Der Düsterkrallenwald

Der verschlafene Ort Eichenblattstadt ist die Heimat der Halblinge. Das Idyll wir jäh getrübt, als Bewohner anfangen, sich wegen Nichtigkeiten an die Gurgel zu gehen. Schnell gibt es die ersten Morde und auch vor Untoten ist man rund um den Düsterkrallenwald nicht mehr gefeit. Aber wer soll den Halblingen helfen, all dem auf den Grund zu gehen, wenn sie es nicht selber tun?

von Lars Jeske

In „Der Düsterkrallenwald“, dem neuesten Werk von Stephan Russbült, fühlt man sich sofort zu Hause. Das beschriebene Szenario in seinem nunmehr sechsten Roman ist schlüssig und hat eine tolle Hintergrundgeschichte. Zudem denkt man unweigerlich an „Der Herr der Ringe“ oder hier sogar „Der Hobbit“. Und das ist per se ja schon einmal nicht das Schlechteste.

Nahe dem titelgebenden Wald gibt es das geheime und von der Welt versteckte, friedliche Dorf Eichenblattstadt der Halblinge. Über diesem bricht jedoch der Lauf der Welt hereinbricht. Um den Ursprung des Unheils zu finden und den letzten Wunsch des sterbenden Meisters Gindawell zu erfüllen, ziehen die verwegenen Lausbuben Milo und Bonne los. Neben diesen Varianten von Merry und Pippin gilt es weitere gut beschriebene Protagonisten, die die 553 Seiten mit Leben füllen. Oda, Nelf und Tislo sind Kleinkriminelle Halblinge, die sich mit den falschen Zwergen angelegt haben. Der Söldner Dorn und die geheimnisvolle Senetha durchstreifen das Land mit ihrer eigenen Mission. Und dann gibt es noch Rubinia, die Eichenblattstadt den Rücken kehrte und sich beim Zauberer Meister Othman als Haushälterin verdingt. All deren Schicksale werden sich überschneiden und jeder muss über sich selbst hinauswachsen. Der Wanderer hingegen wird sofort als wichtiger Antagonist in Szene gesetzt. Grausam, erbarmungslos und heillos überlegen hat man aufgrund des Konfliktpotenzials mit den anderen Charakteren schnell Angst um deren Leben.

Stilistisch ist der Roman rund geworden. Beginnend mit „Vier Schicksale“ werden in diesem Prolog die vier Gruppen der Hauptcharaktere kurz angerissen und ein Einblick in die jeweilige aktuelle Situation gegeben. Nachfolgend gibt die Kapitelüberschrift an, um wen es gerade geht. Dies hilft vor allem am Anfang, um die Übersicht zu behalten. Der Grund des Konfliktes und die unterschiedliche Auslegung der Götter sowie ihrer Zuständigkeiten für die verschiedenen Rassen und der blinde Fanatismus lassen einen allzu leicht Parallelen zur realen Welt mit den diversen Religionen ziehen. Es gibt Rebellionen, Aufstände, Untote und jede Menge aufgestachelte, kampfwillige Grünblüter. Es geht jedoch eher um das Herumreisen und die Suche nach Antworten, als Kampfgemetzel. Der Schrecken dräut im Hintergrund. Die Story unterdessen ist zudem allenthalben in sich schlüssig und wird auch zufriedenstellend aufgelöst. Optional gibt es sogar die Chance auf eine Fortsetzung einer Geschichte in dieser Welt. Apropos: Durch das ähnliche Setting in der Oger-Trilogie mit dem Land Nelbor oder der Baazlabeth-Duologie wäre sogar eine Verknüpfung der Szenerien möglich.

Missmut überkommt den Leser lediglich aufgrund der Rechtschreibung. Wenige automatische Wortersetzungsreingrätschungen sind ja gegebenenfalls zu verzeihen, da dies die eingestellte Korrektur automatisch macht, und hier war es auch lustig. Der Name „Koster“ wurde auf mehreren Seiten zu „Kosten“, was für diesen Händler keine große Bedeutungsverschiebung ist. Beim Korrekturlesen übersehen, kann schon mal passieren. Doch gewöhnliche Tippfehler sind leider auch eine Handvoll mit dabei. Diese fallen zwar nicht so sehr ins Gewicht, als dass der Lesefluss gestört werden würde, bemerkenswert viele, um negativ aufzufallen, sind es jedoch.

Fazit: Stephan Russbült ist mit „Der Düsterkrallenwald“ erneut ein Werk gelungen, welches man gern zur Hand nimmt und das sich schnell wegliest. Die Charaktere sind glaubwürdig und agieren in einer typisch angelegten, fantastischen Welt. Gerade die Entstehungsgeschichte von Eichenblattstadt und der verwendete mythologische Kern für die Götterwelt stärken den Weltenhintergrund. Die Story ist schlüssig und trumpft  sogar mit mehreren unerwarteten Wendungen auf, die den Leser noch mehr dazu verleiten, schnell weiterzulesen. In dieser Klasse: gern mehr davon.


Der Düsterkrallenwald
Fantasy-Roman
Stephan Russbült
Bastei Lübbe 2013
ISBN: 978-3-404-20743-5
553 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,00

bei amazon.de bestellen