Zu den herausragenden Werken des Autors Tad Williams gehört neben den Reihen „Otherland“ und „Shadowmarch“ die Geschichte um die Großen Schwerter, die in vier Bänden auf über 3500 Seiten erzählt wird. „Der Drachenbeinthron“ ist der Anfang dieser Geschichte und wurde 1991 auf deutsch veröffentlicht. Der letzte Band erschien 1997. Während die amerikanische Originalausgabe drei Romane umfasst, wurde bei der deutschen Ausgabe der letzte Band aufgrund des enormen Umfangs in zwei Teile aufgeteilt. Nachdem die Reihe lange Zeit vergriffen war, erschien 2010 eine hochwertig gebundene Neuauflage bei Klett-Cotta.

Auf dem Schutzumschlag ist Simon vor dem Thron abgebildet, den Hochkönig Johan aus den Knochen des Feuerdrachens Shurukai fertigen ließ. Warum ein lebendiger Drache vor dem Thron liegt, ist rätselhaft. Im Roman wird diese Szene nicht beschrieben. Die Geschichte wird durch eine Karte von Osten Ard und einen Anhang ergänzt, der Personen, Orte und Begriffe umfasst.

Die Geschichte beginnt mit Simon, der als Küchenjunge auf dem Hochhorst arbeitet. Zum Leidwesen der Kammerfrauen, die ihn aufgezogen haben, ist Simon ein Tagträumer und Faulpelz, der jede Ecke und jeden Gang in der Burg kennt. Er lauscht gebannt den Erzählungen des Gelehrten Doktor Morgenes über die Geschichte und die Völker des Kontinents Osten Ard. Vor allem die Sithi, die den Elben Tolkiens ähnlich sind, faszinieren ihn. Der Hochhorst, Sitz des Hochkönigs von Erkynland, war einst die Hauptstadt der Sithi, bevor sie von den Rimmersgardern, grimmigen Nordmännern, besiegt wurden. Die Sithi gerieten in Vergessenheit und wurden zur Legende.

Der alte Hochkönig Johan stirbt und sein ältester Sohn Elias tritt die Herrschaft über Erkynland an, das größte Reich des Kontinents. Elias verlässt sich auf zweifelhafte Ratgeber wie den finsteren Priester Pryrates und regiert mit harter Hand. Zu allem Unglück verschwindet Elias’ Bruder Josua, und die Untertanen werden von der Pest, einer langen Dürre und Räubern heimgesucht. Simon entdeckt den gefangenen Josua, als er Pryrates durch die Gänge der Burg folgt. Gemeinsam mit seinem Lehrmeister Doktor Morgenes befreit der Junge den Prinzen und verhilft ihm zur Flucht. Doch Simon muss bald selbst vor dem Priester fliehen.

Simon begibt sich auf die Reise zur Festung Naglimund, dem Sitz von Prinz Josua. Er wird Zeuge, wie König Elias einen Pakt mit einer bösen Macht eingeht, befreit einen Sitha aus einer Falle und begegnet Binabik. Der Jäger vom kleinwüchsigen Volk der Trolle hilft Simon und begleitet ihn nach Norden. Unterwegs treffen sie auf weitere Verbündete, die die Vorzeichen des Bösen spüren, und Simons Verfolger sind nicht fern. Der Sturmkönig streckt seine eisige Hand aus, und die unheimlichen Nornen rüsten zum Krieg.

Die Geschichte wird abwechslungsreich und spannend erzählt, da Tad Williams aus der Sicht verschiedener Personen schreibt. Williams große Kunst ist die Darstellung der Personen, die vor dem Auge des Lesers zum Leben erwachen.

Fazit: Wer die ersten einhundert Seiten, die vor allem Simons Leben auf dem Hochhorst beschreiben, überwunden hat, wird im Folgenden von der Handlung rasch gepackt und in eine phantastische Welt mitgerissen. Tad Williams verwebt verschiedene Handlungsstränge zu einer außergewöhnlichen Geschichte, die einem großen Spannungsbogen folgt. Er beschreibt detailverliebt die Personen, Länder und Kulturen von Osten Ard. Obwohl in manchen Teilen etwas langatmig und ausschweifend, ist „Der Drachenbeinthron“ ein herausragendes Werk und eine Pflichtlektüre für alle Fantasy-Fans.