Der Hexer von Salem 2: Das schleichende Grauen

Jutn Tach, meen Stippi, hier biste richtich, mittnmang im Spree-Athen! Nimm deene Wörfel, een Zettel un een Stift, un schon jeht’s los! Dufte Brummen erwarten dia, Feez un Flax beim Film – dit kannste mia globen! Auf, lass uns een’n druff machen, uff de Juchtel-Fuchtel jehn! Un keene Muffnsausn vorm Schaudarösn!

von Simon Ofenloch

Berlin, zur Zeit der Weimarer Republik. In der Hauptstadt pulsiert das Leben. Berlin lockt mit Attraktionen, eine besondere ist das florierende Filmgeschäft. Besonders erfolgreich ist der fantastische Film. Werke wie „Das Cabinet des Dr. Caligari“, „Der Golem“ und „Nosferatu“ lehren die Zuschauer in den Lichtspielhäusern das Fürchten. Die Hauptfigur von „Das schleichende Grauen“ steht ganz im Bann des Zelluloids. Ehrgeiz und Naivität haben sie in die Hauptstadt getrieben, um beim Film ihr Glück zu (ver-)suchen.

Einfach ist das nicht, der Weg zum Ruhm weit, mühsam – und irgendwie unheimlich! Eine eigenartige Atmosphäre herrscht auf dem düsteren Filmset der neuen Produktion des unangepassten Schundfilmers Harry Paul Liebwerk, unter dessen Ägide die Hauptfigur einen Job ergattern kann.

Begleitet vom „Hexer“ Robert Craven beginnt die Hauptfigur Nachforschungen anzustellen – und deckt eine Verschwörung grauenhaften Ausmaßes auf! Der Hauptfigur allein kann es gelingen, die „Großen Alten“ aufhalten – und damit liegt das Schicksal der Welt in der Hand jeden einzelnen Lesers!

Denn „Das schleichende Grauen“ ist ein Abenteuer-Spielbuch. In diesem Buch übernimmt der Leser die Rolle des Protagonisten. Seine Entscheidungen während des Spielens/Lesens bestimmen den Fortlauf der Geschichte – und entscheiden über Sieg und Niederlage!

„Das schleichende Grauen“ ist das zweite Abenteuer-Spielbuch, das in und mit der Welt des vom deutschen Fantasy-Großmeister Wolfgang Hohlbein erdachten „Hexer von Salem“ spielt. Die Abenteuer dieser Figur haben mit einer anderen literarischen Größe zu tun, mit Howard Phillips Lovecraft. Und Lovecrafts Zeit, das sind vor allem die 1920er Jahre. Die Roaring Twenties! Dem Autoren-Duo, bestehend aus Bernd Perplies und Christian Humberg, ist ein genialer Coup gelungen. Denn beim Gedanken an die 1920er Jahre ist den beiden wohl bewusst geworden, dass dies eine äußerst spannende Zeit für das Filmgewerbe war. Nicht nur in den USA, sondern auch – und dies in besonderer Weise – in Europa. Und Deutschland war ganz vorne mit dabei. Spannend war das blühende Filmgewerbe, spannend waren die „Erzeugnisse“, vor allem die Stummfilme mit fantastischen Sujets.

In diese aufregende Welt der deutschen Filmindustrie zu Beginn des 20. Jahrhunderts versetzt „Das schleichende Grauen“ den Leser und macht ihn gleich zur Hauptfigur. Das beschriebene Milieu wirkt absolut authentisch und glaubwürdig. Man merkt, dass die Autoren sich mit der Materie auskennen. Darauf deuten auch kleine nette Einfälle wie der Auftritt eines besoffenen, verschrobenen Kauzes namens Max Schreck und die Idee zu einem Film mit dem Titel „Nosferatus Rückkehr“ hin. Auch Erfolgsproduzent Erich Pommer darf nicht fehlen. Dass sich die beiden Autoren auch im Universum des „Hexers von Salem“ und ebenso mit Lovecrafts Vita auskennen, beweisen Erwähnungen und Auftritte von Harry Houdini, Robert Craven und einem mysteriösen hochgewachsenen, hageren Mann mit einem schmalen, beinahe asketisch geschnittenen Gesicht.

Die Story hält einige Wendungen und Überraschungen bereit. Tatsächlich gibt es sogar mehrere unterschiedliche Enden. Total genial! Dies gilt im Übrigen auch für die großartigen Illustrationen von Fufu Frauenwahl.

Fazit: Ein großer Wurf, dieses Abenteuer-Spielbuch! Absolut zu empfehlen.


Der Hexer von Salem 2: Das schleichende Grauen
Abenteuer-Spielbuch
Christian Humberg, Bernd Perplies
Pegasus 2008
ISBN: 978-3-93979-474-5
272 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 8,95

bei amazon.de bestellen