Der Teufelsplan des Fu Manchu

Endlich gibt es Neues von Robert Craven, jenem wackeren Kämpfer gegen die Großen Alten, die Thul Saduun und andere finstere Mächte. Mit seiner über 20-jährigen Publikationsgeschichte stellt „Der Hexer“ wohl Wolfgang Hohlbeins bekannteste und langlebigste Schöpfung dar. „Der Teufelsplan des Fu Manchu“ ist der zweite Abenteuerband des Rollenspiels zur Serie und bietet neben einem sehr gelungenen Abenteuer auch wieder eine exklusive, neue „Hexer“-Story von Hohlbein und Dieter Winkler.

von Christian Humberg

 

Untote auf Londons Straßen!

Für den genialen asiatischen Crimelord Fu Manchu, bekannt aus dem „Hexer“-Grundregelband, ist es der Plan aller Pläne. Noch nie war er seinem Ziel, mit blutigen Aufständen die weltweite Macht der Kolonialstaaten zu brechen, so nahe. Eine ägyptische Ausstellung im Britischen Museum liefert ihm unwissentlich die letzten Zutaten für einen Schachzug, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat. Mit der durch Erpressung gewährten Hilfe Viktor Frankensteins erschafft sich Fu Manchu eine kleine Armee, mit welcher er die ausgestellten ägyptischen Reliquien des Propheten al‘Moqanna rauben und mit ihrer Macht den Nahen Osten aufrütteln will. Es liegt an den Spielercharakteren und der Londoner Unterweltlegende Rowlf, diesen Plan zu vereiteln – doch Vorsicht: Das ist leichter gesagt als getan!

Parallel dazu und in Form der eigens für diesen Band verfassten „Hexer“-Kurzgeschichte „Die Insel der Schrecken“ geraten Robert Craven und sein Leidensgenosse, der deutsche Pilot Plüschow, den Leser schon aus der im letzten Abenteuerband befindlichen Geschichte „Der Sturmbringer“ kennen, in Asien auf eine scheinbar verlassene Insel. Dort lebt Ayako Maresuke und träumt davon, den aktuellen Kaiser zu stürzen, da sie selbst Anrecht auf den Thron habe. Durch ihren unfreiwilligen Besuch auf der Insel scheinen Craven und Plüschow ihr nun die Gelegenheit zur Flucht zu bieten. Doch wer (oder was?) ist Ayako wirklich? Und können die beiden sie noch aufhalten?

Pulp vom Feinsten

So schnell kann’s gehen: Eben noch schlenderten die Spielercharaktere unbehelligt durch Londons Straßen, da sehen sie sich plötzlich einer Schar von Frankensteinschen Kreaturen gegenüber. Noch bevor diese Nacht vorüber ist, werden sie sich Seite an Seite mit Rowlf den Schergen eines finsteren Crimelords stellen müssen. „Der Teufelsplan des Fu Manchu“ bedient sich abermals ausgiebig bei der Zutat, die auch schon die vorherigen Publikationen dieses gelungenen Systems auszeichnete: dem Pulpcharakter. Viktor Frankenstein und seine Monster, ein an Filme wie „Die Mumie“ erinnerndes Setting im Museum, fernöstliche Schwerverbrecher mit teuflischem Masterplan und ein Finale, das aus einem Bond-Film stammen könnte – hier wird definitiv nicht gekleckert, sondern ordentlich ausgeteilt. Und wie in den Vorgängerbänden funktioniert auch „Fu Manchu“ wunderbar. Das Abenteuer ist relativ überschaubar und dürfte aufgrund seines Episodencharakters auch Neuzugängen zum Hexeruniversum keine Verständnis- oder Einstiegsprobleme bereiten. Zwar kann das Ende der Geschichte relativ offen gehalten werden (was Spielleitern die Möglichkeit bietet, die bestehende Truppe auf weitere, eigene Abenteuer zu schicken), doch ist der Anfang recht unabhängig von „Wenn Engel fallen“, dem vorigen Abenteuerband.

„Fu Manchu“ beginnt mit einer angenehm langen Kurzgeschichte von Wolfgang Hohlbein und Dieter Winkler, welche ja exklusiv für die RPG-Publikation die „Hexer“-Serie fortschreiben und sie ins Zeitalter des Rollenspiels, die 1920er Jahre, transponieren. Mit dieser zweiten Geschichte wird langsam der rote Faden ersichtlich, der hinter den neuen Prosatexten steht: Auf der Suche nach seinem Sohn Richard im asiatischen Raum gestrandet, kommt Robert Craven den Sturmdämonen auf die Spur. Zwar sind die genauen Zusammenhänge noch nicht erkennbar, doch scheinen die Hinterlassenschaften Maronars eine wichtige Rolle bei deren Bekämpfung zu spielen – und Richard selbst unwissentlich im Zentrum der kommenden Geschehnisse zu stehen.

Der Kurzgeschichte folgt das von Peer Kröger und „Hexer“-Redakteur Heiko Gill verfasste Abenteuer, zu welchem es online bei Pegasus in Form der fiktiven Zeitung „The Gillian“ auch nettes Zusatzmaterial zu entdecken gibt. Dies ist zum Verständnis des Abenteuers nicht nötig, bietet aber einen interessanten Hintergrund dafür. Das Abenteuer besteht aus vier Kapiteln (heißt auch: vier Schauplätzen), durch welche die Leser zunächst in Form eines Gesamtüberblicks geführt werden. Im Anschluss sind die einzelnen Kapitel dann genau ausgeführt, wobei auch atmosphärische Einleitungstexte, Fotos und Hand-Outs für die Spieler (etwa Grundrisszeichnungen der Pension Westminster und Notizen Dr. Frankensteins) vorhanden sind. „Tipps für den Spielleiter“ liefern immer wieder hilfreiche Hinweise, wie man den Spielverlauf des Kapitels behutsam in die gewollte Richtung lenken kann. Am Ende des Bandes finden sich noch Charakterdaten der wichtigen NSCs, darunter Frankenstein, Rowlf und Dr. Fu Manchu. Alles in allem ein sehr übersichtlich gegliedertes und abwechslungsreiches Abenteuer, für das erstmalig ein Les-Edwards-Cover gewählt wurde, das nicht bereits Romanpublikationen der Serie zierte.

Fazit: Hatte ich in meiner Rezension des letzten Abenteuerbandes dieser Reihe schon auf die Bedeutung und großartige Umsetzung derselben hingewiesen, kann ich mich für „Der Teufelsplan des Fu Manchu“ nur wiederholen. Angenehm pulpig und fantasievoll gestaltet sich das neue Abenteuer und macht einmal mehr deutlich, dass man für Erlebnisse in Robert Cravens Welt nicht notwendigerweise am Rockzipfel des Hexers hängen muss – der kommt, von der neuen, spannenden Kurzgeschichte Wolfgang Hohlbeins und Dieter Winklers abgesehen, im eigentlichen Abenteuer noch nicht mal vor. Dafür treffen die Spieler auf andere Figuren der „Hexer“-Romane, Rowlf und Dr. Frankenstein, und müssen Seite an Seite mit diesen den finsteren Plan eines asiatischen Crimelords verhindern. Wenn dieses Rollenspiel die Zukunft des „Hexer“-Franchises ist, so ist es in guten Händen! Neulesern/-spielern wie alten Hasen sei dieses liebevoll gestaltete System wärmstens empfohlen.


Der Teufelsplan des Fu Manchu
Abenteuerband
Peer Kröger, Heiko Gill
Pegasus Spiele 2006
ISBN: 3-937826-74-2
43 S., geheftet, deutsch
Preis: EUR 9,95

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