Der Wüstenplanet – Die Legende 02: Der Kreuzzug

Die Vorgeschichte zu Frank Herberts „Der Wüstenplanet“ wird nach dem ersten Band „Butlers Djihad“ in „Der Kreuzzug“ konsequent fortgesetzt. Das gilt sowohl für die Handlung, als auch für das gesamte Romankonzept, mit all seine Stärken und Schwächen. Es wartet also weiterhin jede Menge Action auf den Leser, wenn Xavier Harkonnen und sein Freund Vorian Atreides wieder gegen die Denkmaschinen kämpfen. Aber reicht das aus, um sich über das Mittelmaß des ersten Bandes zu erheben?

von Andreas Loos

Der Roman, mit 450 Seiten verteilt auf 38 Kapitel, setzt mit seiner Handlung 25 Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils, „Butlers Djihad“, ein. Die Menschen führen mittlerweile einen Djihad gegen die Denkmaschinen, welche von dem Supercomputer Omnius angeführt werden. Anführer des Djihad ist eigentlich Serena Butler, welche den ersten Schlag gegen die Roboter auf der Erde ausführte, nachdem der Roboter Erasmus ihren Sohn Manion ermordet hatte.

Treibende Kraft hinter diesem heiligen Krieg ist der ehemalige Trustee Iblis Ginjo, der auf der Erde als Sklave sinnlose Monumente erbaute. Er ist zum großen Patriarchen des Djihad aufgestiegen und hetzt das Volk permanent zum Kampf gegen die Maschinen auf. Er ist es auch, der alle Fäden in der Hand hält und die Macht für seine Zwecke nutzt. Erschien Iblis im ersten Band noch als sympathischer Hoffnungsträger, so vollführt er hier eine 180-Grad-Wendung und präsentiert sich als stereotyper, machtbesessener Demagoge, der vor keiner noch so schmutzigen Intrige zurückschreckt, um seine Ziele zu erreichen.

Dubiose Deals mit den Fleischhändlern von Tlulax gehören ebenso zu seinem Tagesgeschäft, wie das geheime Paktieren mit der abtrünnigen Titanin Hekate. Durch den von ihm gegründeten Djihad-Rat kontrolliert Iblis Ginjo nicht nur die militärischen Aktionen des Djihad, sondern auch viele Bereiche des Zivilalltags. Politische Widersacher lässt er durch seine Geheimpolizei, sinnigerweise Djipol genannt, verschwinden, diskreditieren oder als Spion für die Denkmaschinen enttarnen. Er ist sich auch nicht zu schade, selbst Attentatsversuche auf Serena Butler zu verüben, um sie in Isolation zu halten, damit er auch weiterhin ungestört schalten und walten kann.

Die von den Autoren im ersten Band eingeführten Protagonisten und Antagonisten sind – zumindest, was die Menschen angeht – bereits mehrheitlich jenseits der Fünfzig, als der Roman seine Handlung aufnimmt. Zeitlich wird ein Rahmen von 18 Jahren abgedeckt. Die in „Butlers Djihad“ angefangen Handlungsstränge werden weiter fortgeführt, personenbezogene Erzählfäden enden aber in der Regel mit dem Ableben der Protagonisten und werden häufig nicht weiterverfolgt. Nur einzelne neue Persönlichkeiten kommen dazu, so zum Beispiel Yorek Thurr, Ginjos Rechte Hand und Chef der Djipol, oder Jool Noret, der Meistersöldner von Ginaz, oder Chirox, ein Roboter, der als Norets Lehrmeister und Sparringspartner fungniert.

Die Handlung ist, wie auch schon im ersten Band, sehr gradlinig gehalten und überraschende Wendungen bleiben weitgehend aus. Was auf die Handlung zutrifft, bewahrheitet sich auch bei den Protagonisten. Noch immer wirken die Akteure sehr hölzern und ihr Gehabe und Auftreten trieft nur so von Pathos oder bedient stereotype Klischees.

Die Denkmaschinen, allen voran der Supercomputer Omnius, versucht den andauernden Angriffen der Djihad-Armee entgegenzuwirken. Dabei zeichnet er sich vor allem durch zögerliches Handeln aus. Noch immer verfügt der Computer über schier endlose Ressourcen, jedoch vermag er sich nicht zu einem vernichtenden Schlag gegen die Menschen durchzuringen. Der Computer kommt in seinem Wesen ziemlich beschränkt und naiv daher. Und wenn er als schimmernde Kugel beim Sinnieren über philosophische Fragen wie etwa die Wesenszüge einer Religion die Wände hoch und runterrollt, wirkt er in meinen Augen ziemlich lächerlich.

Die „Titanen“ unter ihrem Anführer Agamemnon, die einst das Imperium der Menschen durch die Kontrolle des Computernetzwerkes übernahmen und die ihre menschlichen Exsistenz aufgaben, um als Cymeks, menschliche Gehirne in Roboterkörpern, ewig weiterzuleben, versuchen noch immer die Macht von Omnius wieder an sich zu reißen. Allerdings ist ihre Gruppe auf lediglich vier zusammengeschrumpft, und im Laufe der Handlung wird die Gruppe weitere Verluste einstecken müssen, bevor sie die Möglichkeit bekommt, sich gegen Omnius erfolgreich aufzulehnen.

Der eigenständige Roboter Erasmus versucht auch weiterhin, teils in Omnius Auftrag, teils aus eigener Neugier, die Menschen und ihre unberechenbare Art zu verstehen, und selbst eigene Empfindungen zu entwickeln. Aus einer Wette mit Omnius heraus nimmt sich Erasmus des Jungen Gilbertus Albans an, und versucht diesen „wie einen Sohn“ zu erziehen, während er auch weiterhin groteske und unappetitliche Versuche mit menschlichen Sklaven durchführt.

Die Kogitoren, konservierte Gehirne, praktisch Cymecks ohne Robotkörper, die sich nur um weltfremde Philosophien kümmern, werden erst von Serena Butler dazu gebracht, sich in den Krieg zwischen Maschinen und Menschen einzubringen, um dann beide Seiten mit einem bestechend einfachen und exorbitant naiven Plan zu verblüffen, der im Endeffekt die Situation nur noch verschärft.

Die beiden Generäle und mittlerweile alten Freunde Vorian Atreides und Xavier Harkonnen stehen stets beim Kampf gegen die Denkmaschinen in der ersten Reihe und versuchen, jeder auf seine Weise, einen entscheidenden Sieg zu erringen. Trotz einiger introspektiver Momente bei beiden kommt kein wirklicher Tiefgang auf. Der Fokus verlagert sich mehr auf Vorian Atreides, obwohl Xavier einige gute Szenen zugeschanzt bekommt.

Die unnahbare und arrogante „Zauberin“ Zufa Cenva, die mit der Kraft ihrer Gedanken allein Cymeks vernichten kann, tritt im Laufe der Handlung hinter der Person ihrer Tochter Norma Cenva zurück. Norma bereitet sich darauf vor, Raumfahrtgeschichte zu schreiben, indem sie die Theorien über die Schildtechnologie der Menschen dazu benutzt, um den Raum zu falten und ein Raumschiff ohne Zeitverlust an jeden beliebigen Ort zu versetzten.

Aurelius Venport, ein findiger und sehr erfolgreicher Geschäftsmann, erkennt zum einen das Potenzial dieser Entdeckung und entdeckt auch seine Liebe zu Norma und verschafft ihr die nötigen Mittel, um ihr Projekt in die Tat umzusetzten. Ganz nebenbei findet Norma noch heraus, dass sie doch noch das psychische Talent ihrer Mutter geerbt hat, und mit noch mehr tollen Effekten aufwarten kann. So kann sie ihre eigene Erscheinung mit purer Willenskraft verändern, indem sie an ihrer eigenen DNS herumspielt. In meinen Augen ist das dann doch zu viel des Guten. Tuk Keedair, der ehemalige Sklavenhändler und Geschäftspartner von Aurelius Venport, kümmert sich um die praktische Ausführung und den Umbau des ersten Raumschiffs.

Das Unterfangen bleibt unterdessen dem geltungssüchtigen Wissenschaftler Thio Holtzmann, dem ehemaligen Gönner von Norma, nicht verborgen, und so setzt er alle Hebel in Gang, um ihr die Erfindung abspenstig zu machen. Ein Sklavenaufstand auf Poitrin, dem Planeten, auf dem die Forschung betrieben wird, sorgt dafür, dass Holtzmann nicht dazu kommt, auf Norma Genvas Kosten seinen angeschlagenen Ruf aufzupolieren. In den Wirren des Aufstands zwingt der Sklave Ismael den ehemaligen Sklavenhändler Tuk Keedair, mittels des Raumfaltschiffs von den Planeten zu fliehen. Keedair fliegt das Schiff zur ungastlichen Welt Arrakis, und Ismael und seine Mitgefangenen müssen feststellen, dass ihr Leben in Freiheit nun jeden Tag aufs Neue dem Planeten abgetrotzt werden muss. Ismael und den Seinen kommen die Gesetzlosen von Selim Wurmreiter zu Hilfe, einem selbsternannten Beschützer der Sandwürmer, der von Vision getrieben versucht, den immer größer werdenden Handel mit dem Spice zu unterbinden.

Der Roman bewegt sich auch diesmal sowohl sprachlich als auch von seiner gesamten Konzeption her auf dem Niveau eines Jugendbuchs – was an sich kein Vorwurf sein soll. In meinen Augen wird das hier Dargebotene aber den selbst aufgestellten Ansprüchen nicht gerecht. Viele viel versprechende Erzählstränge – wie zum Beispiel die Motive und Vorhaben der Titanin Hekate – werden einfach gekappt. Und etliche Protagonisten werden auf brutale Weise aus der Handlung gekegelt.

Fazit: „Der Kreuzzug“ ist, wie auch schon „Butlers Djihad“, eher leichte Kost, die Elemente von „Der Wüstenplanet“ mit der Action von „Star Wars“ verbindet. Am Ende bleibt kurzweilige Unterhaltung mit einer allzu vorhersehbaren Handlung und hölzernen Akteuren, die vor allem mit übertriebenem Pathos auftreten. – Gute Unterhaltung eben, auch wenn sie etwas Tiefgang vermissen lässt.


Der Wüstenplanet – Die Legende 02: Der Kreuzzug
Science-Fiction-Roman
Brian Herbert, Kevin J. Anderson
Heyne 2008
ISBN: 978-3453524347
893 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,95

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