von Lars Jeske
Zwischen seinen Trilogien über Elfen hat sich der Vielschreiber Alfred Bekker der Drachen angenommen. „Drachenfluch“ heißt der Auftakt der bislang dreiteiligen „Drachenerde“-Saga. Die Geschichte beginnt überaus bekannt: Findelkind wird weitab der richtigen Heimat großgezogen, durch drohende Gefahr wird die wahre Herkunft bekannt und zudem obliegt es nur dem heranwachsenden Helden gegen die Missstände im Land vorzugehen. Mit Hilfe von Freunden und des weisen Mentors/Zauberers etc. muss der widerrechtliche Herrscher entfernt werden, damit wieder Frieden eintritt. Dazu gibt es noch die große Liebe, die gerettet werden muss. – Klingt nach Schema F, da in „Drachenfluch“ alles vertreten ist. Reizvoll wird die Geschichte dadurch, dass es in Drachenerde eben jede Menge Drachen gibt. Vor der eigentlichen Handlung gibt es zudem einen sehr stimmigen historischen Abriss, wie sich Drachenerde entwickelt hat und welche gewichtige Rolle dabei den Drachen zukommt.
In Frieden und Harmonie lebten die fünf Reiche von Drachenerde miteinander, bis sich der Tyrann Katagi des Drachenkaiserthrones bemächtigte. Er entriss dem ermordeten Kaiser magische Ringe, welche dabei helfen, den Willen von Drachen zu kontrollieren. Dadurch sichern seine untergebenen Drachenreiter-Samurai Katagis Macht. Schlimmer noch, Katagi will alle übrigen Reiche unterwerfen und Herrscher von ganz Drachenerde werden. Aber noch besteht Hoffnung. Loyale Anhänger des alten Drachenkaisers brachten dessen Söhne in Sicherheit, um eines Tages den Usurpator von Thron stürzen zu können.
Nach 18 Jahren eines wohlbehüteten und abgeschiedenen Lebens weiß Rajin noch immer nichts von seiner edlen Herkunft und der damit verbundenen Gefahr. Bei dem Versuch, sein Dorf vor angreifenden Drachen zu beschützen, setzt er, nicht zuletzt sich selber überraschend, ihm innewohnende Kräfte frei. Kräfte, die er selber kaum versteht. Dadurch hat Kataji endlich den letzten Spross des alten Kaisergeschlechts ausfindig gemacht und setzt nun alles daran, diesen zu töten und seine Macht dadurch unumstößlich zu sichern. Sodann beginnt eine wilde Hatz. Auf der Flucht ins Landesinnere begegnet Rajin dabei erstmalig seinem Lehrmeister Liisho, welcher im dabei endlich mit Fragmenten der Wahrheit konfrontiert.
Von Anfang an herrscht eine mystische und magische Atmosphäre, da Rajin schon sein Leben lang eine Stimme in seinem Kopf hört. Diese steht ihm zumeist als Lehrmeister oder Ratgeber zur Seite; ob ihm das nun passt oder nicht. Dabei hat vieles mit Drachen und einem fernen Land zu tun, die so gar nichts mit Rajin gemein zu haben scheinen. Es sind Lehrstunden vom Weisen Liisho, die den bislang Ahnungslosen auf etwas Großes jenseits seines jetzigen Lebens vorbereiten sollen. Aufgrund der gewählten Charakterisierung sympathisiert man dabei schnell mit Rajin, welcher seine bekannte Welt unverhofft hinter sich lassen muss und auf dessen Weg man sich gern als steter Begleiter wähnt.
Die auffällige allgegenwärtige tiefe Verwurzelung von Mythologie und Mystik ist dabei für eine derartige Geschichte eher ungewöhnlich. Alfred Bekker orientiert sich hier einerseits stark an nordischen Sagen und dortigen Riten, andererseits werden asiatischen Traditionen und Strukturen aufgegriffen. Mit den ausführlichen Beschreibungen der Lebensumstände und Gewohnheiten der Seemammutjäger wird man allumfassend mit diesem Teil der Welt von Drachenerde vertraut gemacht und fest in diese Welt mit eingebunden. Vor allem im beschriebenen Seereich herrscht dabei ein starker Glaube an die Allmacht der Götter, was somit stark an die nordische Mythologie mit all der Götterverehrung, Mystik und Symbolik erinnert. Durch diese häufigen Verweise auf die Götter und deren Macht ist dann das Auftreten dieser sehr einflussreichen Wesen überaus stimmig und passt hervorragend in diese Welt. Es wirkt alles andere als überzogen oder künstlich und unglaubwürdig.
Fazit: In „Drachenfluch“ wird eine typische Heldengeschichte stilsicher mit nordischen Mythen und fernöstlichen Elementen unterfüttert und bekommt durch die Drachen und die detailliert entworfene Welt der fünf Reiche weitere außergewöhnliche Aspekte. All dies trägt dazu bei, eine greifbare Umgebung zu erschaffen, die eigentlich doch so fernab der eigenen Realität liegt. Weder ist alles Aufgegriffene neu, noch super überraschend, aber ein toller Mix von Bekanntem und somit gute Unterhaltung. Da stört es den gewillten Leser auch nicht, die anderen beiden Bände „Drachenring“ und „Drachenthron“ lesen zu müssen, da die Haupthandlung wirklich als Trilogie angelegt und noch lange nicht abgeschlossen ist. Zudem sind auch noch viele Gegenden dieser Welt unerforscht, somit steckt auch dadurch theoretisch noch genügend Potential in dieser Saga, um bis zum Finale zu fesseln.
Die Drachenerde Saga 1 – Drachenfluch
Fantasy-Roman
Alfred Bekker
Egmont-Lyx 2008
ISBN: 978-3-8025-8163-2
399 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 12,95
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