Die letzte Wächterin

Plötzlich findet sich Mia in einer Welt wieder, von der sie, bis zu ihrer Entführung, nichts wusste. Des Weiteren hat ihre Familie es auf einmal mit schießwütigen Wächtern eines seltsamen Senats zu tun und ihre Schwester soll eine sogenannte Wächterin sein … Willkommen bei Carina Bargmanns „Die letzte Wächterin“.

von Yvonne Staller

 

Inhaltsangabe

Lea wurde nach über 16 Jahren von den Wächtern gefunden und muss nun ihre Bestimmung erfüllen: Sie ist die neunte und letzte Wächterin über die Licht- und Schattenwelt. Von nun an wird sie im Auftrag des Senats das Lichtreich verteidigen und die Schattenwesen bekämpfen. Leas Schwester Mia wurde ihrerseits von Awan, einem Morih, in die Schattenwelt entführt und sieht sich einer gefährlichen und fremden Welt gegenüber. Beide wissen, dass es kein Zurück in ihr altes Leben gibt und dass die ihr altes Leben und ihre Familie für immer vergessen müssen.

Rezension

Carina Bargmann hat mit ihrem Erstlingswerk „Sayuri“ in Sprache, Stil und Charakterauswahl überzeugen können. „Die letzte Wächterin“ ist ihr zweiter Roman und entführt den Leser in eine abenteuerliche Geschichte mit einem vielschichtigen Weltenaufbau. In „Die letzte Wächterin“ gibt es drei Ebenen, die nebeneinander existieren. Jedoch sind die Ebenen nicht für alle sichtbar, damit die verschiedenen Völker der Menschen, Elfen und Zwerge sich nicht in einen Krieg verstricken. Darüber hinaus existiert noch die Schattenwelt, also ein dunkles Abbild der Menschenwelt, in der alles, was bei den Menschen vergangen ist (wie die Dinosaurier) neu entsteht.

Hört sich vielleicht erst mal nicht so kompliziert an, ist es aber leider, denn alles in der Geschichte passiert einfach viel zu schnell. Gleich am Anfang wird man in die Geschichte hineingeworfen, ohne jegliche Kenntnisse über den Weltenaufbau, die verschiedenen Rassen, ihre Fähigkeiten und ihre Rivalitäten zu haben, nur um kurz darauf auf guten 15 Seiten mit einer Information nach der anderen bombardiert zu werden. So muss man  zwischen den Seiten 55 und 70 öfter nochmal nachblättern oder einzelne Stellen erneut lesen, um sie zu verstehen. Es kommt eine Informationsflut nach der anderen und verwirrt den Leser zusätzlich durch einige Ungereimtheiten.

So tut sich der Leser schwer, die vielschichtige Welt der drei Ebenen zu verstehen oder auch mit der Beschreibung der Phönixe. Die ist leider nicht eindeutig. Auf Seite 64 heißt es zum Beispiel: „Wächter sind Phönixe (…) um den menschlichen, elfischen und zwergischen Phönixen mehr Bedeutung zukommen zu lassen.“ Auf Seite 62 ist dann zusätzlich auch von den Morih die Rede: „Phönixe ist eigentlich nur der Begriff für Menschen, Elfe, Zwerge oder Morih, die besonderes Blut haben.“ Nicht ganz klar ist hier, ob einige Morih nun zu den Phönixen gehören oder nicht. Und warum sie vom Senat in der Bezeichnung der Wächter außen vorgelassen sind. Hat das mit ihrem Leben als Schattenwesen zu tun? Schade. Denn gerade diese Ungereimtheiten, die leider nicht ausführlich erklärt werden, lassen die Geschichte um die Phönixe und Wächter nicht greifbar werden.

Doch was genau ist ein Wächter? Wächter haben ein besonderes Blut, mit dem sie im Moment des Todes wieder geboren werden. Sie können zwischen der Licht- und der Schattenwelt wechseln, in dem sie mit Blut Verbindungen schaffen. Hier kommen wir wieder zu einer weiteren Unklarheit. Anfangs heißt es, dass nur Menschen, Elfen und Zwerge diese Fähigkeiten haben. Im Lauf der Geschichte stellt sich aber heraus, dass auch Awan als Morih mit seinem Blut Verbindungen in die andere Welt erschaffen kann. Also müsste er doch auch ein Phönix sein. Warum werden dann die Morih aber bei der Erklärung nicht erwähnt? Bis auf eine kleine Andeutung und Awans Tätigkeiten als Phönix bleibt der Leser im Dunkeln.

Hauptprotagonisten sind die Schwestern Mia und Lea, die im Lauf der Geschichte jeweils in die Schatten- und in die Lichtwelt gelangen. Jedoch sind die beiden keine richtigen Geschwister. Zwar sind sie gleich alt, aber bei Leas Geburt starb ihre Zwillingsschwester, woraufhin die Mutter ein Findelkind adoptierte, das vor dem Krankenhaus abgelegt worden war. So kommt es, dass Lea als Wächterin Teil einer langen Ahnenkette ist, während Mia eigentlich ein ganz normales Mädchen ist, das jedoch Visionen von der Vergangenheit hat und diese dank des Zeitstroms zurückverfolgen und manipulieren kann. Awan ist ein weiterer Hauptcharakter in der Geschichte. Er ist kaum älter als Mia und gehört zu der Gattung der Morih, die eine Art Gestaltwandler sind. Sein Vater ist ein General bei den Morih und führt gegen die Senatoren einen endlosen Kampf. Eigentlich war Awan von seinem Vater nur in die Lichtwelt geschickt worden, um zu beobachten. Nun hat er aber einen Regelstoß begangen, indem er sich in Mias Angelegenheiten eingemischt hat und dazu noch diesen Mensch in die Schattenwelt gebracht hat. Wird sein Vater ihm die Leviten lesen? Oder wird er Mia in seinem Krieg gegen den Senat und somit auch gegen ihre Schwester benutzen?

Das Buch ist trotz der vielen Kritik nicht durchweg schlecht, nein, es sind wirklich spannende Passagen darin versteckt und der rote Faden ist trotz allem zu erkennen. Aber  „Die letzte Wächterin“ von Carina Bargmann ist eine Geschichte, die gerade am Anfang etwas mehr Zeit braucht, um dem Leser die komplexe Welt verständlich zu machen. Auch hätte die Autorin einige Dinge näher beschreiben müssen, um Unklarheiten während des Lesens auszumerzen. Ansonsten überzeugen die Charaktere, allen voran die beiden Schwestern Mia und Lea, da sie durch ihr realistisches Misstrauen menschliche Züge zeigen und sehr sympathisch wirken.

Fazit: Schlussendlich muss ich sagen, dass die Autorin sehr viel mehr Potenzial hat, als sie mit diesem Roman vorweist und ich hoffe, dass sie in ihrem nächsten Roman an ihr Erstlingswerk „Sayuri“ anknüpfen kann.


Die letzte Wächterin
Fantasy-Roman
Carina Bargmann
Arena 2012
ISBN: 978-3-401-06447-5
392 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 16,99

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