Die Drachenchronik IV: Drachendämmerung

Das Geheimnis der Drachenchronik ist enthüllt, und es gilt für die Helden, dieses neu gewonnene Wissen zu nutzen und vor ihren Verfolgern zu wahren. Den Gegnern einen Schritt voraus, kann die Zukunft der Globule Zze Tha und der Bewohner bestimmt werden. Doch der Erzfeind hat auch seine Hände im Spiel und versucht, die Drachen auf seine Seite zu ziehen, um die Rückkehr des mächtigen alten Drachen Pyrdacor zu verwirklichen.

von Ansgar Imme

 

Der vierte und letzte Band beschließt die große Kampagne um Drachen und ihre Hinterlassenschaften für „Das Schwarze Auge“ („DSA“). Zum ersten Mal in der „DSA“-Geschichte sollte eine solche Großkampagne zeitgenau und vorausschauend geplant werden, verantwortlich stand dafür die Kampagnenredaktion Stefan Küppers, Patrick Fritz und Daniel Simon Richter. Doch die zwei Auftaktbände waren nur von durchschnittlicher Qualität, bedingt durch zu viele Zufälle, viele Nichtspielercharaktere, die nicht mehr auftauchten und Kinoszenen, bei denen die Spieler nur zuschauen konnten. Man hatte jeweils den Eindruck, dass auch die Hälfte hätte gekürzt werden können. Erst Band Drei bot dann endlich das, was man erwartet hatte: tolle Schauplätze, spannende Handlungen und überraschende Entdeckungen. Und so blieb die Erwartung, ob dies auch der Abschlussband erfüllen und zu einem versöhnlichen Abschluss bringen könnte.

Handlungsüberblick

Der letzte Band der Drachenchronik „Drachendämmerung – Am Rande der Unsterblichkeit“ stellt vor allem eine Art Welten- und Kulturenbeschreibung der Globule Zze Thas und eine größere Szenariensammlung dar. Beteiligt sind neben der Kampagnenredaktion die bereits durch Abenteueranthologien und andere Beiträge bekannten Autoren Gero Ebling, Matthias Freund, Franz Janson, Martin John und Michael Masberg. Die Szenarien können teilweise unabhängig voneinander beziehungsweise in beliebiger Reihenfolge gespielt werden, nur manche Meilensteine müssen in bestimmter Abfolge gespielt und erlebt werden oder benötigen Ereignisse, ehe sie selbst starten können. Zudem ist ein ausführlicher Anhang mit Beschreibung der Sprache der Echsenmenschen, der Kreaturen und Gegner Zze Thas sowie eine Zeitleiste und Handouts enthalten.

Im Einleitungsteil gibt es einen kurzen Rückblick auf vergangene Ereignisse der ersten drei Bände und auf die Pläne der Gegnerin und das mögliche Wissen der Helden. Dem folgt ein kurzer Ausblick und vor allem eine Beschreibung der wichtigsten Gegner und möglichen Begleiter der Helden. Anschließend folgt die für einen Abenteuerband ausführliche Beschreibung der Globule Zze Tha, die etwa 35 Seiten umfasst und sich mit den verschiedenen Kontinenten und besonderen Orten, der Historie und vor allem den dort lebenden Völkern und in kleinen Abschnitten sogar Kunst, Kultur, Handel und Wissenschaft widmet.

Es folgen die verschiedenen Szenarien, wobei man diese in drei Kapitel aufgeteilt hat, die zueinander passen beziehungsweise besondere Abschnitte darstellen. Im ersten Abschnitt „Die Suche nach Zrashfrador“ geht es um eben diese nach dem Essenznexus, der die Drachen zum Rat rufen kann. Es wird sowohl die Ankunft in der fremden Welt thematisiert und dann auf die Suche eingegangen, bei dem man zunächst die Essenz und die Macht der ganzen Globule finden muss, die die entscheidenden Hinweise geben kann, doch andere Mächte wollen dies verhindern oder selbst die Suche als Erste erfolgreich abschließen. Speziell die Ankunft ist eher kurz gehalten, kann aber mit den Informationen aus dem Zze-Tha-Kapitel umfangreicher gestaltet werden.

Ein eigenes Kapital hat der Rat der Drachen erhalten, in dem die Drachen aus Aventurien eintreffen, weil sie durch den Essenznexus gerufen werden. Sie müssen über das Schicksal Zze Thas und Pyrdacors diskutieren und sich dem Widersacher, der dunklen Macht im Hintergrund, anschließen oder sich gegen diese stellen. Die Helden haben hier die Möglichkeit, die Drachen durch verschiedene Aktionen zu beeinflussen und damit auch auf deren Entscheidung Einfluss zu nehmen. Hier werden auch die verschiedenen Drachen ausführlich charakterisiert und ihre Positionen dargestellt.

Das letzte Kapitel lässt schließlich alle Handlungsstränge der vorhergehenden Bände und dieses Bandes im gewaltigen Finale gipfeln, wenn der „Weltenbrand – Der Kampf der Drachen“ entfesselt wird. Hier wird es episch, gigantisch und fantastischer, als es selten bei „DSA“ war. Im Vorfeld beim Kriegsrat ergeben sich Möglichkeiten, die Kampfkraft der auf den Seiten der Helden stehenden Drachen zu stärken und einen entscheidenden Vorteil zu gewinnen. In der Schlacht der Drachen geht es schließlich um die Existenz Aventuriens oder zumindest eines Teils davon, wenn ein Ritual verhindert werden muss, dass Zze Tha zurückstürzen soll.

Aufmachung, Layout und Bewertung

Der Band bietet den „DSA“-typischen Aufbau und Stil und von der reinen Textmasse her einen ordentlichen Umfang zu einem sehr guten Preis sowie größtenteils gute Illustrationen, wenn auch leider einige alte und schon bekannte Bilder enthalten sind. Aus den Erfahrungen der anderen Bände und als Reaktion auf Spielerkritiken wurde gelernt und damit Vorlesetexte kurz gehalten und stattdessen die für erfahrene Spielleiter notwendigen Flexibilitäten und Freiräume eingeräumt, sodass dieser sich für das Abenteuer verstärkt selbst aus den Baukästen bedienen kann.

Die Struktur dieser Baukästen ist jedoch mangelhaft! Was dem Leser mehrfach übel aufstößt, sind die verstreuten Informationen quer über die Kapitel, die keinem Muster folgen. Mal findet man Nichtspielercharaktere (beziehungsweise vor allem deren Werte) am Beginn des Bandes im eigenen Kapitel, mal im Fließtext zwischendurch in den einzelnen Kapiteln. Die Kreaturen gibt es dann noch gesammelt im Anhang des Bandes. Regeltechnische Aspekte werden auch immer wieder einmal eingeworfen, was bei einem späteren Suchen zu Unmut führt, da sie nicht an einer Stelle konzentriert zusammengefasst wurden. Was den Rezensenten am meisten stört, sind jedoch die fehlenden Karten zu Gebäuden und Umgebung (es gibt nur eine grobe Übersichtskarte zu Zze Tha und eine Übersichtskarte zur Drakopole, der Hauptstadt der Echsen und Drachen). Illustrationen zu Personen und Karten zu Räumen und Städten helfen einem Spielleiter ungemein bei Beschreibungen. Hier wird sich aber leider immer wieder mit dem nichtigen Argument herausgeredet, dass man dies (mal wieder wie in anderen Bänden auch) der Fantasie des Spielleiters überlassen wolle.

Die Beschreibung Zze Thas leidet am Problem der begrenzten Seitenzahl in einem Abenteuerband. Für erfahrene Spielleiter reichen diese vollkommen au, ebenso für Gruppen und Spielleiter, die eher stringent die Handlung verfolgen wollen. Doch für den Zweck von weiteren und längeren Abenteuer in der Globule, wie es immer wieder anklingt und wie es auch auf dem Buchrücken verkauft wird, ist es noch zu rudimentär und nicht umfassend genug. Dies merkt man vor allem der Beschreibung der Drakopole an, die viel mehr Raum verdient gehabt hätte. Die Autoren haben sich insgesamt große Mühe gegeben, viel aus Zze Tha herauszuholen und grundsätzlich ihr Bestes gegeben.

Die Abenteuer oder Szenarien selbst können großes Spielpotenzial und viel Spielspaß bieten, sind aber manchmal vielleicht noch zu allgemein ausgearbeitet, vor allem der Beginn und Auftakt in der neuen Welt und die Suche nach dem Erschaffer. Hier ist viel zusätzliche Arbeit für den Spielleiter erforderlich! Zudem hätte die Fremdartigkeit der Welt und die Minderheit der Helden als Menschen noch viel umfassender für Szenarien und Handlungen genutzt werden können. Die späteren kleinen Einzelszenarien sprühen dagegen vor guten Ideen und machen schon beim Lesen richtig Spaß und Vorfreude. Dabei verschenkt die Vorbereitung der Drachenschlacht noch einiges an Potenzial, denn hier hätte man noch mehr unterbringen können. Und auch die Schlacht ist vom Umfang eher zu kurz gehalten.

Fazit: Als reiner Einzelband bietet der Abschluß der Kampagne epochale Erlebnisse und spannende Unterhaltung. Leider sind etliche Teile etwas sehr offen und zu frei gehalten und nötigen den Spielleiter zur umfassenden Vorbereitung ob der verstreuten Informationen, aber das abenteuerinhaltliche Grundkonzept stimmt hier wenigstens, auch wenn der Band mit dem Vorgänger nicht mithalten kann. Der inhaltlich ordentliche Gesamteindruck wird somit durch den unstrukturierten Aufbau etwas getrübt.

Gesamtfazit zur Kampagne: Die großmundig angekündigte Kampagne hat die Erwartungen leider nicht ganz halten können. Viel Potenzial wurde verschenkt und offene Handlungsfäden der Vergangenheit gar nicht erst bedient. Dazu krankten vor allem die beiden ersten Bände an zu engen Handlungsführungen und verdammten die Spieler oft zum Zuschauen in entscheidenden Szenen. Nichtspielercharaktere wurden kurz eingeführt und nicht weiterentwickelt. Dazu fehlte oftmals ein Überraschungsmoment und „Wow“-Effekt. Auch wenn Vorgängerkampagnen an etlichen Stellen schlechter ausgearbeitet waren, machten diese doch mehr Spaß und boten überraschendere Szenen und Entwicklungen.

Mit freundlicher Unterstützung von Ulisses Spiele GmbH, www.ulisses-spiele.de und www.f-shop.de.


Die Drachenchronik IV: Drachendämmerung
Abenteuerband
Patrick Fritz, Stefan Küppers, Daniel Richter (Red.)
Ulisses Spiele 2011
ISBN: 3868890424
150 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 25,00

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