Die Tieflinge Golarions

Ein wiederkehrendes Thema in der Handbuch-Reihe sind die unterschiedlichen Völker Golarions. Dieses Mal werden die Tieflinge näher vorgestellt. Es überrascht mich, dass das so lange gedauert hat, denn die Mischlinge mit dem Blut der bösen Externa erfreuen sich doch einer großen Beliebtheit.

von Tobias Dworschak

 

Die Überraschung verfliegt mit einem Blick auf die Veröffentlichungstermine: 2012 für die englische Vorlage. Das heißt aber auch, dass es sich um ein Handbuch „alten Stils“ handelt und nicht in dem neueren der Platzverschwendung. Das entpuppt sich noch als echter Vorteil, denn die Tieflinge bekommen eine Menge Raum.

Das Handbuch stammt aus der Feder von Hal Maclean und Colin McComb. Es umfasst, wie in der Serie üblich, 36 Seiten inklusive der Cover. Die Aufmachung ist gewohnt gut, wirkt aber, da die neueren Handbücher alle einem anderen Design folgen, etwas altbacken. Das tut beim Lesen gut, lenkt doch nicht so viel den Blick vom Text ab.

Leider entpuppt sich das Handbuch in dieser Hinsicht als wahre Textwüste, gerade im ersten Teil. Hier hätten gerne ein paar mehr Zeichnungen unterkommen können.

Der erste Teil unter dem Titel „Die Tieflinge Golarions“ gibt einen umfassenden Einblick in das Leben und Wirken der Tieflinge. Das Kapitel ist stolze 14 Seiten lang. Auf diesen 14 Seiten finde ich alles, was ich über Tieflinge wissen muss und zwar sowohl, um sie im Spiel zu verkörpern, als auch um sie als Spielleiter einzusetzen oder mit den Vorurteilen zu spielen. Die Beschreibungen zu Abstammung und Herkunft, Physiologie und die Rolle der Tieflinge in der Gesellschaft lassen keine weiteren Fragen offen.

Unter der Überschrift „Geographie“ wird die Verbreitung der Tieflinge und ihr Ansehen in den einzelnen Regionen der Inneren See näher beleuchtet. Hier gibt es durchaus Unterschiede, die ich rollenspielerische nutzen kann. Natürlich geht das Kapitel auch auf die einzelnen Klassen ein und stellt die Frage, warum Tieflinge eine Klasse wählen oder wie sie diese ausfüllen. Ich lerne etwas über die Religion der Tieflinge, Kunst und bevorzugte Haustiere. Ein kurzer Abschnitt beschäftigt sich mit dem Abwenden vom Bösen, von dem alle Tieflinge abstammen. Dazwischen finde ich immer wieder Textkästen, die weitere Themen aufgreifen (Tieflinge in Tian Xia), Tipps zur Darstellung eines Tieflings oder kleinere Regeloptionen, wie neue Unterdomänen, enthalten.

Ich hoffe, diese nicht abschließende Aufzählung zeigt, dass wirklich jeder Aspekt der Tieflinge näher beleuchtet wird. Die einzelnen Texte sind unterschiedlich lang und legen vielleicht manchmal den Schwerpunkt falsch (über das infernalische Erbe und dessen Überwindung hätte ich gerne mehr gelesen), aber das sind Details. Der Text ist gut geschrieben und lässt sich flüssig lesen. Es macht Spaß, hier eine Menge über Tieflinge zu lernen und weckt schon beim Lesen den Wunsch, den nächsten Charakter aus diesem Volk zu wählen.

Ich erhalte viele gute Ideen für einzigartige Darstellung meines Tieflings am Spieltisch. Und diese Individualisierung geht im zweiten Kapitel weiter. Es trägt den Titel „Abstammung“ und erweitert die Optionen für Tieflinge enorm, nämlich durch jeweils unterschiedliche Quellen des infernalischen Blutes in der Familie: neben Teufeln und Dämonen tauchen hier auch Abkömmlinge von Kytonen, Oni oder Rakschasa auf. Diese haben jeweils unterschiedliche Attributsmodifikatoren, Fertigkeitsboni, zauberähnliche Fähigkeiten und Zugriff auf andere (neue) Wesenszüge. Und jeder halbseitige Eintrag wird von einem gelungenen Portrait geziert, der den Wunsch nach mehr stimmungsvollen Illustrationen wieder aufkommen lässt.

Nicht unerwähnt bleiben soll noch die Tabelle mit abweichenden Fähigkeiten, die Tieflinge im Tausch gegen ihre zauberähnliche Fähigkeit erhalten können und die mit ihren 100 Einträgen in erster Linie dazu dienen soll, individuellere NSC-Tieflinge zu generieren.

Zum Abschluss gibt es für die vier Aspekte Kampf, Religion, Magie und Gesellschaft noch neue Charakteroptionen. Immerhin haben wir hier ein Handbuch vorliegen. All diese Optionen haben einen Bezug zu den Tieflingen beziehungsweise zu ihrem Erbe.

Ich finde eine Menge neuer Kampf-Talente, neue Mystikerflüche (was schön weil selten ist), drei neue Inquisitionen (Sünde, Verdammnis und Besessenheit), neue Meisterstücke für Barden und die daimonische Blutlinie für Hexenmeister. Im Kapitel „Gesellschaft“ gibt es neben einigen neuen Wesenszügen auch eine Tabelle mit einer Sammlung unterschiedlicher körperlicher Merkmale der Tieflinge: von Antennen über glühende Augen bis hin dazu, keinen Schatten zu werfen ist alles enthalten – auch Dinge, die ich vielleicht nicht brauche.

Fazit: Das Handbuch gefällt mir. Ich habe das Gefühl, alles über Tieflinge gelernt zu haben, was es für das Spiel zu wissen gilt. Gleichzeitig ist in mir der Wunsch geweckt, bei Gelegenheit einen Tieflinge zu spielen. In dem Handbuch finde ich einen wahren Quell an Inspiration für die Darstellung verschiedener Charaktere. Die zusätzlichen Optionen sind nett und passen zum Thema. Die neuen Mystikerflüche schaue ich mir genauer an, denn hier ist das Expertenhandbuch schnell erschöpft. Wer einen Tieflinge in Golarion spielt oder plant, Tieflingen in seiner Kampagne mehr Raum zu geben, ist mit dem Handbuch sehr gut bedient.


Die Tieflinge Golarions
Quellenbuch
Colin McComb, Hal Maclean
Ulisses Spiele 2015
ISBN: 978-3-95752-1-361
32 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95

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