Demon Days – Mutanten, Monster und Magie

Ein japanische Schwertmeisterin umfasst entschlossen den Griff ihres Schwertes. Die lilafarbenen Blüten akzentuieren ihre langen Haare und ihre Lippen. Im Hintergrund türmen sich Berge auf, an deren Spitze eine Schattengestalt lauert. Und die Wolken ziehen vorbei. Peach Momoko lädt zu einer Reise ins Zauberland ein …

von Daniel Pabst

Peach Momoko hatte wohl spätestens mit der „New York Comic Con 2022“ ihren Durchbruch bei den Comic-Fans. Doch schon 2021 wurde sie mit dem „Eisner Award for Best Cover Artist“ gewürdigt. Wer zum Beispiel die – bei Panini Comics erschienene – Ausgabe von „Buffy – the Vampire Slayer 5: Das böseste Böse“ besitzt, der sieht darin eines der prämierten Cover von Peach Momoko (Cover für „Buffy – the Vampire Slayer“ Nr.19). Dass sie sich nicht nur mit der Covergestaltung bestens auskennt, hat sie nun mit „Demon Days“ gezeigt, eine Serie, die von Mai 2021 bis Februar 2022 erschienen ist. Der vorliegende Band kommt im handlichen Format eines amerikanischen Taschenbuchs (ca.15x23cm) daher. Das Besondere an der Neuerscheinung ist jedoch, dass die Charaktere von Momoko zwar zum Großteil aus dem Marvel-Universum stammen – es sie aber ins alte Japan verschlagen hat!  

Die Frau im Fokus des Covers ist daher niemand anderes als Marvels Mutantin Psylocke. In „Demon Days“ lautet ihr Name allerdings Sai. Die Legende rund um die lilahaarige Schwertkämpferin und einen Dämon namens Hulkmaru (wer könnte wohl damit gemeint sein?) machen den Anfang von „Demon Days“. Nach dieser „Geschichte vom Berg Kirisaki“ folgt eine vierteilige Geschichte mit dem Titel: „Die Yashida-Saga“. In dieser Saga dreht sich alles um die eigentliche Heldin des Comics. Die Waise, Mariko Yashida, wird von ihrer Großmutter in einem japanischen Bergdorf großgezogen. Ihr Schicksal fordert von ihr, dass sie sich auf eine Reise zum entlegenen Berg Kirisaki macht. Auch ihre Reise beginnt dabei mit dem ersten Schritt …

Marikos Expedition ist aber mehr als eine Reise. Sie ist eine Bewältigung ihrer Vergangenheit und eine Suche nach ihrem eigenen Platz in der Gesellschaft. Genau wie Mariko, die ehemalige Geliebte Wolverines, weichen viele der auftauchenden Marvel-Figuren stark von ihren Gegenparts im Marvel-Kanon ab – was sich durch viel Magie erklären lässt. Der Alliteration im Untertitel dieses Comics „Mutanten, Monster und Magie“ wird also entsprechend Folge geleistet. Wie viele Mutanten der X-Men haben ihren Platz im idyllischen Bergland gefunden? Wer ist die weibliche Bekanntschaft und Weggefährtin Marikos mit der großen Liebe für Spinnen? Wer steckt hinter Frau Kuroki, der netten und attraktiven Haushälterin mit roten langen Haaren und einer schwarzen Haarspange, die wie eine Sanduhr aussieht?

Statt wie gewohnt Superhelden zu sein, wurden die Mutanten zu japanischen Wesen verschiedener Arten. Ob als Kami (Götter), Yokai (Monster) oder Oni (Dämonen) – jedes Mal ist unklar, ob sie für die junge Protagonistin als Freunde oder Feinde auftreten werden. Dies macht die Reise für die Leserinnen und Leser ebenfalls zum Abenteuer. Begleitet wird sowohl Sai als auch Mariko übrigens von einem Wolf namens Logan … Wer also vom Marvel-Universum keine Ahnung hat, der wird übersehen, welche Figuren extra für diesen Comic geschaffen worden sind und welche es bereits seit Jahrzehnten im Marvel Comic-Universum gibt.

Peach Momoko hat mit „Demon Days“ die Heldengeschichten des Marvel Universums in ihrem eigenen Stil interpretiert, welcher von der japanischen Mythologie beeinflusst ist. Die Monster gleichen den Yokai und die Erzählung könnte gut einem Manga oder animierten Studio Ghibli-Film entsprungen sein könnten. Somit ist ihre Darstellungsform das bewusste Gegenteil von dem, was man von amerikanischen Comics kennt. Das beginnt bei den gezeichneten Dämonen, die alter japanischer Kunst ähneln, wie beispielsweise des Werks des Japaners Kuriyoshi mit dem Titel: „Kaiserlicher Leibwächter, der mit einem Dämon kämpft“ (1825), und setzt sich bei den Naturzeichnungen, insbesondere von Bergen und Wäldern, den Kleidungen und den Gesichtszügen fort.

Die am Ende enthaltenen Variant-Covers sind vorbildlich je auf einer Seite abgedruckt worden. Dabei stammt eines auch von Kaare Andrews, der mit „Amazing Fantasy“ in diesem Jahr Marvels Helden auf ganz andere Art künstlerisch neu interpretieren durfte. Am besten verschafft man sich selbst einmal ein Bild von Momokos Ansatz und erfährt so, warum sie so viele Menschen auf der „New York Comic Con 2022“ begeistern konnte. Sehr gut möglich ist, dass es auch für die Leserinnen und Leser der von Panini Comics ins Deutsche übersetzten Ausgabe bald weitere Geschichten der japanischen Art geben wird. Denn die Veröffentlichung des Titels „Demon Wars“ steht bei Marvel Comics bereits in den Startlöchern!

Leseprobe

Fazit: Wer Marvel-Charaktere und japanische Mythologie mag, dem wird diese fantastische Erzählung sehr gefallen. Die Lieblingsfiguren haben einen neuen Look bekommen. Was möchte man mehr? Alle anderen erhalten durch die Leseprobe einen kleinen Einblick dahingehend, ob ihnen die japanischen Kunst und Mythologie zusagen. Die Handlung von Peach Momoko allein ist nichts spektakuläres; vielmehr sind es die vielen (weiblichen) Charaktere, die durch diese Neuinterpretation sehr schön in Szene gesetzt worden sind.

Demon Days – Mutanten, Monster und Magie
Comic
Peach Momoko
Panini Comics 2022
ISBN: 978-3-7416-2920-4
172 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 17,00

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