Auch die neueste, vorliegende Auflage besteht wieder aus zwei getrennten Bänden für Spieler und Spielleiter. Ähnlich wie bei anderen Rollenspielen, wo das schon länger praktiziert wird, man denke nur an das immens erfolgreiche „Dungeons & Dragons“, liegt der Sinn dabei im Vorenthalten zwar für den Spielleiter wichtiger Hintergrundinformationen, die aber den Spielern durchaus einiges an Spannung und Überraschung nehmen können. Gerade bei „Cthulhu“ dürfte die Atmosphäre erheblich leiden, wenn die Spieler Dunkeldürren oder Ghoule als langweiliges und bloß lästiges Ungeziefer abtun, da jeder Spieler deren Kampfwerte und Fähigkeiten im eigenen Buch schon auswendig gelernt hat. Auch das Lesen eines Mythos-Buches ist ungleich geheimnisvoller und spannender, wenn eben nicht schon jedem bekannt ist, welche Informationen und Zauber darin zu finden sind. Sicher kann man auch mit breitem Hintergrundwissen Spaß an „Cthulhu“ haben, aber gerade für etwas weniger disziplinierte Spieler ist die Verlockung vielleicht zu groß, sich Einblick zu verschaffen.

Doch wenn all das nicht im vorliegenden Band enthalten ist, was rechtfertigt es dann, doppelt abzukassieren? Schon mit der letzten Auflage des getrennten Regelwerkes hat Pegasus durchaus gezeigt, dass sie etwas von ihrem Handwerk verstehen. Man muss nämlich wirklich sagen, dass der Preis von 19,95 Euro für den 248 Seiten starken Hardcover-Band durchaus fair kalkuliert ist. Manche einzelnen Regelbücher kosten heutzutage auch schon 40 Euro und mehr. Und was Layout und Gestaltung des reichlich stimmungsvoll schwarz-weiß bebilderten Bandes angeht, erfüllt das „Spieler-Handbuch“ vollauf die hohen, ans Hause Pegasus gesetzten Erwartungen.

In der Optik und Ästhetik des Bandes liegen dann auch die hauptsächlichen Neuerungen. Aber nicht nur: Wie für eine revidierte Zweite Edition zu erwarten, wurden nicht nur alle Errata aus der alten Auflage im Text umgesetzt, auch ein neues, wirklich spannendes Soloabenteuer findet sich im Band, das im Mythos Unerfahrenen einen atmosphärisch gelungenen Einstieg ins Lovecraftsche Universum ermöglicht. Auch jede Menge Informationen zur deutschen und internationalen „Cthulhu“-Szene finden sich im Band, was es erleichtern soll, Gleichgesinnte zu treffen.

Ansonsten finden sich in großer Detailverliebtheit und Präzision dargestellte Informationen zum Spielen in den drei populärsten Epochen, der klassischen „Cthulhu“-Ära der 1920/30er Jahre, dem viktorianisch angesiedelten „Cthulhu by Gaslight“ und der Moderne. Von allgemeinen Erklärungen zum Rollenspiel und der Welt des Mythos im Speziellen, über die Charaktererschaffung (anhand eines Beispielcharakters), Regeln zu Fertigkeiten und zum Kampf, bis hin zu Wahnsinn und geistiger Stabilität, ist in dem Band alles enthalten, was man als Spieler braucht. Wirklich viel erklären muss man dazu eigentlich nicht. Allein die Tatsache, dass „Cthulhu“ bald ins 25. Jahr seiner Karriere tritt, ohne jemals eine wesentliche Regeländerung durchgemacht zu haben, spricht für die Eleganz und Überlegenheit dieses einfachen und dynamischen Regelwerks. Außerdem ist ja ganz klar, dass im Kampf gegen kosmisches und vorzeitliches Grauen ein hochgradig realistisches Kampfsystem irgendwie unangebracht erscheint.

Für wen alles lohnt sich nun die Neuanschaffung? Zum ersten ganz sicher für Neulinge, die noch keines der alten Regelwerke ihr Eigen nennen. Besitzer der letzten Edition werden sich sicher überlegen, ob sie die Investition wagen sollen, während allen anderen, die vielleicht noch die alte, spieltechnisch aber gleiche, Edition aus dem Hause Laurin oder aber eine englische Edition verwenden, durchaus einen Wechsel überdenken sollten.

Fazit: Mit der revidierten Zweite Edition des Grundregelwerkes erfüllt Pegasus vollauf die hohen Erwartungen der Spielergemeinde. Mit solch tollen Bänden hat man sich schließlich auch international Anerkennung verschafft, da selbst der amerikanische Hersteller Chaosium immer wieder von der Arbeit der Deutschen beeindruckt ist.