von Lars Jeske
Ein Mörder geht um in der Stadt Nophelet. An sich nichts Besonderes, doch auch für den verruchten Stadtteil Foggats Pfuhl sind fünf Morde an Elbenjünglingen in kürzester Zeit Besorgnis erregend. Erst Recht, da die Morde im Elendsviertel der Stadt außergewöhnlich sind. Allen Opfern wurde das gesamte Blut geraubt – mit Hilfe illegal eingesetzter Magie. Selbst der Königshof wird nervös und entzieht den Fall der anscheinend unfähigen Stadtwache. Auftritt: IAIT. Das „Institut für angewandte investigative Thaumaturgie“ schickt dann auch nicht irgendwen, sondern sein bestes Ermittlerduo: Meister Hippolit und seinen Assistenten Jorge. Ersterer besticht durch seinen Intellekt, während der Troll Jorge so urig ist, wie man es von einem Troll nur erwarten kann, und eher auf schlagkräftige Argumente und Trollsprichwörter setzt – so er nicht gerade dem Alkohol zuspricht oder beiden Arten der Fleischeslust erliegt. Mit unorthodoxen Methoden gilt es dem ungleichen Paar einen Täter zu finden, der nicht zuletzt dank des Buchcovers und Settings stark an Jack the Ripper erinnert.
Jens Lossau und Jens Schumacher entwerfen bei ihrem ersten gemeinsamen Ausflug in das Genre der Fantasy eine neue Welt rund um das Königreich Sdoom. Anfänglich ist die bewusste Abgrenzung von allem Bekannten für den Lesefluss eher hinderlich, werden doch neben ungewöhnlichen Namen auch neue Begrifflichkeiten für althergebrachte Dinge eingeführt. Eine unnötige Verkomplizierung. Dadurch besteht jedoch auch definitiv Potenzial für weitere Geschichten, da noch nicht einmal alle Worte und Zusammenhänge erklärt werden. Kurzum: Das Thema so anzugehen ist bei Weitem nicht neu, jedoch wandelt man als Leser sicher gern auf lange nicht mehr betretenen Pfaden.
Spätestens mit der Einführung der beiden Protagonisten wird einem zudem klar, dass es neben der klassischen Spielart auch die der humorvollen Fantasy gibt. Was Terry Pratchett perfekt kann, setzt das deutsche Autorenduo routiniert um. Lustige Szenen wechseln sich mit spannenden, derben oder einfach nur skurrilen Situationen während der Ermittlungen ab – immer wieder gern von Abschweifungen unterbrochen, um dem Leser die Hintergründe näher zu bringen und besser ins Geschehen einzubinden. Dabei ist allein schon die Geschichte rund um den jetzigen Zustand von Meister Hippolit herrlich originell.
Als Bestiarium wird auf die gewöhnlichen Fantasy-Rassen und -Klassen zurückgegriffen, welche sich auch nahezu arttypisch verhalten. Einzig die Mordopfer, welche den Elben angehören, bilden eine kuriose Ausnahme. Die Blütezeit der stolzen und überlegenen Rasse ist vorbei, sodass man als Elbenjüngling sehen muss, wo man bleibt. Notfalls eben auch wie in Nophelet mit Oberlippenbärtchen auf dem Straßenstrich.
Fazit: Kurzweilige Ermittlungen des neuen Traumduos Hippolt & Jorge in einer Fantasy-Welt. Ein gekonnter Mix aus Jack the Ripper, CSI und Terry Pratchett. Streckenweise geht es in „Der Elbenschlächter“ jedoch recht derb zu, während Terry Pratchett auch für Kinder geeignet ist. Wen das nicht abschreckt, dem beschert das Buch ein ungetrübtes und kurzweiliges Lesevergnügen eines Krimis im Fantasy-Setting (wieso auch immer der Verlag es als Fantasy Thriller betitelte). – Um es wie Meister Hippolit zu sagen: „Der Elbenschlächter“-Roman ist quintessenziell.
Anmerkung: Bei den Trollen gibt es ein Sprichwort: „Für ein Krügerschwein mach’ ich Überstunden.“ Ergo erscheint mit „Der Orksammler“ der nächste Kriminalfall des IAIT schon im Oktober 2010 bei LYX.
Der Elbenschlächter
Fantasy-Roman
Jens Lossau & Jens Schumacher
Egmont-LYX 2010
ISBN: 978-3-8025-8257-8
316 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,95
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