Call of Cthulhu CCG: Unheimliche Schrecken

Einige Jahre nachdem mit "Mythos" aus dem Hause Chaosium ein zwar farbenfrohes, aber wenig erfolgreiches CCG zum Lovecraft‘schen Mythos seinen Weg in Spielerhände fand, liegt nun von Ulisses Spiele die deutsche Ausgabe des "Call of Cthulhu"-Sammelkartenspiels von Fantasy Flight Games vor. Anders als beim Vorgänger können die Spieler aber hierbei in die Rolle fanatischer Kultisten, widerwärtiger Mythos-Wesen und dämonischer Gottheiten aus anderen Dimensionen schlüpfen.

von Michael Wilhelm

H. P. Lovecrafts Geschichten zum erst nachträglich so getauften Cthulhu-Mythos stellen neben den Erzählungen Edgar Allen Poes vielleicht die größten Klassiker der Horror-Literatur dar. Ganze Generationen von Autoren, nicht zuletzt Stephen King und Clive Barker haben sich von seiner Gedankenwelt inspirieren lassen. Der früh verstorbene und zu Lebzeiten das Dasein eines Sonderlings fristende Lovecraft erschuf einen Kosmos voller albtraumhafter Wesen, deren Bosheit und Ignoranz gegenüber der menschlichen Rasse nur noch durch ihre absolute Fremdartigkeit übertroffen wurde. Das Grauen von jenseits der Sterne, aus der Ferne der Zeit oder den Tiefen des Ozeans, schien jederzeit bereit, über die ahnungslose Menschheit hereinzubrechen. Dabei waren Lovecrafts "Helden" keine muskelstrotzenden Kämpfernaturen, sondern Akademiker, Bücherwürmer und Forscher.

Seit fast 25 Jahren können die Grauen des Mythos in Form eines hervorragenden Rollenspiels bekämpft werden. Im Sammelkartenspiele-Boom Mitte der 1990er gab es einen ersten Versuch, den Mythos in Kartengestalt zu bannen. Nach nur wenigen erfolglosen Editionen wurde "Mythos" wieder eingestellt. Fantasy Flight Games wagte im vorletzten Jahre einen Neuanfang. Ausgerüstet mit einem wirklich spannendem und durchaus ausgewogenen Spielprinzip sowie einer Riege hochkarätiger Illustratoren, erschien als erstes von inzwischen sechs Sets die "Arkham Edition", benannt nach dem bevorzugten Schauplatz von Lovecrafts Erzählungen, der inoffiziellen "Hauptstadt" von "Lovecraft Country".

Die in 2005 erschienene "Unheimliche Schrecken Edition" ist die deutsche Übersetzung des zweiten Basis-Sets "Eldritch Edition" und wurde von Ulisses Spiele herausgebracht. Schon der optische Eindruck weiß vollauf zu überzeugen. Die Druckqualität und Farbintensität ist hervorragend. Jede einzelne Karte ist ein kleines Kunstwerk für sich. Erhältlich ist der fast 250 Karten starke "Unheimliche Schrecken" in Form von Startern mit insgesamt 60 Karten sowie Boostern zu je 11 Karten, von denen 3 Uncommons, 1 Rare und 7 Commons enthalten sind.  Die Starter beinhalten 30 vorsortierte Karten, darunter 3 als Ressourcen dienende Domänen-Karten und 27 Karten der Fraktionen Yog-Sothoth, Cthulhu und Miskatonic Universität, 10 Erzählungs-Karten und 20 zufällige Karten, von denen 2 Rare sind.

Entgegen der Geschichten Lovecrafts, in denen sich verzweifelte Sterbliche gegen übermächtige Dämonengottheiten zu wehren versuchen, haben die "guten", lies: menschlichen, Fraktionen durchaus eine Chance. Jede Gruppe hat eben ihre Stärken. Während sich die Gelehrten der "Miskatonic Universität" mit aus alten Folianten geschöpftem Geheimwissen und Bannzaubern dem Bösen erwehren, liegt der Vorteil der Agenten der "Behörde" eher in reiner Muskelkraft, und das "Syndikat" weiß sowohl Hexer als auch Schläger Gewinn bringend einzusetzen.

Die vier Mythosfraktionen, jeweils nach einem der Großen Alten Dämonengötzen benannt, verfügen dann doch eher über "konventionelle" Waffen: Kultisten, Dienerwesen, Hexer und die Bosse selbst kämpfen für "Yog-Sothoth", die Schwarze Ziege mit den Tausend Jungen, "Shub-Niggurath", den Gelben König "Hastur" und natürlich den Großen "Cthulhu".

Ausrüsten können sich die verschiedenartigen Charaktere mit Waffen, Zaubern, Artefakten und Ritualen. Dann gilt es, die Charaktere einer der drei in der Mitte ausliegenden Erzählungen zuzuordnen und im Kampf darum die Oberhand zu erlangen. Wer als erster drei Erzählungen erobert hat, gewinnt. Dazu ist es nötig, in den Kategorien Kampf, Schrecken, Arkan und Nachforschung sowie vor allem in der Summe der Fertigkeitswerte aller beteiligten Charaktere besser abzuschneiden.

Je nach Kategorie erliegen die Charaktere der Verlierer-Seite dem Tod oder Wahnsinn oder der Sieger profitiert auf andere Weise. Dabei ist es nicht nötig, ein Deck aus Karten nur einer einzelnen Fraktion zu bilden. Es sind also durchaus seltsame Allianzen möglich und können zu sinnvollen und spielstarken Kombos führen. Lediglich das gemeinsame Streiten von Charakteren mit den Eigenschaften "Heldenhaft" und "Bösartig" ist nicht möglich. Ansonsten sind er Fantasie in Sachen Deckbau keine Grenzen gesetzt.

Das "Call of Cthulhu"-Sammelkartenspiel ist zwar ein konfliktintensives, aber nicht allzu kampfintensives Spiel. Wie schon im Rollenspiel gelingt auch hier die Gratwanderung, das Ungleichgewicht der Kräfte nicht in groteske Kämpfe zwischen Mensch und Gott ausufern zu lassen. Vielmehr liegt die Betonung auf stimmungsvollem Storytelling, in dem Maße, wie es für ein Kartenspiel eben möglich ist. So dürften praktisch jede Runde Kämpfe um das Erlangen der Erzählungskarte stattfinden, doch dabei ist die Kampfphase nur eine von fünf, die es zu absolvieren gilt.

Fazit: Ein schönes Spiel, und dank des guten Supports durch Fantasy Flight Games ist auch für den deutschen Markt mit Nachschub zu rechnen. Und dank der zwar noch im Aufbau befindlichen deutschen Web-Seite www.cthulhuccg.de können die Schrecken des Mythos auch im Mehrspieler-Modus bekämpft werden.


Call of Cthulhu CCG: Unheimliche Schrecken
Sammelkartenspiel-Grundset
Eric M. Lang, Christian T. Peterson, Kevin Wilson u. a.
Ulisses 2005
240 Karten, deutsch
Preis: Starter ca. EUR 8,95; Booster ca. EUR 2,95

NUR NOCH GEBRAUCHT ERHÄLTLICH