Der Wüstenplanet – Die Legende 01: Butlers Djihad

„Butlers Djihad“ führt in die graue Vorzeit des Universums von „Der Wüstenplanet“. Die Vorfahren von Paul Atreides und Wladimir Harkonnen führen Krieg gegen die Denkmaschinen, die fast die ganze Galaxis unterjocht haben. Den Leser erwartet eine Menge Action, doch reichen Action und bekannte Namen zum Erfolg aus?

von Andreas Loos

Frank Herbert hat mit „Dune“, eingedeutscht „Der Wüstenplanet“, einen zeitlosen Klassiker der Science Fiction geschrieben. Er entwarf ein ausgefeiltes Universum, fernab von computergesteuerten Raumschiffen, in der das Schicksal der bewohnten Welten von der Spice-Melange abhängt, deren Genuss es den Navigatoren erlaubt, die endlosen Weiten des Raums zu überspringen, und die interstellare Reisen erst möglich macht.

Sein Sohn, Brian Herbert, und Kevin J. Anderson, haben sich für den Auftakt ihres dreiteiligen Romanzyklus „Der Wüstenplanet – Die Legende“ eine zeitliche Nische im Universum des Frank Herbert ausgesucht, über die der Leser im ursprünglichen Roman lediglich fragmentarische Informationen erhält. Die beiden entführen den Leser in eine Zeit 10.000 Jahre vor den Ereignissen von „Der Wüstenplanet“, in der das Spice keine Rolle spielt und der Wüstenplanet eine vergessene und völlig unbedeutende Kugel aus Sand ist.

Fast die gesamte Galaxis wird von Omnius beherrscht, einem Supercomputer, dessen Ableger auf fast allen bewohnten Planeten, den Synchronisierten Welten, vertreten sind. Nur die Liga der Edlen, ein lockeres Bündnis unabhängiger Planeten, leistet den Denkmaschinen erbitterten Widerstand. Organisiert wird der Kampf vom Offizier Xavier Harkonnen und dem Viceroy Manion Butler. Dessen Tochter Serena will in einem eigenmächtigen Kommandounternehmen den Planeten Giedi Primus zurückerobern. Zwar geht Serenas Plan auf, doch sie selbst gerät in die Gefangenschaft der Denkmaschinen. Fortan lebt sie dort als menschliche Sklavin im Haushalt des Roboters Erasmus. Dort bringt sie Xaviers Sohn zur Welt, dessen (trauriges) Schicksal die Zukunft der Galaxis verändern wird.

Die Autoren führen eine Menge an Protagonisten und Antagonisten ein, und mit ihnen eine fast genauso große Zahl von Handlungssträngen, die dann miteinander verwoben werden. Leider sind fast alle Erzählstränge sehr gradlinig gehalten, und überraschende Wendungen bleiben weitgehend aus. Vielmehr hatte ich etwa nach dem ersten Drittel des Buches bereits schon eine ungefähre Vorstellung vom Ende, das sich dann auch zu einem Gutteil bewahrheitet hat.

Im Einzelnen möchte ich auf die Akteure eingehen, von denen leider sehr viele hölzern und unglaubwürdig wirken.

Die Denkmaschinen – primär verkörpert durch den Zentralcomputer Omnius und die zwei unabhängigen Roboter Erasmus und Seurat – versklaven die Menschen auf über 500 Welten, während ihnen nur wenige Liga-Welten entgegenstehen, welche ihrerseits Sklaverei betreiben, um ihre Wirtschaft am Leben zu erhalten.

Neben den Denkmaschinen gibt es noch die „Titanen“, eine Gruppe machtgieriger Despoten, angeführt von dem Titan Agamemnon, die einst das Imperium der Menschen durch die Kontrolle des Computernetzwerkes übernahmen und die ihre menschlichen Exsistenz aufgaben, um als Cymeks, menschliche Gehirne in Roboterkörpern, ewig weiterzuleben. Die „Titanen“ erschufen das Omnius Computersystem vor 1000 Jahren, um besser herrschen zu können, bis Omnius Selbstbewusstsein entwickelte und sich erfolgreich gegen seine Schöpfer auflehnte.

Dann gibt es noch die Kogitoren, welche ebenfalls seit über 1000 Jahren über „das Leben, das Universum und den ganzen Rest“ philosophieren, sich politisch neutral verhalten und auch sonst völlig wirklichkeitsfremd daherkommen.

Ein Kastensystem unter den menschlichen Sklaven des Computers sorgt dort für eine klare Hierarchie, an deren Spitze die so genannten „Trustees“ stehen. Einer der bedeutendsten „Trustees“ ist der künstlich gezeugte Sohn des Agamemnon, Vorian Atreides, der sich nichts sehnlicher wünscht, als ein Cymek wie sein Vater zu werden. Aber auch der charismatische Vorarbeiter Iblis Ginjo, der im Auftrag der Titanen sinnlose Monumente baut, gehört dieser Gruppe an.

Die Denkmaschinen sind in meinen Augen ausnahmslos unglaubwürdig beschrieben. Omnius, der Supercomputer mit Selbstbewusstsein, beherrscht die Galaxis und hat unerschöpfliche Ressourcen zur Verfügung, die er in einen Krieg gegen die Liga der Edlen pumpen könnte. Das macht er aber nicht, und das obwohl der Computer angeblich auf aggressive Expansion programmiert ist. Diese „Tatsache“ wird häufig wiederholt, jedoch sieht man nichts von zielgerichteter Eroberung. Omnius verlässt sich vielmehr auf die „Titanen“, die seine wenigen Offensiven führen, weil Menschen für ihn unberechenbar sind und der Computer diese nicht einschätzen kann.

Der eigenständige Roboter Erasmus versucht, teils in Omnius Auftrag, teils aus eigener Neugier, die Menschen und ihre unberechenbare Art zu verstehen und eigene Empfindungen zu entwickeln. Dummerweise hat Erasmus nur angenehme Empfindungen, wenn er Menschen foltert. Seine Experimente haben fast immer einen tödlichen Ausgang für seine Versuchsobjekte. Erasmus handelt sprunghaft und oft unlogisch. Seine Vorgehensweise ist schlicht brutal und unappetitlich. Einige der blutigen Details hätte man sich getrost sparen können.

Der Roboter Seurat hingegen hat wenig Kontakt zu Menschen, seine Interaktion beschränkt sich auf Vorian Atreides, den er mit schlechten Witzen zu unterhalten versucht, während er mit diesem Updates von Omnius zu den verschiedenen Planeten bringt.

Die Titanen schließlich sind die Krönung des Denkmaschinenensembles. Samt und sonders Psychopathen, stürzen Sie sich in Kampfgetümmel, um unzählige Menschen zu töten, als ob sich ihr Daseinszweck nur auf das Töten reduzieren würde. Selbsternannte strategische Genies wie Agamemnon benutzen simple Taktiken, um die Verteidigung der Menschen zu überwinden. Milliarden Menschen werden im Verlauf der Handlung auf grausamste Weise getötet.

Wenn die Bösen schon nicht gut wegkommen, dann haben auch die „Guten“ ihre Schattenseiten.

Die technischen Möglichkeiten der Liga der Edlen sind etwas beschränkt. Lediglich die Schutzfelder des geltungssüchtigen Erfinder Tio Holtzman bieten Schutz vor den Übergriffen der Robotflotten. (Da die Schutzschilde aber erst relativ kurze Zeit vor der Handlung erfunden wurden und anscheinend den einzigen wirksamen Schutz darstellen, frage ich mich, was die Liga der Edlen die letzten 1000 Jahre gemacht hat, bevor diese erfunden wurden.)

Holtzmanns Erfindung wird im Laufe des Buches immer weiter entwickelt, und im Laufe von nur knapp drei Jahren werden alle möglichen Waffen und Schutzfelder ausgeklügelt, die dann auch gleich im großen Maßstab zum Einsatz kommen. Tio Holtzmann zur Seite steht die missgebildete Norma Cenva, ein mathematisches Ausnahmegenie, das seine Formeln weiterentwickelt.

Normas Mutter, die unnahbare und arrogante Zauberin Zufa Cenva, bildet andere begabte Frauen zu Zauberinnen aus, die mit mentalen Attacken gegen die Cymeks vorgehen können. Zufas Liebhaber, Aurelius Venport, ein findiger und sehr erfolgreicher Geschäftsmann, wird von ihr mit Verachtung gestraft. Er versucht aus diesem Grund, mittels natürlicher Drogen ähnliche Fähigkeiten wie sie zu erlangen.

Tuk Keedair, ein Sklavenhändler, stößt bei einer seiner Expeditionen auf den Planeten Arrakis und sucht dort nach profitablen Möglichkeiten. Dort wird gleichzeitig der Waisenjunge Selim von seinem Stamm verstoßen und muss sich allein in der Wüste bei den gewaltigen Sandwürmern durchschlagen.

Zum Abschluss widmet sich ein Erzählfaden den beiden Sklaven Ismael und Aliid, die ihr Dasein auf der Welt Poitrin fristen müssen.

Erstaunlicherweise haben fast alle Planeten, Orte und Adelsfamilien auch 10.000 Jahre (!) in der Vergangenheit dieselben Namen. Offensichtlich wollten die Autoren um jeden Preis Assoziationen mit dem ursprünglichen Zyklus wecken, was dann doch etwas arg gekünstelt wirkt.

Den mangelnden Tiefgang der dargestellten Persönlichkeiten versucht man mit mehr Action auszugleichen. In bester „Star Wars“-Manier (Anderson hat zu diesem Universum mehrere Romane verfasst) beschießen sich Raumschiff-Flotten, bösartige, aber arg beschränkte Cyborg-Killer-Roboter wollen die Menschenheit ausrotten und weißhaarige Hexen verschießen Energieblitze.

Der Roman bewegt sich sowohl sprachlich als auch von seiner gesamten Konzeption auf dem Niveau eines Jugendbuchs – was an sich kein Vorwurf sein soll. In meinen Augen wird das hier Dargebotene aber den selbst aufgestellten Ansprüchen nicht gerecht. Die beiden Autoren haben einfach die Messlatte zu hoch angelegt.

Fazit: „Butlers Djihad“ ist kein Meilenstein in der „Wüstenplanet“-Saga, sondern eher Mittelmaß, das wie eine actionreiche Mischung aus „Star Wars“ und „Dune“ anmutet. Zwar hat beides seinen Reiz, aber zusammengenommen leidet der Roman unter unglaubwürdigen Akteuren und einer vorhersehbaren und zu gradlinig gehaltenen Handlung, an der auch eine Vielzahl von Erzählsträngen nichts ändern kann. Am Ende bleibt kurzweilige Unterhaltung, aber kein episches Werk, das mir auf Dauer im Gedächtnis bleiben wird.


Der Wüstenplanet – Die Legende 01: Butlers Djihad
Science-Fiction-Roman
Brian Herbert, Kevin J. Anderson
Heyne 2007
ISBN: 978-3453523586
787 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,95

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