Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen: Nemo – Herz aus Eis

Weitläufig bekannt wurde die Graphic Novel „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ der britischen Künstler Alan Moore und Kevin O’Neill durch eine aufwändige Hollywood-Verfilmung von 2003, die an die Vorlage bei Weitem nicht heranreichte. Fortsetzungen für die Kinoleinwand wurden daraufhin unterlassen. Doch in Comics wurden die Abenteuer der außergewöhnlichen Helden-Truppe unbeirrt fortgeführt, mit einem zweiten Großband und einem ausufernden Sonderband „Das Schwarze Dossier“. Außerdem gab es noch eine Trilogie unter dem Dachnamen „Century“. Neu sind die Spin-offs unter der Marke„Nemo“, von denen „Herz aus Eis“ den ersten Band darstellt.

von Simon Ofenloch

Im Jahr 1925 befehligt Janni Dakkar, die Tochter des legendären Seefahrers Nemo, dessen prachtvolles Unterseeboot „Nautilus“. Des Plündern und Tötens überdrüssig und getrieben von hohen Ambitionen, dem Erbe ihres Vaters gerecht zu werden, plant sie eine Reise zum Südpol. Dort möchte sie eine Expedition zu Ende bringen, an der ihr Vater einst scheiterte. Zunächst unbemerkt folgt ihr ein Dreigespann aus ernstzunehmenden Gegnern, welche die entwendeten Schätze einer afrikanischen Königin wiederbeschaffen sollen. In der eisigen Kälte der Antarktis kommt es zur tödlichen Konfrontation zwischen den Parteien. Dort, wo sowieso schon schreckliche Gefahren und fürchterliche Wesenheiten auf die Eindringlinge warten.

Die Comic-Geschichten um die sogenannte „Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ halten stets einen schier unerschöpflichen Vorrat an Querverweisen in die Popkultur-Historie bereit. Bei „Nemo – Herz aus Eis“ ist das nicht anders. Die Liga selbst ist hier allerdings in den Hintergrund getreten. Eine Heldengruppe aus bekannten Literaturfiguren gibt es in der vorliegenden Episode nicht. Hauptfigur ist indes Janni Dakkar, die fiktive Tochter von Kapitän Nemo. 

In poppig-bunten Bildern, manche von brutalem, anderen von frivolem Inhalt, gibt es wieder massenhaft mehr oder weniger deutliche Verweise auf die Populärkultur und deren Geschichte, auf mehr oder weniger Bekanntes aus Literatur, Film und allen anderen Medienformen, aus Abenteuer, Science-Fiction und Fantasy. Hilfestellung im Erkennen und Zuordnen mancher Anspielungen und Bezüge gibt es wieder von Fachmann Jess Nevins. Wie zu den anderen Comic-Bänden um „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ hat er auch für „Nemo – Herz aus Eis“ zahlreiche „Annotations“ in einer Online-Sammlung zusammengetragen.

Auch sonst ist alles beim Alten: Die Druckqualität ist hoch, was auch der wiederholt großartigen Kolorierung durch Ben Dimagmaliw zugute kommt. Die deutsche Übersetzung ist Gerlinde Althoff wieder hervorragend gelungen. Der Klappbroschur-Softcover-Einband ist gewohnt gut verarbeitet, das Titelbild mit Spotlack-Azenten ansprechend veredelt.

An den üblichen zeitgenössisch anmutenden Spaß-Werbeanzeigen am Anfang wurde gespart. Dafür gibt es am Ende als Extra wieder einen Zusatztext über mehrere Seiten: einen fiktiven Boulevardartikel, in dem es um die Vermählung zweier Familien geht, Dakkar (Nemo) und Robur. Jules Verne hätte es sich nicht besser ausdenken können.

Fazit: Eine kurze Geschichte mit vielen Andeutungen und Anspielungen, mit Spaß an der Provokation und am Bruch mit Konventionen. Ohne Kenntnis von H. P. Lovecrafts „Berge des Wahnsinns“ fehlt ein entscheidender Hintergrund. Für den ganzen Spaß sollte man einige Nebenlektüre und Recherche betreiben. Lob an Panini Comics! Gewohnt gut!

Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen: Nemo – Herz aus Eis Comic Alan Moore, Kevin O'Neill Panini Comics 2014 ISBN: 978-3-86201-952-6 56 S., Softcover, deutsch Preis: EUR 9,99 bei amazon.de bestellen

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„Annotations“ von Jess Nevins zu „Nemo – Herz aus Eis“ (auf Englisch)