Die Surmakar: Unter gleißender Sonne

Mit dem Regionalband „Die Surmakar“ verlassen die „Splittermond“-Autoren das Fantasy-Setting in Anlehnung an das europäische Mittelalter, das bisher die „Splittermond“-Publikationen geprägt hat, und beginnen aus unserer Sicht exotischere Gefilde der Spielwelt Lorakis zu erkunden.

von Bastian Ludwig

In „Die Surmarkar“ geht es um die titelgebende Wüste im Süden der Spielwelt Lorakis, eine gigantische Ödnis, die sich von Nordwesten nach Südosten und Westen nach Osten an ihren breitesten Stellen über 1.700 Kilometer erstreckt. Sie ist die Heimat der Tarr, eines nomadisch lebenden Vargen-Volkes, das sich hier vor Jahrhunderten ansiedelte.

Der Band ist in drei Teile aufgeteilt. Zunächst einmal enthält er einen Reisebericht aus Ingame-Sicht. Wir bekommen einen kurzen Abriss über die Geschichte der Surmakar und einige Infos über die Geografie. Dann wird näher auf die Tarr eingegangen. Wir erfahren, wie sie in ihren Rudeln leben, wie ihr alltäglicher Überlebenskampf in ihrer unwirtlichen Heimat aussieht, welche Götter sie verehren, welche Rituale sie pflegen.
Zuletzt gibt es noch einen kurzen Einblick in das Zwergenkönigreich Karbarron und die Stadt Wüstentrutz, die sich in der sich südlich der Surmakar erhebenden Arakea-Gebirgskette befinden.

Den Autoren gelingt es gut, das neue Setting von den bisherigen Ländern europäisch-mittelalterlicher Couleur abzuheben. Dafür sorgen zum einen die Tarr selbst, die als Nomaden andere Gesellschaftsstrukturen vertreten als das feudalistische Dragorea. So gibt es zum Beispiel keine Familien, Kinder werden vom ganzen Rudel aufgezogen und wissen nicht, wer ihre Eltern sind. Auch haben die Tarr keine Erbmonarchie, sondern sind eine Stammesgesellschaft, bei der hohe Ränge vom Stamm an besonders verdiente Mitglieder verliehen werden, wobei Prestige oft durch Kampfhandlungen erworben wird. Es dürfte spannend sein, wenn es eine dragoreisch geprägte Gruppe in die Surmakar verschlägt oder ein Tarr zum Beispiel in Selenia auftaucht.

Auch ist es toll, wie lebendig die Wüste dargestellt wird. Die einzige Stadt der Tarr, Ranah, beispielsweise hat in der Trockenzeit 3.000 Einwohner, doch wenn der Fluss Kerrdaroun über die Ufer tritt und das Land überschwemmt, wird die Gegend zu einem See voller Leben und die Stadt wächst auf 300.000 Einwohner an. Das bringt Dynamik in die Ödnis, da bekommt man als Abenteurer Lust, längere Zeit am gleichen Ort zu bleiben, nur um zu sehen, wie er sich verändert, während es doch meist beim Rollenspiel darum geht, herumzureisen, um Abwechslung zu finden.

Überhaupt spielt die Natur in diesem Landstrich eine größere Rolle für das Überleben der Einwohner, als das in gemäßigteren Gefilden der Fall ist. Oasen müssen gefunden, Sandstürme überstanden, die Hitze der Sonne ertragen werden. Und dazwischen gibt es Ruinen zu entdecken, mystische Geheimnisse zu enthüllen und natürlich zahlreiche Gegner zu bekämpfen. Das ermöglicht neue Herausforderungen und ein anderes Spielerlebnis.

Im zweiten Teil des Bandes bekommen wir dann Outgame-Informationen. Es gibt Tipps, wie man einen Tarr-Charakter ausgestaltet, und Hinweise über Ressourcen und typische Ausrüstungsgegenstände. Spielleiter erhalten dann noch eine Fundgrube an Möglichkeiten, Abenteuer im heißen Wüstensand durch Gefahren der Wüste, Reiseregeln und Monster auszugestalten. Der Abschnitt ist eine gute Ergänzung, um den theoretischen Überblick des ersten Teils mit Leben zu füllen.

Den Band beschließen zwei Abenteuer, mit denen man sich gleich aufmachen kann, die Surmakar zu erforschen. In „Im Auge des Sturmes“ hilft die Abenteuergruppe einem Tarr-Stamm dabei, ein junges Stammesmitglied zu finden, das von einer Jagd nicht zurückgekehrt ist. Dabei müssen sich die Helden nicht nur mit den Widrigkeiten der Wüste selbst, sondern auch mit Wüstenräubern herumschlagen, bevor sie die mysteriöse Ruinenstadt Naansha’Ramil erkunden können. Das Abenteuer „Zügelloser Zorn“ führt die Helden in die Stadt Ranah. Hier gilt es, der Priesterin Rarroush dabei zu helfen, ein religiöses Artefakt, das ihr gestohlen wurde, wiederzubeschaffen. Ein Wildnis- und ein Stadtabenteuer also, die beide nicht durch eine originelle Handlung, sondern durch das frische Setting überzeugen, und in denen es den Autoren gelingt, viele Aspekte einzubinden, die das Setting für Rollenspieler erfrischend machen dürften.

Fazit: „Die Surmakar“ beschreibt eine interessante Region auf wenigen Seiten so, dass man als Spieler und Spielleiter ein gutes Bild davon bekommt, und spart auch nicht mit Outgame-Hintergrundinformationen. Die Autoren von „Splittermond“ haben in ihren Regionalbeschreibungen inzwischen ein Konzept gefunden, das sie so gerne auch bei künftigen Publikationen beibehalten dürfen.


Die Surmakar: Unter gleißender Sonne
Quellenbuch
Claudia Heinzelmann (Hrsg.)
Uhrwerk Verlag 2016
ISBN: 978-3-958670-64-8
64 S., Softcover, vierfarbig, deutsch
Preis: EUR 14,95

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