erfahrungen sammelte er beim Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ (DSA), zunächst über sein eigenes Fanzine, später auch als Redakteur und Autor von mehreren von der Kritik einhellig gelobten Abenteuern. Zusätzlich war er Chefredakteur des Phantastikmagazins „Nautilus“, schrieb für das Rollenspiel „Cthulhu“ und arbeitet(e) als Lektor und Dramatur für Theater und Fernsehen.

Bei „DSA“ schrieb er auch seinen ersten Roman, veröffentlichte dann mit Bernhard Hennen, Hadmar Wieser und Karl-Heinz Witzko die „Gezeitenwelt“, zu der er auch zwei Bände beisteuerte, deren Ende leider aber noch offen ist. Nachdem er mit „Der Funke des Chronos“ einen genialen Zeitreiseroman um das Hamburg der Biedermeierzeit abgeliefert hatte, bekam er die nächste Chance mit den „Chroniken der Nebelkriege“, die als Jugendbuch-Trilogie veröffentlicht und durchgängig sehr positiv bis enthusiastisch aufgenommen wurden. So ergab sich schließlich auch die Möglichkeit für diese Romanreihe.

Der letzte Paladin, der zunächst noch gar keiner ist


Der junge Fabio, kurz vor der Weihe zum Paladin stehend, begleitet seinen Herrn Ludovico auf der Reise zum Baron Vittore de Vontafeis, um dessen Tochter sicher zu ihrer neuen Aufgabe als Sternendeuterin nach Stella Tiberia zu begleiten und zu beschützen. Auf dem Weg dorthin lernt er eine Gnomenfamilie kennen, die von Schergen des Neffen des Barons bedrängt werden. Die Gnome trifft er schließlich auch auf dem Gut der Vontafeis wieder an, die dort für die Reparatur der Wasserleitungen der Springbrunnen zuständig sind.

Als Fabio versucht, Celeste, die Tochter des Barons, nachts von einem Ausflug in den gefährlichen Wald abzuhalten, wird er Zeuge eines Diebstahls in den Gemächern des Barons. Nahezu zeitgleich greifen Goblins die Residenz an, und Fabio muss ohne seinen Meister, nur mit Celeste, vor den Goblins fliehen, unterstützt von Sylvana, einer mysteriösen Kämpferin, die auf dem Anwesen der Vontafeis gefangen gehalten wurde. Während der Flucht stellt sich heraus, dass die Gnome in den Gemächern des Barons waren, doch Fabio muss sie aufgrund einer Unachtsamkeit ziehen lassen.

Mit Celeste begibt er sich nach Venezia, um sie bei den Sternenmystikerinnen abzuliefern und selbst dem Orden der Paladine Bericht zu erstatten. Doch in Venezia fängt der Schrecken erst richtig an, als der Doge der Stadt anscheinend langsam vergiftet wird, die gefährlichen Sternenvampire sich plötzlich auch auf Erden zeigen, die Ordensburg der Paladine überfallen wird und Celeste anscheinend verschwunden ist.

Und plötzlich bleibt als Hoffnung für Fabio nur das Vertrauen in eine Gruppe, der er vor diesen Ereignissen zunächst nicht trauen wollte und die nun seine letzte Hilfe zu sein scheint. Dabei gilt es, alten Hinweisen zu folgen, um das Vermächtnis des Himmelsmechanikers Cagliomaeus zu finden und dabei nicht in die Hände der Anhänger Astronos, des gefallenen Erzstellars zu fallen. Venezia ist erst der Anfang, und so führt es Fabio und seine Gefährten weit in das Dolomitische Himmelsmassiv, wo es das letzte große Geheimnis des Cagliomaeus zu entdecken gilt. Doch auf Fabio warten noch einige Überraschungen und Schrecken...

Zum Werke des Autors


Wer Thomas Finn bisher nicht kannte, sollte ihn langsam wirklich kennen lernen. Das famose „Der Funke des Chronos“ war einer der besten Romane, den der Rezensent in den letzten Jahren gelesen hatte, und auch hier zeigt Finn, warum „er sich gut lesen lässt“. Schon zu Beginn geht es spannend los, und man wird mehr und mehr in die Geschehnisse verwickelt. Nach wenigen Seiten will man nicht mehr aufhören. Dabei ist es ein Auf und Ab, spannende und ruhige Passagen wechseln sich ständig ab, wobei Finn die Spannung, Dynamik und Geschwindigkeit zum Ende hin immer mehr forciert und der Leser fast genauso ins Schwitzen kommt wie die Protagonisten. Immer wieder gibt es überraschende Wendungen und Momente (auch wenn manche vorher schon danach „schreien“, sich genau so zu ereignen), die einen fast atemlos zurücklassen oder beim Lesen zum kurzen Innehalten führen.

Die Protagonisten sind dabei auch gut getroffen. Fabio spielt natürlich die deutliche Hauptrolle, aber auch die anderen Charaktere dürfen glänzen beziehungsweise werden entsprechend dargestellt. Dabei gelingt es Finn vor allem, die „guten“ Charaktere interessant und vielschichtig darzustellen, die Gegner der Protagonisten bleiben noch etwas auf der Strecke, wobei man anmerken muss, dass die Geschichte fast durchgängig aus Fabios Sicht beziehungsweise über ihn berichtet, sodass die Gegner eher aus seiner eindimensionalen Sicht geschildert werden. Als heimliche Stars neben dem Knappen Fabio etablieren sich nach und nach die beiden Gardisten Odilio und Jacopo, die immer wieder für lustige Situationen sorgen und ein wenig an Stan Laurel und Oliver Hardy ("Dick & Doof") erinnern. Dabei können auch alle Figuren immer wieder überraschen und der Handlung etwas hinzufügen, was man vorher nicht unbedingt erwartet hat.

Der Ort der Handlung ist schnell als ein etwas anderes Italien mit seinen Städten Venezia (Venedig), Stella Tiberia (Rom), Firenze (Florenz) etc. zu erkennen. Ein netter Trick, da man ständig das echte Italien mit dem im Roman bestehenden Land vergleicht. Da ein großer Teil der Handlung in Venezia spielt, kommt man als halbwegs belesener Fantasy-Leser nicht drumherum, eine Parallele zu Kai Meyers „Merle“-Trilogie zu ziehen, die zum Teil auch in einem anderen Venedig spielt, wobei sich beide Handlungen und auch sonstige Gegebenheiten klar unterscheiden. Wer hier also ein „Abkupfern“ unterstellen sollte, wäre mit einem erneuten Lesen gut bedacht. Ganz interessant ist aber die Parallele zu Finns eigenen Romanen „Das Weltennetz“ und „Die Purpurinseln“, zu denen man an einigen Stellen, speziell den Himmelsmechanikern und dem später entdeckten Wunder durchaus einzelne Parallelen ziehen kann. Ob beabsichtigt oder nicht, er hat – wenn – gut und bei sich selbst geklaut. ;-)

Fazit: Ein klasse Buch! Nahezu nichts zu kritisieren, eine spannende Handlung, sympathische Protagonisten und das unselige Warten auf den nächsten Band. Man kann Ravensburger und Thomas Finn nur sehr viel Erfolg wünschen, damit es häufiger solch tolle Romane zu lesen gibt!


Die Wächter von Astaria 1 – Der letzte Paladin
Fantasy-Roman
Thomas Finn
Ravenbsburger Buchverlag 2008
ISBN: 3473352876
480 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 16,95

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