Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen: Nemo – Fluss der Geister

Weitläufig bekannt wurde die Graphic Novel „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ der britischen Künstler Alan Moore und Kevin O’Neill durch eine aufwändige Hollywood-Verfilmung von 2003, die an die Vorlage bei Weitem nicht heranreichte. Fortsetzungen für die Kinoleinwand wurden daraufhin unterlassen. Doch in Comics wurden die Abenteuer der außergewöhnlichen Heldentruppe unbeirrt fortgeführt, mit einem zweiten Großband und einem ausufernden Sonderband „Das Schwarze Dossier“. Außerdem gab es noch einen Dreiteiler unter dem Dachnamen „Century“. Neu sind die Spin-offs unter der Marke „Nemo“, von denen „Fluss der Geister“ nun wiederum den dritten Band zur Trilogie darstellt.

von Simon Ofenloch

Im Jahr 1975 muss Janni, die Tochter des legendären Seefahrers Nemo, inzwischen selbst in die Jahre gekommen und Mutter wie Großmutter, das stolze Unterseeboot „Nautilus“ noch einmal zu Wasser lassen, um eine alte Rechnung zu begleichen, die sie eigentlich für schon bezahlt hielt. Stets umgeben von Geistern ihrer Vergangenheit, reist Janni von Lincoln Island an den Amazonas und den Fluss hinauf ins Herz der Finsternis. Dort soll sie eine frühere Gegnerin erwarten. Von Urzeitmonstern, unheimlichen Wassermenschen, Nazis und Kampfrobotern ist zunächst keine Rede. Und dann steht bald auch noch Jannis Erbe auf dem Spiel.

Wie könnte es anders sein? Natürlich feiert auch „Nemo – Fluss der Geister“ ein großes Wiedersehen mit mehr oder weniger bekannten Helden und Motiven der Popkulturgeschichte, wie bei allen Comic-Geschichten um die sogenannte „Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ üblich, wenngleich die ursprüngliche Liga selbst hier wieder einmal keine Rolle spielt. Wir befinden uns eben im eigenständigen Spin-off um die Nachfahren des einstigen Liga-Zugehörigen Nemo.

In poppig-bunten Bildern geht es wieder ordentlich zur Sache, auch mal gewalttätig oder freizügig, aber immer mit einem Augenzwinkern. Das ist alles eher ein großer Spaß, ein Spiel mit Zitaten, mit offenen und versteckten Verweisen auf die Populärkultur und deren Historie, auf mehr oder weniger Bekanntes aus Literatur, Film und allen anderen Medienformen, aus Abenteuer, Science-Fiction und Fantasy. Hilfestellung im Erkennen und Zuordnen mancher Anspielungen und Bezüge gibt es wieder von Fachmann Jess Nevins. Wie zu den anderen Comic-Bänden um „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ hat er auch für alle „Nemo“-Ableger zahlreiche „Annotations“ in einer Online-Sammlung zusammengetragen. Ebenso für „Fluss der Geister“.

Auch sonst ist alles beim Alten, sind die beteiligten Künstler ein eingespieltes Team. Die Druckqualität ist hoch, was der wiederholt großartigen Kolorierung durch Ben Dimagmaliw ebenfalls zugute kommt. Die deutsche Übersetzung ist Gerlinde Althoff ein ums andere Mal gelungen. Der Klappbroschur-Softcover-Einband ist gewohnt gut verarbeitet, das Titelbild funktioniert als Hingucker, auch ohne Spotlack-Veredelung.

Ein Anhang fehlt, dafür finden sich am Anfang spaßige Variationen von einschlägigen Publikationen der 1970er Jahre, mit passenden Überschriften.

Fazit: Auch das dritte Einzelabenteuer um Nemos Tochter Janni und deren Entourage bietet eine kurze Geschichte mit vielen Andeutungen und Anspielungen. Wer nicht alles an Hintergrundwissen parat hat, mag sich mit einiger Nebenlektüre und Recherche im Internet behelfen. Unterhaltung garantiert!

Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen: Nemo – Fluss der Geister Comic Alan Moore, Kevin O'Neill Panini Comics 2015 ISBN: 978-3-95798-562-0 56 S., Softcover, deutsch Preis: EUR 9,99 bei amazon.de bestellen

Links:

 

„Annotations“ von Jess Nevins zu „Nemo – Fluss der Geister“ (auf Englisch)