Die Arena

Was passiert, wenn sich eine unsichtbare Kuppel über eine Kleinstadt stülpt und deren Bewohner von der Außenwelt abgeschnitten werden? Wie wird das Leben dieser Menschen nun aussehen, die bisher scheinbar in Harmonie miteinander gelebt haben? Und wie wird die Außenwelt darauf reagieren? King zeigt es uns.

von dark_angel

 

Die Idee einer Kuppel, die eine Kleinstadt komplett von der Außenwelt abschneidet, entstand bereits 1976. Doch nach zwei Wochen Arbeit und rund 75 Seiten warf Stephen King das Handtuch. Seiner Aussage zufolge waren nicht die vielen Personen in der Handlung schuld, sondern die technischen Probleme und Auswirkungen, die der Roman aufwarf. Die Idee dazu ließ ihn indessen nicht los, so dass er sich 2007 wieder damit auseinander setzte und daraus schließlich „Die Arena“ entstand.

Stephen King erweist sich in seinem neuesten Werk wieder als präziser Beobachter und Kenner der menschlichen Natur. Wieso die Kuppel sich über die Kleinstadt Chester’s Mill stülpt, ist nicht das Wichtigste in seiner Erzählung, sondern liefert vielmehr den Rahmen für all das, was sich darunter abspielt. Bisher war Chester’s Mill eine Kleinstadt wie jede andere auch, in der jeder jeden kennt – oder zu kennen glaubt. Und in der man gerne mal vor so mancher Tatsache oder Wahrheit die Augen verschließt. Als Motto zieht sich diesbezüglich treffend die Zeilen „it’s a small town, son / and we all support the team“ aus James McMurtrys Song „Talkin' at the Texaco“ über den gesamten Roman. Doch mit dem Erscheinen der Kuppel werden die Bewohner gezwungen, ihr wahres Gesicht zu zeigen und Stellung zu beziehen.

Ehe es sich der Leser versieht, gerät das Leben unter der Kuppel aus den Fugen. Stephen King bedient sich dabei der Kuppel als eine Art Mikrokosmos, um die Weltpolitik zu porträtieren, und zeigt, wie von einer Minute zur anderen die Demokratie außer Kraft gesetzt wird und eine einzige Person die Macht an sich reißt und sich durch Intrigen, Lügen und Gewalt zum Diktatur aufschwingt. Ein Polizeistaat junger Blauhemden terrorisiert und verfolgt unter seiner Herrschaft unliebsame Gegner, während viele andere nur machtlos dabei zusehen – oder gar stillschweigend zu Mitläufer werden. Stephen King führt damit allen ihre Naivität vor Augen, die denken, dass so etwas nicht noch einmal passieren kann – schon gar nicht in einer Supermacht wie den USA.

Die Themen, die dabei angesprochen werden, könnten nicht aktueller sein. Da wären etwa der Irak-Krieg und deren Folgen, Terrorismus, christlich-religiöser Fanatismus, Einschränkung der Meinungsfreiheit und Umweltverschmutzung. Dabei bleibt es nicht aus, dass sich der Leser ständig fragt, wie er selbst auf diese Ereignisse reagieren würde. Welche Position würde der Leser beziehen? Hätte er vielleicht gar den Mut, gegen so ein Regime aufzubegehren?

Stephen King spricht im Nachwort darüber, dass er versucht hat, „ein Buch zu schreiben, in dem das Gaspedal ständig durchgetreten bleibt2 und ich finde, das ist ihm wahrlich gelungen. Die 1280 Seiten rasen nur so dahin und die Spannung ist zum Greifen nahe. Man will unbedingt wissen, was sich als nächstes ereignet. Der einzige Wermutstropfen dabei ist, dass sich dadurch der Roman ein wenig von seinen früheren Erfolgen wie „The Stand - Das letzte Gefecht“, „Es“ oder „In einer kleinen Stadt“ unterscheidet. Denn durch diese Geschwindigkeit geht ein Teil der Tiefgründigkeit der Charaktere verloren. Von Anfang an steht fest, wer gut oder böse ist – ohne dass sich etwas daran ändert. Man vermisst die Charaktere, die sich sozusagen in der Grauzone befinden und sich im Verlauf der Geschichte zum Guten oder Schlechten ändern können.

Fazit: Stephen King zeigt in „Die Arena“ auf, zu was die Menschen fähig sind und dass für das wahre Grauen keine Monster nötig sind. Es ist ein sozialkritisches Werk, das tief blicken lässt, wobei aber auch die Action, Spannung und Unterhaltung nicht auf der Strecke bleiben. Sein Stil ist beeindruckend und genial, denn er versteht es wie kein anderer, den Leser in seinen Bann zu ziehen. Einzig die eindimensional gezeichneten Charaktere hinterlassen einen faden Beigeschmack von Oberflächlichkeit. Doch davon sollte man sich nicht abhalten lassen, in die Kuppel einzutauchen.


Die Arena
Mystery/Horror-Roman
Stephen King
Heyne 2009
ISBN: 978-3-453-26628-5
1280 Seiten, Hardcover, deutsch
Preis: EUR 26,95

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