Neil Gaiman machte auf sich aufmerksam, als er zusammen mit Terry Pratchett „Ein gutes Omen“ veröffentlichte, und erschrieb sich sein internationales Renommee mit den Comic-Bänden der Reihe „Sandmann“, sowie dem Roman „American Gods“. Sein neuester Coup „The Graveyard-Book“ erhielt den Kinderbuchpreis Newbery Medal 2009. Fast zeitgleich zur Veröffentlichung der deutschen Ausgabe brachte der Hörverlag die Lesung dieses Buches auf den Markt. Auf 5 CDs verlebt man zusammen mit dem Protagonisten Bod dessen Jugend, welche so ganz anders als die von normalen Kindern ist. Oder eben nicht.

Die Geschichte startet gleich mit einer Actionsequenz. Ohne die nähere Angabe von Gründen wird die Familie eines kleinen Jungen umgebracht. Mit gerade einmal 18 Monaten gelingt es dem Jungen aufgrund einer glücklichen Fügung jedoch auf den nahe gelegenen Friedhof zu entkommen, wodurch er dem Täter namens Jack entkommt. Dort wird er von zwei Geistern quasi adoptiert und verbringt seine Jugend als deren Kind, Nobody „Bod“ Owens.

In dieser ungewöhnlichen Szenerie erlebt der Junge dann seine Jugend, an der wir in Auszügen teilnehmen können. In den acht Kapiteln der Geschichte gilt es für ihn mit den Tücken seines Alltages zurecht zu kommen, aber auch die Konfrontation mit der anderen Welt außerhalb des Friedhofs bleibt nicht aus. Außerdem wurde der geheimnisvolle Mörder seiner Familie nie gefasst, wodurch einer erneuten Begegnung nichts im Wege steht, da die alte Rechnung noch nicht beglichen ist.

Wenn man es als Kinder- oder Jugendbuch auffasst, besticht das Buch durch die Mischung aus Grusel- und Spannungsmomenten mit kindgerechten, fantastischen Motiven. Selbst der blutrünstig anmutende Anfang kann bedenkenlos Kindern überantwortet werden, ohne diesen dadurch Albträume zu bescheren. Ist es doch sowohl kindgerecht geschrieben, als auch handlungsnotwendig.

Auch für die erwachsene Leserschaft, der die Ähnlichkeiten zum Klassiker „Das Dschungelbuch“ nicht entgehen dürfte, ist das Buch interessant. Gut gewählte Stilmittel und übertragbare Motive in Begebenheiten der eigenen Adoleszenz tragen ihren Teil dazu bei, dass man der Geschichte bereitwillig folgt und sie als mehr als „nur ein Jugendbuch“ annimmt. In den jeweils abgeschlossenen Kapiteln des Buches entwickelt sich Bod immer weiter und wird langsam erwachsen, natürlich nicht, ohne die typischen Fehler eines Heranwachsenden zu begehen. Trotz dieser relativ strengen Trennung zerfällt der Roman nicht in Kurzgeschichten, da die Hauptthemen und einige Handlungsstränge das gesamte Werk durchziehen.

Nachdem nunmehr kein Zweifel an der Güte der Geschichte besteht, bleibt deren Bewertung in der vorliegenden Hörbuchfassung. Auf 5 CDs bringt einem Jens Wawrczeck die Geschichte in leicht gekürzter Forum in fast fünfeinhalb Stunden zu Gehör. Jeweils zu den Kapitelanfängen wird kurz Musik eingespielt, ansonsten ist es allein die Stimme des Sprechers, welche die Geschichte vermittelt.

In guter Manier verleiht der bekannte Sprecher von „Die drei ???“ allen Figuren einen eigenen Charakter. Neben dem Protagonisten Bod sind vor allem die Interpretationen dessen Mentors Silas und seiner Lehrerin Miss Lupescu mit all ihren Eigenheiten gut gelungen. Das Böse in Form des Mannes namens Jack wirkt bedrohlich und auch Bods Begegnungen auf dem Friedhof sind atmosphärisch spannend aufgeladen. Dem Sprecher gelingt es dadurch, die Lesung fast schon wie ein Hörspiel wirken zu lassen.

Fazit: „Das Graveyard-Buch“ ist die gelungene Umsetzung eines interessanten Buches, bei welcher der (unsinnigerweise nur halb übersetzte) Titel einen nicht abschrecken sollte. Ein hörenswertes Buch, welches vor allem die Liebhaber von düsteren Fantasy-Elementen der Kategorie Geister, Vampire und Ghule, die um einen Friedhof herum agieren, ansprechen will und wird. Egal welchen Alters.