Der Pinguin 1 – Auferstanden von den Toten (Dawn of DC)

Oswald Cobblepot hat Gotham City den Rücken gekehrt. Statt in seiner Iceberg Lounge, arbeitet er in einem Blumenladen in Metropolis. Es scheint, als wolle er fortan ein straffreies Leben führen und seine kriminelle Vergangenheit hinter sich lassen. Selbst gezielte Provokationen verdeckter Ermittler lassen ihn wortwörtlich kalt. Kann man diesem neuen Lebensstil trauen? Hat Oswald seine Verkleidung als Pinguin tatsächlich abgelegt? Es wäre zu schön, um wahr zu sein, wenn Batman einen der gefährlichsten Verbrecher von Gotham kuriert hätte!

von Daniel Pabst

Der Comic „Der Pinguin 1 – Auferstanden von den Toten (Dawn of DC)“ ist der neueste Entwurf der berühmten Figur des Pinguins aus der Welt von Gotham City. Spätestens seit seinem Auftritt im Kinofilm „The Batman“ von Matt Reeves aus dem Jahre 2022 ist der Pinguin wieder hoch im Kurs. Durch die Verkörperung von Colin Farrell konnte diesem eine weitere Facette hinzugefügt werden. Und damit nicht genug: Bereits am 19. September 2024 wird er in seiner eigenen Serie bei HBO Max „The Penguin“ an den Start gehen. Da kommt ein Comic zum Pinguin sehr gelegen. Wo dieser auftaucht, kann auch seine kriminelle Crew nicht weit sein. Starten wir ganz zu Beginn …

Die Geschichte in diesem Comic ist von Tom King verfasst worden. Die Zeichnungen stammen von Rafael de Latorre und Stevan Subic. Der Titel mag den ein oder anderen verwundern. Denn Oswald Cobblepot ist hier zu Beginn nicht verstorben. „Auferstanden von den Toten“ nimmt Bezug auf eine andere Comic-Geschichte von Chip Zdarsky („Batman #125“), wo überraschenderweise der Pinguin das Zeitliche gesegnet zu haben scheint! Hier dagegen sehen wir Oswald, wie er unter den Lebenden weilt und sein ruhiges Rentnerleben genießt. Doch wie so oft, trügt der Schein. Eines Tages nämlich wird er von einer mysteriösen Frau angesprochen, die ihm ein verheißungsvolles Angebot unterbreitet: Er darf nach Gotham zurückkehren und tun und lassen, was er möchte.

Ganz im alten Stil des Pinguins begibt sich dieser zurück in die Unterwelt Gothams und beginnt, einen neuen Butler (den „Helper“) und eine neue Crew um sich zu scharren – die „Force of July“, bestehend aus: Major Victory, Lady Liberty, Mayflower, Silent Majority und Sparkler. Was genau er damit anstellen möchte und warum ihm völlige Narrenfreiheit gewährt wird, das bleibt lange Zeit ein Fragezeichen in diesem Comic. Was stattdessen offenbar wird, ist, dass Oswald in seiner Rolle als Pinguin noch irrer als zuvor agiert. Weder mit Schimpfwörtern noch mit Blut wird in der Geschichte von Tom King gespart. Die Illustrationen bringen diese Stimmung brutal zur Geltung. Nicht ohne Grund war die „Iceberg Lounge“ der Lieblingsort des Pinguins – so eiskalt, wie er agiert.

Von dem Aufbau der Story her hat sich Tom King dafür entschieden, jedes Crewmitglied des Pinguins hintereinander vorzustellen. Hierbei nutzt er die Erzählstruktur von Gedankenblasen und damit verbundenen – schier endlosen – Kommentaren aus dem „Off“. Je nach Charakter haben diese Kommentare eine eigene Farbe. So erfahren die Leserinnen und Leser viel von den Eigenarten der Charaktere. Liebgewinnen wird man dennoch keinen von ihnen. Denn sie alle schrecken vor der Anwendung von Gewalt keinen Millimeter zurück. Ob der Pinguin ihnen vertrauen kann, ist eine andere Frage. Auch für Batman bietet diese Rückkehr des Pinguins mit seiner Crew ungeahnte Folgen. Warum sitzen er und der Pinguin schwer verwundet im Batmobil, welches kontinuierlich im Gotham River versinkt? Wer hat die beiden derart verletzt? Warum wirkt es so, als ob der Pinguin diesen Moment genießen würde?

Nach den offenen Fragen bildet der Abschluss dieses Comics eine Abwechslung. Denn nach fünf Kapiteln, welche Rafael de Latorre gezeichnet hat, ist mit der Geschichte erst einmal Schluss. Die weiteren zwei Kapitel mit dem Titel „Ein unwichtiger Mann“ haben mit der Hauptstory nicht wirklich was zu tun. Der Bruch wird durch den neuen Zeichenstil von Stevan Subic deutlich. Hier erfahren die Leser und Leserinnen, wie Oswald Cobblepot das Vertrauen von Batman gewinnt und eine Allianz mit ihm eingeht, um Gotham gerechter werden zu lassen (wobei es sich um eine andere Zeitebene zu den vorigen Kapiteln handelt). Eine Allianz mit einem Verbrecher? Da sollten bei Batman alle Alarmglocken klingeln, oder? Ob die Geschichte in einem – für 2025 angekündigten – Folgeband weiter an Fahrt aufnehmen kann, steht in den Sternen. Die Art der Erzählung durch viele „Off-Kommentare“, die die Gedanken der Charaktere rund um den Pinguin miterleben lassen, ist kreativ und intensiv – strengt aber auf Dauer an und vernachlässigt die Motivation von Oswald Cobblepot selbst.

Fazit: Dieser neue Comic über einen der berüchtigtsten Antagonisten in der Welt von Gotham City kann nicht auf Anhieb überzeugen. Düster, brutal, geheimnisvoll und mit einem ungewissen Ziel, hinterlässt er am Ende Fragezeichen. Batman kommt eine Nebenrolle zu, was sich angesichts eines dramatischen Intros wohl bald ändern sollte. Durch die zwei Abschlusskapitel, die von Stevan Subic illustriert wurden, wird die Spannung durchbrochen. Es bleibt abzuwarten, wohin die Reise gehen wird. Das ist nicht schlecht, aber die Figur des Pinguins bleibt eindimensional. Statt sich seines Werdegangs zu widmen, wird der Fokus auf die Anwerbung seiner Crew verlagert. Gut möglich, dass man im zweiten Band für die aufgebrachte Geduld belohnt wird – auch wenn es nicht danach aussieht.

Der Pinguin 1 - Auferstanden von den Toten (Dawn of DC)
Comic
Tom King, Rafael de Latorre, Steven Subic
Panini Comics 2024
ISBN: 978-3-7416-3768-1
182 S., Softcover, deutsch
Preis: 22,00 EUR

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