von Lars Jeske
Wie jedes Jahr, freut sich die kleine Vela, auch in diesem ihren Vater zu besuchen. Nach der langen Kutschfahrt in die große Stadt ist sie endlich wieder in der Werkstatt ihres Vaters, dem königlichen Hofmechaniker. Anders als in den letzten Jahren darf sie bei der Zeremonie, in welcher der mechanische König aufgezogen wird, dieses Jahr sogar hautnah mit dabei sein. Ihr Plan ist es außerdem, nach dieser Zeremonie endlich den Mut zu fassen, ihren Vater zu fragen, ob sie bei ihm in die Lehre gehen darf, was schon seit Jahren ihr Wunschtraum ist.
Aber dann kommt alles anders. Ein riesiger Klippengeier bemächtigt sich während der Zeremonie des Königsschlüssels, wodurch der König nicht wie in jedem Jahr aufgezogen werden kann. Zu allem Überfluss trifft die Härte des Gesetzes auch noch Velas Vater, der für seine Unachtsamkeit zum Tode verurteilt wird, so ihn der König vor Ablauf der Jahresfrist nicht begnadigt. Hier beißt sich die Bürokratie selber in den Schwanz, denn da der König nicht aufgezogen wurde, ist er handlungsunfähig und kann Velas Vater nicht begnadigen.
Aufgrund dieser Idiotie beschließt Vela ihren Vater nicht seinem traurigen Schicksal zu überlassen, sondern würde sich am Liebsten sofort selbst auf die Suche nach dem Königsschlüssel begeben. Zusätzliche Hoffnung auf baldige Freilassung ihres Vaters gibt ihr ein Ritterturnier. Bei diesem wird den Siegern die ehrenvolle Aufgabe übertragen den Schlüssel wiederzubeschaffen, um somit die Ordnung im Land wieder herzustellen. Allerdings bekommt ihre Euphorie alsbald einen Dämpfer, als diese auf die Realität trifft. Vela beschließt nunmehr, sich selber um diese Angelegenheit zu kümmern. Nach anfänglichen Berührungsängsten geht dann eine frisch geschmiedete Allianz aus ganz unterschiedlichen Charakteren mit verschiedenen Beweggründen gemeinsam auf die abenteuerliche Suche.
Während im letzten Buch von Boris Koch „Der Drachenflüsterer“ ein Junge der Protagonist war, schickt sich hier die junge Vela an, das gerade zu biegen, was die Großen verbockt haben. Selbstverständlich bekommt sie Unterstützung, aber dennoch gehört genügend eigener Mut, Willen und Courage dazu, sich überhaupt auf diese abenteuerliche und gefährliche Suche nach dem Königsschlüssel zu begeben.
Es ist eine klassische Fantasy-Geschichte, die Suche nach irgendetwas, indem man die Lande durchstreift und dabei allerlei Gefahren begegnet, neue Freunde trifft und unerwartete Gegnern den Weg kreuzen. Man lernt sich selber, seine Mitreisenden und die Landschaft kennen, um gereift wieder zuhause anzukommen, oder zu scheitern. (Aber da man sich so daran gewöhnt hat, dass immer alles gut wird, wartet man nur auf die Art des Happy Ends.)
Das alles ist jugendgerecht verpackt und spannend geschrieben, um bis zum Ende der knapp 400 Seiten zu fesseln. Bemerkenswert sind auch die Begegnungen mit den Hexen. Vor allem in diesen Charakteren verschwimmen die schematischen Schwarz-Weiß-Ansichten über jedes Wesen auf der Welt, also dass jeder entweder von Grund auf gut oder böse ist. Irgendwie wird man dabei das Gefühl nicht los, dass dies dem richtigen Leben abgeguckt ist.
Ähnlich zu „Der Drachenflüsterer“ (von welchem es am Ende auch noch eine Leseprobe gibt), ist „Der Königsschlüssel“ ein Jugendroman. Die weibliche Protagonistin forciert die Zielgruppe der jungen Leserinnen, aber neben diesen werden auch alle anderen Leser auf ihr Kosten kommen.
Es ist noch wichtig zu erwähnen, dass Boris Koch eine Mitautorin hatte, obwohl Kathleen Weise nicht auf dem Einband mit erwähnt wurde. Der Geschichte merkt man jedoch nicht an, dass sie von mehr als einer Person geschrieben wurde, da diese geradlinig und flüssig ist, sowie einen homogenen Stil aufweist.
Eine weitere Besonderheit sind die in die Geschichte eingearbeiteten Bilder. Deren schräger Stil sorgt für eine Abwechslung, jedoch keine emotionale Erleichterung während des Lesens, da sie mitunter gruselig wirken, um die Stimmung zu unterstreichen.
Auch dieses Hardcover-Buch hat dicke Buchseiten, das heißt der Leser sieht seinen Lesefortschritt deutlich, was sehr gut als Motivationshilfe für Lesemuffel dienen könnte.
Fazit: „Der Königsschlüssel“ ist ein schönes, aufbauendes Buch, vor allem für Mädchen. Jedoch werden auch Jungen und jung gebliebene Leser gern die verständlich geschriebene Geschichte lesen und mit den im Verlauf des Abenteuers einen ans Herz wachsenden Helden bis zum Schluss mitfiebern.
Der Königsschlüssel
Fantasy-Roman
Boris Koch & Kathleen Weise
Heyne 2009
ISBN: 978-3-453-52534-4
394 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 13,00
bei amazon.de bestellen
