Dämonenzeit

Der Kriegerdämon Baazlabeth bleibt nach erfülltem Auftrag freiwillig in Brisenburg. Schließlich hat er die Gelegenheit, nun eine epische Prophezeiung zu erfüllen. Die sieben Tugenden stellen sich auf dem Schlachtfeld den von ihm angeführten sieben Sünden. Der Gewinner kann diese Welt seinem Gott zu Füßen legen und Baazlabeth hat schon eine genaue Vorstellung davon, wie das Gemetzel entschieden wird.

von Lars Jeske

 

Mit „Dämonenzeit“ legt Stephan Russbült die notwendige Fortsetzung zu „Dämonengold“ nach. Die Geschichte um den Dämonen Baazlabeth geht nach dem Cliffhanger ansatzlos weiter, dennoch ist es nicht zwingend nötig auch „Dämonenzeit“ gelesen zu haben. Die bisherige Handlung wird allenthalben gut zusammengefasst immer wieder an den notwendigen Stellen mit eingestreut, sodass auch Neuleser mitkommen.

Es glänzt nicht alles, was Gold heißt.

Was „Dämonengold“ angeht, ließ mich der erste Band noch etwas unentschieden. Ein hervorragender Anfang verwoben mit einem etwas zu langatmigen Mittelteil und am Ende eine unerwartete Handlungsrichtung. Mit „Dämonenzeit“ liegt nun (seit dem 11.11.11 und somit voll im Zeitplan) der fünfte Roman von Stephan Russbült, dem „Herrn der Oger“ vor; von einem Neuling ist somit keine Rede mehr. Umso überraschender ist es darum, dass ich erstmals bei einem Russbültschen Roman darauf wartete, die Handlung möge endlich beginnen. Die ersten 60 Seiten dienen als Einstieg, danach wird endlich der Mainplot um den Horden Baazlabeth wieder aufgegriffen. Apropos: Der Status Quo in Brisenburg war, dass dem Herbeigerufenen die Aufgabe zugewiesen wurde, 5.000 Goldstücke durch ehrliche Arbeit zu verdienen, um diese Welt wieder verlassen zu können. Gegen Ende seiner Queste und ein paar Leichen später entpuppt sich diese jedoch als vorgeschobenes Ablenkungsmanöver. Es ist nämlich durchaus möglich, dass die Prophezeihung von der er in der Zwischenzeit erfahren hat, ihn als Hauptakteur vorsieht. Da es um eine Schlacht Gut gegen Böse geht und er sich als Anführer und Big Boss der Bösen versteht, will der Horde diesen Spaß um keinen Preis der Welt verpassen. Somit bleibt er noch etwas in Brisenburg und seiner menschlichen Rolle als Theaterbesitzer und Mitglied des Kleinen Rates treu.

Es ist nicht alles Gold, was glänzt.

In „Dämonenzeit“ gilt es für Baazlabeth sechs Mitstreiter zu finden, um die glorreichen Sieben (Sünden) zu komplettieren und gegen die Tugenden erfolgreich zu Felde zu ziehen. Dummerweise hat der Horde es noch immer nicht so mit den Menschen, wodurch seine Freundschaftsanfragen überschaubar bleiben. Die, die er aquirieren kann beziehungsweise muss, um das Maß voll zu bekommen, sind fernab seiner erhofften Idealbesetzung. Aber in typischer menschlicher Verhaltensadaption muss er nehmen, was er bekommen kann. Zumal er eh alles allein machen möchte und seine Mitstreiter ihm nur kein Klotz am Bein sein sollen. Kein Wunder also, dass er, wie schon auf dem Klappentext erwähnt, etwas ungehalten ist und generell unzufrieden mit der Gesamtsituation. Er darf nicht so viele Menschen niedermetzeln, wie er gern möchte, weiß nicht wer und wo die Tugenden sind und auch nicht wann ihm sich diese entgegenstellen. Wenige seiner Mitstreiter entpuppen sich als Goldstücke und die Wahren sind quasi entweder schnell ausgegeben (irgendwie vor dem Finale tot gegangen) oder zu gut, um wahr zu sein, sprich falsche Fuffziger.
Zum Finale hin erkennt man beim geplanten Angriff des Königs auf die Stadt Brisenburg Baazlabeths wahre Pläne, da er in all seiner Herrlichkeit selbstverständlich allen anderen mindestens drei Schritte voraus und sowieso the dirtiest Player in the Game ist. Die vage Möglichkeit, dass er die Prophezeiung falsch gelesen haben könnte, ignoriert er dabei vollends, was eine zusätzliche Brisanz ins Spiel bringt.

Gold und Schankgold für den Leser.

Während die Rechtschreibfehler im Auftaktband auffielen, aber nicht groß störten, wirken jetzt einige Passagen vom Lektor unbearbeitet. Durch deren dichte Einschläge wird der Lesefluss etwas stört. Als inhaltlich verpatztes Highlight blättert man einfach etwas zurück, um sich zu vergewissern, ob ein Teilnehmer einer Audienz nicht soeben erst verstarb. – Und siehe da, es steht dort wirklich so.

Meine Gedanken zum Crossover mit dem Oger-Setting wurden jäh genährt, da die Landkarte von Nelbor jetzt auch hier in „Dämonenzeit“ mit abgedruckt war. Allerdings erschließt sich dieser Zweck dem Leser nicht, erwähnt werden diese Lande nicht.

Die Geschichte an sich ist konsequent weitererzählt und der Dämon bleibt seinen typischen Eigenschaften treu. Allerdings muss man jetzt auf Lis verzichten. Herrlich sind noch immer die Dialoge mit seinem Gewölle und Baazlabeths Ansichten zu den Menschen und deren Verhaltensweisen. Da die Story genügend Haken schlägt und nie langweilig wird, lesen sich vor allem die letzten 200 Seiten sehr gut und genüsslich. Das obligatorische Wort „Ende“ bei jedem der Romane von Stephan Russbült kann dieses Mal wirklich ernst gemeint sein. Die Handlungsfäden wurden aufgelöst und das Abenteuer rund um den Horden Baazlabeth ist vielleicht wirklich eine Duologie. Aber man kann sich nie sicher sein, was dieser Dämon als nächstes ausheckt oder Amez für ihn vorsieht ...

Fazit: „Stell dir vor, es ist Weltuntergang und keiner geht hin.“ Dieser Klappentext fasst es gut zusammen. So ähnlich geht es mir noch immer mit der Geschichte um Baazlabeth. Irgendwie fehlt mir der letzte Kick. Trotz allem ein gutes Buch und eine bis dato gelungene Reihe. Wer aber mit „Die Oger“ vorlegt und noch zwei weitere überdurchschnittliche (Oger)Bände folgen lässt, muss sich unweigerlich die Kritik gefallen lassen, dass dieser Wurf hier nicht ganz so groß ist. Hoffentlich war dies jedoch nicht der letzte Roman des Autors, denn gern lese ich seine Bücher allemal und auf den nächsten freue ich mich schon. Nach dieser B-Reihe (ein müder Gag sei erlaubt) kommt als dritte Runde vielleicht wieder etwas zum Staunen. Es muss ja nicht immer eine O-Reihe sein, etwas mit A geht auch. Von einigen Schwächen abgesehen ist „Dämonenzeit“ eben doch empfehlenswerte Fantasy, die sich vom üblichen Genreschema abzugrenzen weiß.


Dämonenzeit
Fantasy-Roman
Stephan Russbült
Bastei Lübbe 2011
ISBN: 978-3-404-20637-7
575 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 14,00

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