Als einzige Tochter des Fürsten von Somerstrom wuchs Ana in dem Glauben auf, dass ihre Familie über die Grenzen ihres Reiches beliebt und anerkannt sei. Dieser Glaube wird tief erschüttert, nachdem das Bankett zu Ehren ihres Geburtstages von den grausamen Nachtschatten, Wesen, die sich bei Nacht in tierähnliche Gestalten verwandeln, gestürmt und die ganze Festgesellschaft ermordet wird. Ana und ihrem Leibwächter Jonan gelingt die Flucht, während es Anas Bruder Gerit gelingt, sich auf dem Dach eines Wehrturms zu verschanzen. Ohne das Schicksal des jeweils anderen zu kennen, versuchen Ana und Gerit unabhängig voneinander, der Belagerung durch die Nachtschatten ein Ende zu setzen.

Ana und ihr Begleiter Jonan müssen jedoch bald feststellen, dass die meisten Verbündeten Somerstroms nur darauf bedacht sind, auch den Rest der Fürstenfamilie tot zu sehen, um dann Somerstrom für sich zu erobern. Ana kann sich nur auf die Loyalität ihres Verlobten, Rickard von Westfall, verlassen. Um weniger aufzufallen, schließen sich Ana und Jonan einer Gauklertruppe an. Doch deren Anführer Daneel hat eigene Pläne mit der Fürstentochter.

Gerit jedoch wird schon bald vom Anführer der Nachtschatten in seinem Versteck aufgespürt. Da er zu wertvoll ist, um ihn gleich zu töten, lebt der junge Mann fortan als einziger Mensch unter den wilden Kreaturen, deren Lebensart sich ihm nur langsam erschließt. Getrieben von Hass und Wut nutzt Gerit seine Position als Diener der Nachtschatten, um Informationen über die weiteren Pläne der Anführer Korvellan und Schwarzklaue zu sammeln. Beinahe unbemerkt entwickelt er dabei auch Sympathien für die fremden Wesen und er erkämpft sich ihren Respekt. Schließlich bietet sich ihm der Weg zur Flucht…

Claudia Kerns Debütroman „Sturm“ ist der erste Teil der Trilogie „Der verwaiste Thron“. Mit der Dreiteilung ihrer Geschichte schließt sie an das Vorbild von Trudi Canavan und Kai Meyer an. Der zweite Teil, „Verrat“, wurde für Februar 2009 angekündigt, der letzte Teil, „Rache“, soll dann im August 2009 folgen. Auch thematisch erinnert „Sturm“ an Canavans Romanreihen „Die Gilde der Schwarzen Magier“ und „Das Zeitalter der Fünf“. Auch bei Kern steht eine Frau, Ana, im Mittelpunkt der Handlung. Anders als bei Canavan bestreitet sie die Handlung aber nicht allein, sondern ihr Bruder Gerit bietet einen gelungenen Gegenpol zum weiblichen Hauptcharakter. Ständig wechselt der Leser von Ana zu Gerit und verfolgt somit beinahe parallel die Schicksale der Geschwisterkinder. Hierbei legt Kern einen großen Schwerpunkt auf das Vorankommen der Handlung. So bleiben lange Monologe und Gewissenskämpfe, wie man sie bisweilen von Canavans Charakteren kennt, weitestgehend aus. „Sturm“ wird dadurch sehr dynamisch, der Leser wird mit den Ereignissen fortgerissen und versinkt in den Intrigen um das Land Somerstrom.

Für etwas Verwirrung beim Lesen sorgte bei mir jedoch eine Unstimmigkeit zu Beginn der Erzählung. Obwohl Ana das Morden im Festsaal der Burg nicht direkt miterlebt hat, sondern nur durch den Kampfeslärm auf das Geschehen aufmerksam wurde, weiß sie zu genau um das Schicksal ihrer Eltern. Noch bevor Jonan ihr davon berichtet, weiß sie vom Tod ihrer Eltern und dass ihr Bruder möglicherweise überlebt hat. Im Verlauf der Handlung tritt diese kleine Unstimmigkeit jedoch in den Hintergrund, der Rest des Romans ist sehr gut und inhaltlich stimmig erzählt. Für Freunde von Intrigen und Verrat unbedingt zu empfehlen!

Fazit: Claudia Kerns Debütroman „Sturm“ erzählt auf schwungvolle Art und Weise vom Geschick der beiden Geschwister Ana und Gerit, die in einem Land voller Feinde und Intrigen um ihr Schicksal kämpfen. Ein lesenswertes Fantasyvergnügen für alle, die beispielsweise auch die Romane von Trudi Canavan mögen.