Der brennende Mann & Der Holzjunge

Zwei fantastische Welten, zwei fantastische Autoren, zwei Geschichten und ein Buch zum Anfüttern. Wer die Welten Osten Ard und Midkemia noch nicht kennt, sollte vielleicht einen Blick in diesen Comic werfen. Gute Zeichnungen und Stimmung gibt es inklusive.

von Kai Melhorn

 

Mit Tad Williams und Raymond E. Feist sind zwei derzeit überaus beliebte Schriftsteller in diesem Buch zusammengefasst worden. Die Kurzgeschichten „Der brennende Mann“ und „Der Holzjunge“ bieten einen kurzen Einblick in die Welten, die die beiden Autoren in den letzten Jahren und Jahrzehnten erschaffen haben.

1982 wurde der erste Roman von Feist veröffentlicht, der in der Welt Midkemia spielt. Seitdem wurden 23 weitere Romane geschrieben, die sich alle nur um diese Welt und ihre Helden drehen. Dabei kann man von einer kontinuierlichen Entwicklung sprechen, denn die Romane erscheinen nahezu jährlich. Der neueste Roman „Wrath of the Mad God“ ist erst jetzt, im März 2008, als englisches Hardcover erschienen und noch nicht ins Deutsche übersetzt.

Zu der Reihe sei allerdings angemerkt, dass nicht alle Romane von Feist selbst geschrieben wurden. Die Reihe „Die Legenden von Midkemia“ wurde zwar von ihm erdacht und am Schluss auch korrigiert, geschrieben wurden sie jedoch von anderen Autoren. Weiterhin gab es noch „Die Kelewan Saga“, die von ihm gemeinsam mit der Autorin Janny Wurts verfasst wurde, und eine Reihe namens „Die Krondor Saga“, in der er die Handlung zweier Computerspiele erzählt, die in Midkemia spielen.

Die ersten Bücher, die in den 1980er Jahren geschrieben wurden, erzählen die Geschichte des ersten Spaltkrieges. Dabei liegt das Augenmerk auf dem Kontinent Triagia und dem Planeten Kelewan. Diese beiden Welten sind durch einen Spalt verbunden, der von der Rasse der Tsurani eigens geöffnet wurde, um eine Invasion auf Midkemia zu starten. In dieser Zeit lebt auch der Junge Dirk, der mit ansehen muss, wie sein Dorf von den Tsurani eingenommen und entwaffnet wird. Als Diener des ansässigen Lords wird er nun auch der Diener der Invasoren und bringt ihnen Holz für ihre Feuer. Er wird der Holzjunge.

Die Geschichte ist kurzweilig und schön erzählt. Der Comic gibt einen sehr kurzen Einblick in die epische Welt, die Feist in all den Jahren geschaffen hat, und basiert auf einer Kurzgeschichte, die in einer Sammlung namens „Legends“ (dt. „Der 7. Schrein“) im Jahre 1998 erschien. Die sehr farbenfrohen und dynamisch wirkenden Zeichnungen runden die Umsetzung der Geschichte ab und machen sie zu einer anregenden Lektüre für Zwischendurch. Bedauerlicherweise liegt mir die ursprüngliche Kurzgeschichte nicht vor, weshalb ein direkter Vergleich zwischen der Kurzgeschichte und der Comic-Umsetzung leider nicht möglich ist.

Tad Williams hat sich mit seinen beiden Reihen „Otherland“ und „Osten Ard“ mit Sicherheit seinen Platz in den Analen der Fantasy/SF Geschichte verdient. Selbst ein Vergleich mit Tolkien wird hin und wieder angestellt, wobei sich hierüber sicher jeder interessierte Leser sein eigenes Bild machen sollte. Eines steht jedoch fest: Seine beiden Tetralogien sind gewaltig. Mit etwa 3500 Seiten ist die Saga von Osten Ard zumindest noch ein ganzes Stück umfangreicher als „Der Herr der Ringe“. Der vierbändige Epos „Otherland“, der nicht in einer fantastischen, mittelalterlich wirkenden Welt spielt, sondern eine Zukunftsvision darstellt, ist sogar noch etwas umfangreicher. Doch nun zu der eigentlichen Geschichte.

Auch diese Comic-Umsetzung beruht auf einer Kurzgeschichte, die lose mit dem eigentlichen Roman verknüpft ist. Jahre nach den Handlungen in Osten Ard nimmt ein Edelmann im Exil die Ruinen der Burg Hochhorst in Besitz. Er nimmt sich dort eine Frau und lässt ihre Tochter ebenfalls bei ihm wohnen. Diese Tochter namens Breda ist die Protagonistin dieser Geschichte, und es wird ausschließlich aus ihrer Perspektive erzählt. Eher wie ein mittelalterliches Familiendrama, denn eine Fantasiegeschichte, wird eindrucksvoll das Leid und die Einsamkeit eines Herrschers und seiner Stieftochter erzählt, wobei überall ein wenig Magie im Raum schwingt. Erst in der zweiten Hälfte kommt jedoch die wahre Magie ans Tageslicht und damit auch die wahre Dramatik.

Insgesamt wurde hier ein wenig mehr Wert auf den Text und die Stimmungen gelegt, die diese Geschichte kennzeichnen. Die Zeichnungen gefallen mir nicht ganz so gut, wie die, beim „Holzjungen“. Die Hauptperson Breda hat einfach zu oft denselben Gesichtsausdruck und sollte dies ein stilistisches Mittel sein, um die Eintönigkeit wiederzugeben, dann hätte ich lieber ein paar weniger knallige Farben gewählt. Aber um nicht missverstanden zu werden: Ich finde die Zeichnungen und die Kolorierung immer noch sehr gut.

Fazit: Die beiden Geschichten wurden exzellent ausgewählt und umgesetzt. Auch wenn aufgrund dieses schmalen Einblicks in die Welten von Feist und Williams keine Rückschlüsse auf die Qualität der umfangreichen Romanwerke gezogen werden können, und ich nicht einmal entscheiden könnte, ob mir die eine Welt mehr zusagt, als die andere, so kann ich aber mit Bestimmtheit sagen, dass dieser Comic durchaus Lust macht, Midkemia und Osten Ard einmal literarisch zu bereisen.


Der brennende Mann & Der Holzjunge
Comic
T. Williams & R. E. Feist
Panini Comics 2008
ISBN: 978-3-86607-483-5
120 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

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