Demetria

„Perry Rhodan Action“ sollte die Spin-Off-Reihe für Neuleser sein, eine Heftromanreihe mit Kleinzyklen von jeweils 12 Bänden, die in den wilden Jahren des Vereinigten Imperiums, so um das Jahr 2166 n. Chr., spielte – als die Welt des unsterblichen Raumfahrers noch vergleichsweise klein und überschaubar war. Der erste Zyklus, genannt „Demetria“, erschien von April bis September 2008, einen Monat später kam das Quellenbuch zum „Perry Rhodan“-Rollenspiel heraus. (Die Serie wird leider im August bereits wieder enden.)

von Frank Stein

 

Manch einer mag die Veröffentlichungspolitik des VF&SF bezüglich des „Perry Rhodan“-Rollenspiels als seltsam empfinden. Nach dem Grundregelwerk, einem „Setting“ (der Raumstation „Die BASIS“) sowie einem vierbändigen Abenteuerzyklus kommt nicht etwa ein Völkerband, ein Band zur Raumfahrt oder ein Technikhandbuch heraus, sondern ein Quellenbuch zu einem Heftromanzyklus. An sich ist das natürlich clever gedacht. Cross-Marketing nennt man so etwas. Aber wie viel Spielwert hat ein Buch, das in einer völlig anderen Epoche angesiedelt ist als alle bisherigen Publikationen? Mal einen Blick hineinwerfen ...

Der Band erscheint in etwa in dem Format, den auch die Abenteuer hatten, also als Softcover mit 108 Seiten. Das schicke Cover mit angreifenden Raumtruppen stammt von Dirk Schulz und ist einem Titelbild von „Perry Rhodan Action #3“ entnommen. Das Innenlayout wirkt sehr aufgeräumt, Illustrationen sind selten und haben (abgesehen von den zwei Beiträgen von FuFu Frauenwahl) eher das Niveau von Fan-Zeichnungen. Dafür befinden sich ein paar hübsche Übersichtskarten zur Milchstraße, dem Demetria-Sternhaufen und der Kolonie Trafalgar an passender Stelle. Sehr schön sind auch die kleinen Textkästen, die besondere, thematisch passende Informationsschnipsel neben dem Fließtext präsentieren.

Seinen tatsächlichen Wert enthüllt das Buch, sobald man zu lesen beginnt. Viele Rollenspiel-Quellenbücher zeichnen sich ja dadurch aus, dass sie ihren Inhalt mehr oder weniger redselig an den Mann bringen, um dadurch Seiten zu schinden (vor allem White-Wolf-Produkte sind diesbezüglich berüchtigt). Der vorliegende Band allerdings ist von der ersten bis zur letzten Seite randvoll mit Informationen, wobei der Stil mitunter so sparsam ist, dass man das Gefühl hat, man würde ein stichpunktartiges Exposé lesen (das betrifft vor allem die Seiten, auf denen die Raumschiffe der 2160er vorgestellt werden).

Die Macher des Buches konnten auf alle offiziellen Notizen, Exposés und Romane der „Perry Rhodan“-Redaktion zurückgreifen, und entsprechend detailliert, manchmal sogar etwas überdetailliert fällt das Beschriebene aus (ich denke da an die Nasenform von NSCs, die ich als Spielleiter nun nicht unbedingt gebraucht hätte und die mit Sicherheit der Autorenbibel der Heftromane entnommen wurde). Für Fans genauer Fakten ist das Ganze jedoch ein Leckerbissen, denn zwischen Beschleunigungswerten der Raumschiffe in km/sec², Planetenkoordinaten in drei Dimensionen bis zu zwei Stellen hinter dem Komma und den exakten Körpermaßen jeder „Person von Interesse“ lässt dieses Buch kaum Wünsche übrig.

Der Aufbau bewegt sich vom Großen zum Kleinen. Nach ein paar allgemeinen Informationen zum Gesicht der Milchstraße im Jahr 2166 folgen Informationen zum Vereinten Imperium der Menschheit und der Arkoniden. Dabei gibt sich das Buch hier nicht mit ein paar Allgemeinplätzen zufrieden, sondern beleuchtet erstaunlich genau Dinge wie die vorherrschende Staatsform und das Militär. Danach erfolgt der Sprung in den Demetria-Sternhaufen, den Schauplatz des 12-bändigen Heftromanzyklus’. Nach einigen astronomischen und historischen Informationen widmen sich zwei Kapitel den Welten und den Völkern dieses Fleckens der Galaxis.

„Personen von Interesse“ beschreibt anschließend auf 26 Seiten sage und schreibe zwanzig wichtige Protagonisten der ersten Staffel von „Perry Rhodan Action“. Dazu zählen sowohl im Demetria-Sternhaufen einheimische Gestalten als auch Big Player wie Gucky und Perry Rhodan sowie Mutanten wie Wuriu Sengu und Iwan Iwanowitsch Goratschin, die in den frühen Jahren der „Perry Rhodan“-Heftromanreihe wichtige Nebenfiguren waren. Das letzte Kapitel widmet sich den Technologien der so genannten Regenten, der Antagonisten der Terraner und Arkoniden innerhalb der Geschichte.

Fazit: Ohne zu Übertreiben, lässt sich wirklich sagen, dass diese 108 Seiten Quellenbuch ihr Geld wirklich wert sind. Eine Unmenge an spielwerten Informationen wurde hier verarbeitet. Und alles davon offiziell von der „Perry Rhodan“-Redaktion abgesegnet! Zwei grundlegende Probleme bestehen jedoch: Zahlreiche Informationen setzten implizit die Kenntnis des „Demetria“-Zyklus voraus. Diesen sollte man als Spielleiter tunlichst gelesen haben, wenn man im Demetria-Sternhaufen Abenteuer ansiedeln möchte (den Zyklus gibt es mittlerweile praktischerweise als Taschenbuch-Trilogie). Der zweite Haken besteht in der zeitlichen Einordnung. Dadurch, dass das hier beschriebene Setting im Jahr 2166 n. Chr. angesiedelt ist und nicht 1332 NGZ, wie der Rest des Rollenspiels, ist es nicht wirklich für bestehende Spielgruppen geeignet, sondern nur für neue Runden interessant.


Demetria
Quellenbuch
Alexander A. Huiskes, Rainer Nagel
VF&SF (edition DORIFER) 2008
ISBN: 978-3-924714-89-5
108 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 16,95

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