von Markus Kolbeck
„Die Kinder Húrins“ wird in dem älteren „Die Geschichte von Kullervo“ (veröffentlicht 2018) vorweggenommen und weist deutliche Parallelen zum Werdegang des Helden in diesem Roman auf. Tolkien hat neben dieser Geschichte auch noch zwei andere Ausarbeitungen als Einzelromane vorgesehen: „Beren und Lúthien“ (2017) sowie „Der Fall von Gondolin“ (2018), die in ähnlicher Ausstattung im gleichen Zeitalter wie „Die Kinder Húrins“ stattfinden. Für die Übersetzung zeichnen sich Hans J. Schütz und Helmut W. Pesch verantwortlich. Das Hardcover „Die Kinder Húrins“ wurde vom Sohn Tolkiens 2007 im Original herausgebracht, erschien in der Hobbit Presse bei Klett-Cotta (mittlerweile in der 13. Druckauflage) und umfasst 334 Seiten sowie eine Landkarte (eingeklebt an den hinteren Umschlag) von Beleriand, der Region von Mittelerde, in der die Geschichte spielt.
J. R. R. Tolkien: Der Autor & Christopher Tolkien: Der Herausgeber
Der englische Autor von Fantasy-Romanen John Ronald Reuel Tolkien wurde 1892 in Südafrika geboren und starb 1973 in England. Er war seit 1925 Professor für englische Sprache in Oxford. Den Roman „Der Hobbit“ (auch als „Der kleine Hobbit“ bekannt) veröffentlichte er 1937 und die Trilogie „Der Herr der Ringe“ zwischen 1954 und 1955. Der Autor ist nicht der Erfinder der Fantasy-Literatur, aber er prägte sie maßgeblich. Christopher Tolkien hat aus verschiedenen Quellen, wie „Nachrichten aus Mittelerde“ und „Das Buch der Verschollenen Geschichten“, die Geschichte als Herausgeber zusammengestellt. Dabei hat er inhaltlich nichts dazu gedichtet, was nicht sein Vater so niedergeschrieben hatte. Der Band spiegelt also eng die literarischen Intentionen des Autors wieder.
Alan Lee: Der Illustrator
Der Band umfasst 8 ganzseitige Farbtafeln und 26 etwas kleinere Zeichnungen vom spätestens seit den Filmen zu „Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“ bekannten Zeichner Alan Lee. Für seine Mittelerde-Illustrationen im Film „Der Herr der Ringe“ erhielt er 2004 den Oscar!
Inhalt
Im Ersten Zeitalter von Arda, wie die Welt heißt, auf der Mittelerde liegt, stahl der böse Vala Melkor drei Edelsteine von den Elben, die bei den Valar lebten, den Göttern von Mittelerde. Diese Edelsteine nannte man die Silmaril. Die Elben (auch als Eldar bekannt) schworen Morgoth, dem Schwarzen Feind, wie sie Melkor von da an nannten, Rache und zogen nach Beleriand in Mittelerde, um Krieg gegen den Vala zu führen. Drei Geschlechter edler Menschen, die Edain (die Elbenfreunde), schlossen sich im Laufe der Zeit den Eldar an. Das waren die drei Häuser der Menschen: Haus Beor, Haus Hador und Haus Haleth. Húrin war ein Nachfahre von Hador und Morwen, seine Frau gehörte dem Haus Beor an. Sie hatten einen Sohn namens Túrin und eine Tochter namens Nienor (Trauer). Von diesen beiden Kindern von Húrin handelt die Geschichte hauptsächlich.
Húrin wird von Morgoth gefangen und malträtiert, doch er hält stand, was ihm später den Namen Húrin der Standhafte einbringt. Jedoch verflucht der Vala den Menschenfürsten und alle seine Angehörigen! Túrin gilt als streng, ernsthaft, gerecht, mitfühlend und hat ein Feuer in sich, dass ihn auch mal wild und unbesonnen werden lässt. In Doriath gewinnt er Elbenfürst Thingol als Ziehvater (da Húrin verschollen ist) und Beleg Langbogen als Freund, gerät aber auch mit dem feindseligen Elb Saeros in Streit, den er zu Tode hetzt. Túrin flieht und gerät unter die Geächteten, deren Anführer er wird. Er begegnet an einem schicksalshaften Tag dem bösen Drachen Glaurung und wird verhext. Er versucht seinem Schicksal zu trotzen und nennt sich Turambar, Meister des Schicksals. Viele nennen ihn jedoch Mormegil, das Schwarze Schwert. Beleg Langbogen stirbt durch Túrins Hand! Seine Schwester Nienor macht sich auf die Suche nach ihm. Er lernt Níniel (Tränenmädchen) kennen, und sie heiraten. Im Laufe der Geschichte wird immer deutlicher, dass Túrins Schicksal unter keinem guten Stern steht und der Fluch von Morgoth reale, gar fürchterliche Konsequenzen hat. Die Tragödie steuert auf ihren unvermeidbaren Höhepunkt zu!
Es gibt noch ein Vorwort, eine Einleitung und Anmerkungen zur Aussprache der Namen von Christopher Tolkien. Im Anhang, ebenfalls von Christopher Tolkien, sind Stammbäume, ein Aufsatz über die Entwicklung der großen Geschichte und ein Aufsatz über die Zusammenstellung der Texte zu finden. Abgeschlossen wird er Anhang mit einer Namensliste und Anmerkungen zur Landkarte.
Kritik
Wo „Das Silmarillion“ durch die Geschichte der Eldar und Edain in großen Sprüngen galoppiert, lässt sich Tolkien in „Die Kinder Húrins“ viel mehr Zeit beim Erzählen und geht auch mehr ins Detail, sodass die Geschichte wie ein richtiger Fantasy-Roman wirkt. „Das Silmarillion“ ist dagegen mehr eine Zusammenfassung der Legenden und Sagen von Mittelerde. Man kann den Roman flüssig und mit Interesse lesen. Es gibt auch Spannung, Action und noch viel mehr Dramatik und Tragik. Das ist dann auch eine der Stärken der Geschichte: Ihr hervorstechender Aspekt der großen Tragödie! Hier hat Tolkien ganze Arbeit geleistet. Wie in „Die Geschichte von Kullervo“ geht es mit dem Helden immer mehr bergab und er verstrickt sich immer mehr in sein fluchbeladenes Schicksal. Doch ist noch mehr daran, an diesem Roman. So handelt er auch von Freundschaft, Treue und Liebe. Ein Happy End darf man jedoch trotzdem nicht erwarten!
Fazit: Die Geschichte hat vieles von dem, was eine düstere Fantasy-Story haben muss: Action, Schicksalsschläge, menschliche Abgründe, Emotionen, Leid, Kummer, Dramatik und Tragik. Bei „Die Kinder Húrins“ handelt es zweifellos um ein Meisterstück der Tragödie! Ich empfehle den Roman allen Liebhabern von J. R. R. Tolkiens Werk und allen Fans tragischer Fantasy!
Die Kinder Húrins
Fantasy-Roman
J. R. R. Tolkien
Klett-Cotta (Hobbit Presse) 2013
ISBN: 978-3-608-96041-9
334 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 25,00
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