Buch 4: Psionik

Die Regelerweiterung: „Psionik – Geist über Materie“ befasst sich mit den Kräften des Geistes, die erstaunliche Möglichkeiten eröffnen, und den großen Risiken, die ihre Anwendung mit sich bringen. Die Mechanismen aus dem Grundregelwerk werden enorm erweitert. Alles was ein Traveller über Psionik je wissen wollte, findet sich hier.

von Andreas Loos

Nach „Söldner“ und „Raumflotte“ ist „Psionik – Geist über Materie“ die dritte Regelerweiterung die vom 13Mann Verlag für das „Traveller“-Rollenspiel übersetzt wurde. Die Qualität der Verarbeitung des Buches kann sich mit den bereits veröffentlichten Werken messen. Wieder ist das Cover sehr schlicht gehalten – der Titel steht in Grün auf schwarzem Grund. Wie gehabt ist auch diesmal der Band im Hardcover mit Lesebändchen gestaltet und solide verarbeitet. Die Bebilderung ist wie schon in den anderen Regelwerken in Schwarz-Weiß gehalten und entspricht dem, was man bereits aus den anderen Veröffentlichungen kennt.

Auf knapp 100 Seiten wurde allerlei Wissenswertes zum Thema „Psionik“ zusammengetragen. Da der Hintergrund des 3. Imperium im „Traveller“-Universum relativ arm an Psionik ist (es sei denn man spielt eine Kampagne mit Zhodani-Hintergrund), kann man das Buch wirklich als generisch verstehen. Eine Menge der Informationen und Regeln, die man hier findet, hat das Potenzial, eine bestehende normale „Traveller“-Kampagne aus dem Gleichgewicht zu bringen. Der Spielleiter sollte es sich zweimal gründlich überlegen, welche der vielen Neuerungen er in seinem Spiel zulässt.

Nach einer kurzen Einführung, geht es auch gleich zur Sache. Das erste von sieben Kapiteln klärt die Grundregeln der Psionik ab und gibt Beispiele, wie man diese in verschiedene Arten von Kampagnen einbinden kann. Zudem werden die psionischen Talente in Basistalente und höhere Talente unterschieden. Alle Talente werden in einem späteren Kapitel genauer beschrieben.

Das zweite Kapitel erweitert die Regeln aus dem Grundregelwerk. Ein detailliertes System zur Überprüfung auf das Vorhandensein von psionischen Begabungen und die Weiterentwicklung von psionischen Talenten bilden den Kern dieses Kapitels. Wie man seine latenten Kräfte besser schult und sein Potenzial weiterentwickelt, wird ebenfalls in diesem Kapitel behandelt.

Um Psionische Karrieren dreht sich alles im dritten Kapitel. Dabei werden unter anderem auch kurze Referenzen zu Rollenspiel-Hintergründen dargestellt, die Mongoose Publishing mit „Traveller“-Regeln veröffentlicht hat: „Babylon 5“, „Judge Dreadd“ und „Strontium Dog“. Diese haben oft eigene Karrieren in den entsprechenden Quellenbüchern und es wird hier anheim gestellt, den speziellen Karrieren der Hintergründe den Vorzug zu geben. Der Aufbau der Karrieremöglichkeiten selbst sind identisch mit denen des Grundregelwerkes und den anderen Erweiterungen. Man findet sich bei der Charaktererschaffung auf Anhieb zurecht.

Die vorgestellten Karrieren sind sehr unterschiedlich gestaltet. Agenten, Herumtreiber, Psi-begabte Mitglieder der Raumflotte, Schurken, Wissenschaftler, Scouts sowie Mitglieder in der Zeitkommission oder einem mystischen Orden sind nur eine kleine Auswahl der möglichen Karrierewege, die ein psionisch begabter Charakter einschlagen kann. Oft sind es Variationen bereits bestehender Karrieren. Aber etliche Karrierepfade kann man nur ergreifen, wenn diese zum Hintergrund passen. Ein Mitglied der Zeitkommission ergibt schließlich keinen Sinn, wenn es in der Kampagne weder Zeitreisen noch eine entsprechende Kommission gibt. Den Abschluss des Kapitels bilden neue Fertigkeiten, die im Zusammenhang mit den Kräften des Geistes stehen.

Wurden im ersten Kapitel die psionischen Kräfte in Basistalente und höhere Talente unterschieden, so werden sie im vierten Kapitel näher beschrieben. Die Talente aus dem Grundregelwerk finden sich der Vollständigkeit halber ebenfalls wieder. Neben den Talenten, wird auch die Möglichkeit zur Erschaffung weiterer Talente angeschnitten. Für die meisten Kampagnen dürfte das im Buch Gebotene aber mehr als ausreichend sein. Auf 16 Seiten werden schließlich etliche gängige Talente beschrieben. Ein besonderes Augenmerk liegt aber nicht auf den Basistalenten wie Telepathie oder Telekinese, sondern auf sehr umfangreichen und komplizierten Talenten, wie Dimensions- und Zeitmanipulation.

Bei der letzteren Talentgruppe befasst sich das Buch auch mit Zeitreisen und Zeitparadoxen. Eine weitere interessante Option ist die Maschinensymbiose, die Psionik mit Computertechnologie verbindet und Menschen mit Raumschiffen und anderen Maschinen zu einer Einheit verschmelzen lassen. Ich persönlich fand die Unterscheidung in Basistalente und höhere Talente etwas unpassend. Die Benennung fußt nur darauf, dass Basistalente nur viel häufiger anzutreffen sind, als die höheren Talente. Ich weiß leider nicht, wie der englische Originaltext lautet, denn im Zweifelsfall handelt es sich in meinen Augen um eine unglückliche Übersetzung.

Nach den tollen Nutzungsmöglichkeiten für Psionik wird es Zeit für den Beipackzettel. Im Kapitel über Psionisches Trauma bekommt man die Nebenwirkungen der besonderen Gaben zu spüren. Beleuchtet werden die möglichen Folgen, die dem Geist durch die Nutzung der Kräfte zugefügt werden können. Dazu gibt es – für „Traveller“ typisch – sehr umfangreich ausgearbeiteten Regeln für psychische Traumata, Krankheiten, Schäden und andere Begebenheiten, die psionische Fähigkeiten beeinflussen können. Interessant fand ich die Auflistung möglicher Geisteskrankheiten und eine sich anschließende mehrseitige Liste der unterschiedlichsten Phobien. Diese reicht von der Ablutophobie (Angst vor dem Waschen oder Baden) über vier Seiten doppelspaltig aufgeführter Einträge hin zur Zoophobie (Angst vor Tieren). Das nenne ich mal Auswahl, obwohl der Unterhaltungswert hier wohl eher bei den hier bezeichneten sehr seltsamen und teilweise abstrusen Ängsten liegt. Das Kapitel verdeutlicht eins, dass es nichts gibt, vor dem man keine Ängste entwickeln könnte. Die Liste ist schließlich kaum komplett zu nennen, bietet aber eine ausgezeichnete Auswahl.

Das sechste Kapitel widmet sich dem Thema „psionische Ausrüstung“. Von speziellen Drogen, bis hin zu Waffen, die speziell für beziehungsweise gegen Psioniker entworfen wurden, finden sich hier einige interessante Gegenstände und auch Fahrzeuge. Das letzte Kapitel befasst sich mit Optionen für den Bau von Psi-Schiffen. Alle Komponenten, die man benötigt, um einen Psioniker mit einem Raumschiff zu verbinden aber auch optionale Regeln für den Bau von Zeitreiseantrieben und Dimensionsantrieben, sind hier aufgeführt. Den Abschluss bilden ein Index und ein Charakterbogen für Psioniker. Das Lektorat zeigte diesmal keine besonders großen Schwächen, die mir sofort ins Auge gesprungen wären.

Fazit: „Psionik – Geist über Materie“ ist eine schöne Erweiterung der Regeln aus dem „Traveller“-Grundregelwerk. Wer eine Kampagne spielen möchte, die extensiven Gebrauch von Psi-Kräften macht, wird um den Kauf nicht herum kommen. Für solche Fälle ist das Regelwerk eine wahre Goldgrube. Wer nicht viel mit Psionik am Hut hat, wird hier nur sehr wenig Nützliches finden können. 22,95 Euro bewegen sich für ein großformatiges Hardcover mit 100 Seiten preislich in einem annehmbaren Rahmen.


Buch 4: Psionik
Quellenbuch
Marc Miller u.a.
13Mann Verlag 2011
ISBN: 978-3941420045
100 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 22,95

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