Die Quelle der Geister

„Die Quelle der Geister“ ist ein Abenteuerband, der speziell für Einsteiger konzipiert wurde und in der Waldwildnis zwischen Nostria und Andergast spielt. Es besteht aus zwei voneinander unabhängigen Abenteuern, die lose miteinander verbunden sind.

von Morgath

Im ersten Abenteuer „Der Meister der Elemente“ kommen die Helden in ein andergastisches Holzfällerdorf und erleben mit, wie ein Feuer ausbricht. Da das Feuer von Feuergeistern ausgelöst wurde, vermuten die Dorfbewohner Hexenwerk und verdächtigten eine alte Frau, die in der Nähe des Dorfes wohnt, und/oder einen Magier, der in einem Turm im Wald lebt. Es ist nun die Aufgabe der Helden, die wahre Ursache des Brandes herauszufinden.

Das Abenteuer hat einen einfachen, aber guten Handlungsstrang, der die klassischen Elemente eines Rollenspielabenteuers (Stadt, Wildnis und Dungeon) abdeckt. Der Dorfteil ist dabei am schwächsten, was aber nicht an der Szenerie an sich liegt, welche durchaus gelungen ist, sondern an den Reaktionen der Dorfbewohner, die das Abenteuer vorsieht. So heißt es beispielsweise, dass die Helden für ihren Einsatz beim Löschen des Feuers, an dem im Übrigen alle Dorfbewohner mitmachen, als Helden gefeiert werden. Angesichts der Tatsache, dass das halbe Dorf niedergebrannt ist, halte ich diese für eine mehr als unpassende Reaktion. Ein wortkarges Danke sollte das höchste aller Ehrungen sein. Ein weiteres Beispiel: Später zieht ein Mob zum Haus der alten Frau, doch anstatt ihr Haus niederzubrennen, wie es für eine aufgewühlte Menge angezeigt wäre, bleibt der Mob brav vor dem Haus stehen und sagt zu den Helden: „Macht ihr mal!“ Solche Szenen sind meiner Meinung nach an den Haaren herbeigezogen und bedürfen dringend einer Anpassung – etwas, das in einem Einsteigerabenteuer gerade nicht sein darf .

Der Wildnisteil – die Reise vom Dorf zum Magierturm – ist da deutlich besser gelungen. Die Helden haben Begegnungen mit interessante Waldbewohner, etwa einen Schrat und einer Quellennymphe, die in sich stimmig sind und gut den Charakter des Hinterwäldlerischen widerspiegeln. Erlaubt sei aber die Frage, was ein Magierturm mitten im Wald verloren hat, zu dem nicht einmal ein Weg hinführt? Dies Antwort bleibt das Abenteuer leider schuldig.

Im letzten Teil des Abenteuer müssen die Helden den Magierturm untersuchen, und aufklären, was die Ursache des Feuers war. Hierbei handelt es sich um ein einfaches Dungeon. Trotz einiger netten Ideen, kommt dieser Teil nicht über das Mittelmaß hinaus.

Insgesamt liegt damit ein schlichtes Abenteuer vor, das sicherlich seinen Zweck erfüllt und Einsteigern den gewünschten Spaß bereitet, das in seiner Ausarbeitung aber viele Wünsche offen lässt und insbesondere zahlreiche innere Zusammenhänge geflissentlich ignoriert.

Deutlich besser ist da das zweite Abenteuer „Das Wasser der Heilung“. Die Helden lernen in Nostria einen alten Magier kennen, der an einer Krankheit leidet. Er hofft, wieder gesunden zu können, wenn er einen Schluck aus der Quelle der Geister nimmt. Besagte Quelle ist eine Heilquelle, deren Existenz nicht nachgewiesen ist, die sich den Gerüchten nach aber irgendwo in den Wäldern zwischen Andergast und Nostria befinden soll. Die Helden brechen nun in die Wildnis auf und suchen nach dieser Quelle (Wildniselement). Die Suche gestaltet sich als schwierig, doch dann erfahren sie von einer Frau, die weiß, wo sich die Quelle befinden soll. Als sie die Frau in ihrem Dorf aufsuchen, stellen sie fest, dass sie verhaftet wurde und bald hingerichtet werden soll, weil sie eines Verbrechens beschuldigt wird. Die Helden können nun entweder das Verbrechen aufklären und den wahren Schuldigen finden oder der Frau zur Flucht helfen (Stadtelement). Wenn das geschafft ist, bringt sie den Helden zu der Quelle, doch damit ist das Abenteuer noch lange nicht zu Ende. Sie sind nicht die einzigen, die nach der Quelle gesucht haben, und so dürfen sich die Helden noch in einem Showdown in einer alten Mine (Dungeon-Element) bewähren.

Auch dieses Abenteuer bedient die klassischen Rollenspielelemente, wobei die einzelnen Elemente besser gelungen sind als beim Vorabenteuer. Allein die Rahmenhandlung – Suche nach einer verwunschenen Quelle – ist besonders gelungen und dürfte Neulinge sehr ansprechen. Der Wildnisteil bietet viele Freiräume, auch wenn man sich fragt, warum die Helden die Quelle nicht auch ohne fremde Hilfe finden können. Der Stadtteil beinhaltet gar eine kleine Detektivgeschichte, welche ein schöner Einschub ist, auch wenn hier manchmal zu „irdisch“ gedacht wird. So ist beispielsweise ein wichtiges Beweisstück ein Brief von einem Hinterwäldler an einen Ork. Nach meinem Verständnis sollte keiner von beiden lesen können.

Es lassen sich aber auch weitere Störpunkte im Abenteuer finden. So findet beispielsweise an der Quelle ein Überfall von Orks statt, die sich über Flöße unbemerkt genähert haben. Eine der vielleicht spannendsten Szenen – die anschließende Verfolgungsjagd auf dem reißenden Fluss von der Quelle zur Mine – hat den faden Beigeschmack, dass der Fluss so voller Tücken steckt, dass man sich fragt, wie die Flößer es überhaupt geschafft haben, flussaufwärts zu fahren. Auf diesen Punkt wird leider nicht eingegangen. Es wird nicht einmal erwähnt, ob der Fluss seinen Ursprung in der Quelle der Geister hat (dann dürfte es sich allenfalls um ein Bächlein handeln, auf dem keine Flöße fahren können) oder ob sich um einen anderen Fluss handelt, der zufällig in der Nähe liegt. Leider werden solche Fragen nicht beantwortet, sodass man ein Eindruck hat, es sei lediglich versucht worden, gute Szenen aneinanderzureihen, ohne den inneren Zusammenhang zu beachten. Auch eine Karte hätte hier viele erleichtert, zumal es sich um ein Einsteigerabenteuer handelt, bei dem eher zu viel als zu wenig an Material geboten werden sollte. Trotz dieser Kritikpunkte hat mir das Abenteuer gut gefallen, da zumal die phantastischen Elemente nicht zu kurz kommen.

Das Abenteuer erschein als Softcover im üblichen „DSA“-Stil. Auf den Deckelinnenseiten finden sich zwei Farbkarten, welche die Mine und den Magierturm abbilden. Was das Kartenmaterial angeht, so ist noch Folgendes anzumerken: Zu beiden Dörfern, die in diesem Abenteuer vorkommen, gibt es leider keine Karte. Beide Dörfer finden sich nicht auf der Farbkarte im Regionalband, welche hier auszugsweise in viel zu kleinem Schwarz-Weiß-Format eingefügt wurde. Es ist mir ein Rätsel, warum man irgendwelche Dörfer erfinden muss, die irgendwo im Nirgendwo liegen, anstatt sich der Dörfer zu bedienen, die auf der Karte existieren.

Es gibt leider auch keine Karten für die Wildnis, durch die die Helden sich bewegen. Die Kopie der Karte aus dem Regionalband erachte ich als ungeeignet. Unklar ist mir auch, wie man auf die Idee kommen kann, Farbkarten auf die Deckelinnenseite zu drucken. Diese Karte können beim Spielen nicht verwendet werden, da der Meister das Buch für das Abenteuer benötigt. Hätte man die Farbkarten lose beigefügt, dann wäre allen geholfen gewesen. So aber bleibt die gute Idee im Ansatz stecken.

Fazit: Trotz der herben Kritik liegt ein Abenteuerband vor, der Neulingen sicher viel Spaß bereiten wird. Gerade das zweite Abenteuer weiß durch seine phantastische Rahmenhandlung zu gefallen. Allerdings sollte Ulisses mehr auf die inneren Zusammenhänge achten und die Kartenauswahl sorgfältiger treffen, um auch den Ansprüchen erfahrener Rollenspieler zu genügen.


Quelle der Geister (DSA-Abenteuer E7)
Abenteuersammlung
Dominic Hladek, Alex Spohr
Ulisses Spiele 2012
ISBN: 978-3-86889-183-6
56 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,50

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