Die Midkemia-Saga: Der Lehrling des Magiers

Schon seit einigen Jahren hat das Comic-Genre die Fantasy-Literatur entdeckt, denn mittlerweile besteht die schöne Gewohnheit, berühmte Fantasy-Romane als Vorlage für Comics zu verwenden (gibt es das Wort „vercomicen“ schon?). Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis die „Midkemia“-Saga von Raymons E. Feist ebenfalls von dieser Welle erfasst wird. Mit „Der Lehrling des Magiers“ erscheint der erste Band der sechsteiligen Roman-Saga um den Magier Pug und den Kämpfer Tomas.

von Reinhard Kotz

 

Pug und Tomas sind zwei Jungen, die davon träumen, Helden zu werden. Im Gegensatz zu vielen anderen werden sie das auch, doch zu Beginn der Geschichte sind sie noch zwei Naseweise auf dem Sprung zu Mannbarkeit. Sie erwarten mit großer Spannung das Fest Banapis, denn an diesem Tag wählen die Meister der Stadt Crydee ihre neuen Lehrlinge aus. Der tapfere und athletische Tomas wird von Schwertmeister Fannon gewählt, während der zierliche Pug zunächst keinen Abnehmer findet. Doch kurz vor der bitteren Enttäuschung erbarmt sich der Magier Kulgan seiner und nimmt ihn in seinen Dienst auf.

Während Tomas bei seiner Ausbildung gut voran kommt, tut sich Pug sehr schwer, die Zauberei zu verstehen. Obwohl er fleißig ist und sich viel Mühe gibt, scheint ihn etwas innerlich zu blockieren. Erst als Prinzessin Carline in Gefahr ist und Pug gezwungen ist Magie anwendet, um sie zu retten, lässt er erkennen, welches Potenzial in ihm steckt. Durch diese heldenhafte Tat erwirbt er nicht nur den Titel eines Junkers, sondern auch das Herz der Prinzessin.

Eines Tages schließlich entdecken Pug und Tomas ein gestrandetes Schiff vor der Küste von Crydee. Keiner der Besatzungsmitglieder hat das Unglück überlebt und die Überreste werfen mehrere Rätsel auf. So kennt niemandem die Flagge des Schiffes und auch die Menschen an Bord scheinen keinem vertrauten Stamm anzugehören. Hinzu kommt noch, dass sich an Bord zahlreiche Gegenstände befinden, bei denen sowohl das Material als auch die Funktionsweise fraglich sind. Fast scheint es so, als ob das Schiff aus einer anderen Welt stamme. Beunruhigend an dem Ganzen ist aber die Feststellung, dass es sich bei dem Schiff um ein Kriegsschiff handelt, das möglicherweise nur ein Vorbote war. Unklar bleibt auch, welche Gesinnung das unbekannte Volk hatt, und so verbreitet sich schnell das Gerücht, dass ein Heer aus einer anderen Welt Crydee erobern möchte. Doch diese Geschichte wird erst in den folgenden Bänden erzählt werden...

„Der Lehrling des Magiers“ erscheint im gewohnten Panini-Gewande. Der Comic ist komplett in Farbe und hat neben der eigentlichen Geschichte noch eine kurze Covergalerie. Auf den Umschlaginnenseiten befinden sich Karten der Welt, die allerdings in einem so tristen Einheitsgrau gehalten sind, dass sie nicht nur hässlich, sondern auch noch weitgehend unbrauchbar sind. Vor Beginn des Comics findet sich zudem ein Gemeinschaftsporträt der beiden Hauptfiguren Pug und Tomas. Schade, dass hierbei die Proportionen völlig misslungen sind. Der zierliche Pug hat hier breitere Schulter als der muskulöse Tomas. Zudem sind beide gleichgroß, obwohl im späteren Comic Tomas eine Kopf größer ist als Pug. Etwas mehr Sorgfalt wäre hier wünschenswert gewesen.

Doch nun zum Inhaltlichen. Die Geschichte wird schön inszeniert, spannend erzählt und hält sich, zur großen Freude, eng an das Original. Dass dabei nicht die Tiefe des Buches erreicht werden kann, ist klar, doch kann gelegentlich die erzählerische Dichte des Buches durch optische Reize des Comics ersetzt werden.

Die optische Umsetzung ist zwar größtenteils in Ordnung, allerdings kann sie nur an wenige Stellen wirklich begeistern, sodass man sich hier im Breiten Spektrum der Mittelmäßigkeit befindet. Dies liegt vor allem daran, dass in der Mitte des Buches plötzlich die Zeichner gewechselt haben und der Leser auf einmal mit einem völlig neuen Zeichenstil konfrontiert wird. Dieser unsanfte Umbruch ist ein erheblicher Störfaktor.

In den ersten drei Kapiteln hat Brett Booth die Feder geführt, dessen detailreicher und realistischer Stil weitgehend zu Gefallen weiß. Auch wenn manchmal die Proportionen oder die Körperhaltungen einzelner Personen etwas bedenklich erscheinen, so können doch die Mimik und die Gesichtszüge der Personen auf der ganzen Linie überzeugen. Dadurch gewinnen die Hauptpersonen liebenswerte Charakterzüge und sind gut voneinander zu unterscheiden. Auch der Hintergrund beziehungsweise die Umgebung sind gut geraten, da durch den gezielten Einsatz von Farbnuancen und kleineren Details ein angenehm natürlicher Effekt erzeugt wird.

Das Fehlen dieser Feinheiten ist es dann auch, was den Zeichenstil seines Nachfolgers Ryan Stagman ausmacht, der die Kapitel 4 bis 6 gezeichnet hat. Hier wird alles um ein Vielfaches schlichter dargestellt. Nicht nur, dass die Mimik der Figuren nachlässt und man die einzelnen Figuren teilweise nur noch an ihrer Haarfarbe oder charakteristischen Merkmalen erkennen kann, auch die Umgebung wirkt um ein Vielfaches blasser. Dies ist durchaus wörtlich zu verstehen, denn das Spektrum der Hintergrundfarben ist auf wenige Farben ohne nennenswerte Nuancen beschränkt.

Im Grunde ist der Zeichenstil der beiden Zeichner nicht so unähnlich, wie das vielleicht gerade dargestellt worden ist, aber dadurch, dass der Stilbruch mitten im Comic vollzogen wird und somit die unterschiedlichen Stile unmittelbar aufeinanderprallen, sticht er besonders ins Auge.

Fazit: Eine abschließende Bewertung fällt nicht leicht. Im Grunde kann man trotz des bemängelten Zeichenstils nicht vom Kauf abraten, da die „Midkemia“-Saga auch als Comic einfach zu gut ist, um sie nicht zu lesen. Man muss jedoch anmerken, dass es hier versäumt worden ist, etwas wirklich Großartiges zu schaffen...


Die Midkemia-Saga: Der Lehrling des Magiers
Comic nach einer Romanvorlage von Raymond E. Feist
Miachael Avon Oeming, Bryan J. Glass, Brett Booth, Ryan Stegman
Panini Comics 2007
ISBN: 978-3-86607-503-0
144 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 16,95

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