Die Säulen der Erde

England im 12. Jahrhundert. Der Prior von Kingsbridge träumt davon, die größte und schönste Kathedrale Britanniens bauen zu lassen. Bis zu vier Spieler haben in diesem frei nach Ken Follett geschaffenen Spiel die große Ehre, den Traum des Priors zu erfüllen und sowohl mit- als auch gegeneinander nach allen Regeln der Kunst zu diesem Monument beizutragen.

von Michael Wilhelm

 

 

In letzter Zeit ist es ein bisschen in Mode gekommen, abendfüllende Brettspiele zu populären Romanen zu schaffen. Man denke nur an die „Herr der Ringe“-Reihe aus der Feder Reiner Knizias. Michael Rieneck, der sich schon für „Dracula“ und „In 80 Tagen um die Welt“ verantwortlich zeigte, und Stefan Stadler haben sich für Kosmos mit Ken Folletts Meisterwerk „Die Säulen der Erde“ auseinandergesetzt. Man könnte sich auch kaum einen spannenderen und stimmungsvolleren Hintergrund ausdenken, wenn es um den Bau einer großen mittelalterlichen Kathedrale gehen soll. Denn die gilt es nämlich im Wettstreit zwischen zwei bis vier Spielern ab zwölf Jahren zu errichten. Aufgrund der Komplexität des Spiels, ist es für die Jüngeren dann doch nicht unbedingt geeignet. Gut zwei Stunden sollte man sich schon Zeit nehmen, denn „Die Säulen der Erde“ ist ein abendfüllendes Unterfangen, dabei aber abwechslungsreich und interessant genug, um auch wirklich die ganze Zeit zu fesseln.

Schon der erste Blick auf das Spielmaterial kann Begeisterung wecken. Der großformatige und widerstandsfähige Spielplan ist mit einer (fast zu) detaillierten Illustration versehen, auf der die einzelnen Stationen des Spiels, später mehr dazu, stimmungsvoll in Szene gesetzt sind. Selbst die kleinsten Details sind liebevoll gezeichnet und mit Ornamenten versehen. So schafft es schon ein Blick auf die Spielfläche, echtes Flair zu schaffen. Die fast 150 hölzernen Spielsteine (Arbeiter, Baumeister, Baustoffe) in verschiedenen Farben sind gut gearbeitet, wie man es von Kosmos nicht anders gewohnt ist, und die Spielkarten (Handwerker-, Baustoff-, Vorteils- und Ereigniskarten) aus kräftiger Pappe mit hervorragenden Illustrationen versehen. Das Schmuckstück sind aber sicher die sechs Kathedralenbauteile, die jeweils am Ende einer Spielrunde, entsprechend einer mehrere Jahre dauernden Bauphase, errichtet werden.

Doch worum geht es genau im Spiel? Die Autoren haben viel Wert darauf gelegt, den Spielern zu jedem Zeitpunkt möglichst viele verschiedene Optionen zu bieten. Und so gibt es nicht nur einen Weg zum Sieg. Zwar gewinnt der Spieler, der am Ende der sechs Runden, wenn die Kathedrale fertig gestellt ist, den größten Anteil daran hatte, also die meisten Siegpunkte erlangen konnte, doch gibt es eine ganze Reihe verschiedener Möglichkeiten, Siegpunkte zu ergattern. Dabei gilt es, mit den verschiedenen Ressourcen Sand, Holz, Stein und Metall, mit dem Gold, der Kraft der Arbeiter und dem Geschick der Handwerker optimal zu haushalten.

Jede Runde beginnt mit dem Auslegen und Auswählen von Handwerker- und Baustoff-Karten. Handwerker stellen aus den verschiedenen Baustoffen Teile der Kathedrale her, während die Baustoffkarten zum Fördern von Baustoffen berechtigen. Dazu sind aber auch ausreichend Arbeiter nötig, die dann in Steinbruch, Wald und Kiesgrube ihre Arbeit verrichten. Dann folgt das Einsetzen der Baumeister, derer jeder Spieler drei hat. Diese kommen auf den verschiedensten Stellen des Planes zum Einsatz. Hier offenbart sich nun die große Zahl an Wahlmöglichkeiten: Acht verschiedene Orte gibt es, an denen ein Baumeister tätig werden kann. Am Bischofssitz schützt er vor negativen Ereignissen, in der Priorei gibt es zusätzliche Siegpunkte, im Örtchen Shiring können zusätzliche Handwerker angeheuert werden, am Hofe des Königs befreit man sich vor seinen horrenden Steuern und kann wertvolles Rohmetall abstauben, auf dem Markt können Baustoffe gekauft und verkauft werden, in Kingsbridge selbst können kurzfristig oder dauerhaft günstig wirkende Vorteilskarten geholt werden. Der zweite Teil der Runde ist beendet, wenn jeder Spieler seine drei Baumeister eingesetzt hat.

Dann wird sozusagen geerntet. Die Arbeiter fördern die Baustoffe und die Baumeister zollen ihren jeweiligen Lohn, bis schließlich am Rundenende aus den einem Spieler zur Verfügung stehenden Baustoffen durch seine Handwerker Kathedralenteile gebaut werden. Dies ist die wichtigste Siegpunkt-Quelle, bei Weitem jedoch nicht die einzige. Interessant ist hierbei, dass die Handwerker, die von den Spielern angeheuert werden können, im Laufe des Spieles immer mächtiger und lukrativer werden. Und da jeder Spieler maximal fünf in seinem Dienst haben kann, werden die also so nach und nach ausgetauscht werden durch fähigere Kollegen. Auch in anderen Aspekten wird die Dynamik des Spiels durch kleine Regeldetails gesteigert. Um Wiederholungs- und Wiedererkennungsgefahr zu verringern, werden zu Beginn jedes Spiels von den zehn Ereigniskarten vier verdeckt aus dem Spiel entfernt, sodass jedes Mal andere der rundenweise eintretenden Ereignisse auftauchen.

Fazit: „Die Säulen der Erde“ ist beste Brettspiel-Unterhaltung für Routiniers genauso wie Gelegenheits-Spieler, ganz gleich, ob man Ken Folletts Roman gelesen hat, oder nicht. Das Spielmaterial, allem voran der grandios illustrierte Spielplan, ist hervorragend, und die Regeln abwechslungsreich und ausgewogen. Dank der unterschiedlichen Ereignisse und der großen Zahl an Handwerker- und Vorteilskarten ist auch ein entsprechender Wiederspielwert garantiert, der das Spiel sein Geld wert sein lassen sollte.


Die Säulen der Erde
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 12 Jahren
Michael Rieneck, Stefan Stadler
Kosmos 2006
Sprache: Deutsch
Preis: ca. EUR 31,99

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