Cthuloide Welten #8

„Cthuloide Welten #8“ (CW) erschien pünktlich im April 2005. Man kann schon fast die Uhr danach stellen, so zuverlässig erscheint das Magazin jeweils im April und Oktober. Das Titelbild von Jens Weber stellt ein gruseliges Spinnenwesen dar, das einen Ausblick auf das enthaltene Abenteuer „Tote Träume“ gibt.

von Markus Kolbeck

 

Doch der Reihe nach: Als erstes wird der Leser mit „Cthuloiden Nachrichten“ versorgt. Es gibt Produktneuigkeiten von Pegasus, Chaosium, Pagan Publishing und ferner zu Brett- und Kartenspielen sowie Literatur und Hörbüchern.

„Aus den Tiefen vergessener Bibliotheken“ hat Wolfgang Schiemichen den Artikel „Auf Cthulhus Spur (1901)“ geborgen. Darin ist zu erfahren, wie ein Mann in den „Hermetic Order of the Silver Twilight“ eingeführt wird, wie er sich mit Mythosbüchern beschäftigt und wie sich sein Schicksal erfüllt. Der Artikel stellt einen lesenswerten Streifzug durch die namhafte cthuloide Literatur dar und ist entsprechend mit Mythosbuchauszügen versehen.

„Cthulhu ist erwacht!“ kann möglicherweise ein neues Setting sein, das kurz vorgestellt wird – die Betonung liegt auf „möglicherweise“. In diesem Endzeit-Setting sind die Großen Alten erwacht. Unwirklichkeit der veränderten Welt und Realitätsbrüche sind wichtige Aspekte dieses Settings. Kleine Enklaven von Menschen gibt es noch, den unsäglichen Göttern nicht verfallen und Widerstand leistend. Das Setting ist etwas in der Zukunft angesiedelt. Es ist begrüßenswert, dem „Cthulhu“-Rollenspiel ein neues Setting zu erschließen, das auch den Liebhabern von Endzeit-Szenarien gefällt.

Das Abenteuer „Tote Träume“ von Matthias Oden ist als „Testballon“ für dieses angedachte Setting auserkoren. Stößt es auf Gefallen, wird das Setting eventuell realisiert. In diesem Szenario ist die Zivilisation, wie wir sie kennen, weitgehend zusammengebrochen. Naturkatastrophen haben die Erde verwüstet. Was man anfangs für Außerirdische hielt, entpuppt sich als Mythoskreaturen, die auf der Erde Jagd auf die Menschen machen. Die Menschen müssen an ihrem Realitätssinn zweifeln, erweist sich doch die alte Wirklichkeit als Illusion. In dieser veränderten Welt halten vier (vorgefertigte) Charaktere in den U-Bahn-Schächten von Shanghai nach dem Erwachen (N’ghai) die Stellung – mehr schlecht als recht. Sie erhalten in ihren Träumen einen Hilferuf unbekannten Ursprungs. Die Traumdeuterin im Team analysiert den Traum. Es ergibt sich, dass um weiterzukommen, also dem Hilferuf nachzugehen, ein Geist zu kontaktieren ist. Weiter geht es dann in die Untergeschosse einen Krankenhauses, wo sie mit einer Bande von Tcho Tcho-Sklavenjägern konfrontiert werden. Bald darauf wird sich ihnen die Quelle des Hilferufs offenbaren.

Das Szenario ist darauf konzipiert, unter ständigem Druck in drei bis vier Stunden durchgespielt zu werden. Die übergeordnete Szenarioidee erinnert stark an die des Abenteuers „Tod an Bord“ aus „Geisterschiffe“. Ob das Abenteuer als „Testballon“ für das neue Setting geeignet ist, mag jeder selbst entscheiden. Man bekommt viel von der Atmosphäre mit, jedoch werden aus Platzgründen keine Regelneuerungen eingeführt.

In der Reihe „Cthuloide Schauplätze“ wird der „Nordfriedhof“ von Sebastian Weitkamp präsentiert. Dieser Nebenschauplatz wird durch örtliche Begebenheiten und Sonderlichkeiten ausgeschmückt. Ab und an wird ein Charakter auch sterben – hier findet man den Schauplatz für das Begräbnis, wenn man es ausspielen will.

In der Reihe „Cthulhu Regionalia“ stellt Julia Erdmann „Hamburg – Deutschlands Tor zur Welt“ vor. Dieser umfangreiche Artikel spart nicht an wissenswerten Details: Der Leser bekommt Informationen über Historie, Örtlichkeiten, Kultur und Geistesleben, Vergnügungen und Unterhaltung, Forschung und Lehre, Rundfunk und Presse, Parks, Kirchen, Verkehr, Wirtschaft, Konsulate, Umgebung, Hotels und Küche, Hamburger Sagen und Persönlichkeiten geboten. Ich denke diese Aufzählung spricht für sich selbst. Abgerundet wird der fundierte Artikel durch einen historischen Stadtplan.

In der Reihe „Berufe in den Zwanzigern“ wird die Kryptozoologie von Günther Dambachmair erläutert. Der Autor nennt Fakten und Fiktion. Zu letzterem gehört die „Cryptozoological Society of London“. Der kryptozoologische Feldforscher wird mit Berufsdaten versehen und kann so von Charakteren auf der Suche nach unbekannten und seltsamen Tierarten gespielt werden. Eine Liste mit zu erforschenden Tierarten gibt es auch. Wer schon alles (oder fast alles) ausprobiert hat an Berufen, mag sich mit dem Kryptozoologen anfreunden. Anschauungsmaterial gibt es ja im Cthulhu-Mythos mehr als genug.

„Warte, warte nur ein Weilchen …“ ist ein gut recherchierter Artikel aus der Reihe „Persönlichkeiten der 20er Jahre“ über den Serienmörder Fritz Haarmann von Marc Buscher. Hier erfährt der interessierte Spielleiter alles, um den Verbrecher in seine Kampagne einzubauen. Rein als historische Person oder mit cthuloiden Nebenaspekten – ganz nach Belieben.

Im Interview steht diesmal Jan Christoph Steines Rede und Antwort. Der promovierte Jurist und Pegasus-Verlagsleiter gibt Auskunft zur Frühzeit seines Rollenspiellebens, zum Verlag Pegasus Spiele und dessen Verlagspolitik, zur „Cthulhu“-Konkurrenz und vielem mehr.

Im „Scriptorium Arcanum“ wird diesmal von Kostja Kleye Gestaltung und Umgestaltung von Büchern sachkundig behandelt. Wer will, kann so Bücher auf alt trimmen, etc.

„Der perfekte Nichtspielercharakter – von liebenswerten Randfiguren“ ist ein Artikel in der Reihe „Spielend leiten – Spieler leiten“ von Momo Evers. Wie leitet man seine NSCs am besten? Jeder Spielleiter hat da wohl seine Tricks. Hier kann er weitere Tricks und mehr zum Umgang mit NSCs erfahren. Gut gespielte NSCs sind das Brot in der Suppe einer Rollenspielkampagne; es lohnt sich also, dazuzulernen.

Schließlich gibt es noch die „Namenlose Seite“ mit einem Beitrag von Christian von Aster und einen „Unspeakable Vault of Doom“-Cartoon von François Launet.

Fazit: Die CW lässt regelmäßig das Spielleiter-Herz höher schlagen. Spannendes, viel Informatives und Unterhaltsames wechseln sich ab. In der CW findet jeder „Cthulhu“-Spielleiter etwas nach seinem Geschmack. Man darf auch gespannt sein, ob man noch mehr von dem angesprochenen Endzeit-Setting hört. Die CW gehört zur Standardliteratur jedes Cthulhuisten.


Cthuloide Welten #8
Offizielles Magazin für H. P. Lovecrafts Cthulhu
Pegasus Spiele 2005
ISSN 1610-5362
100 S., geheftet, A4, deutsch
Preis: EUR 6,00

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