Bonfire

Die magischen Signalfeuer sind erloschen. Die Dunkelheit herrscht über das Land. Um ein „Bonfire“ wieder zu entfachen, bedarf es der Hilfe der Hüterinnen des Lichts. Doch diese leben in Abgeschiedenheit auf den fernen Inseln. Mit einem Boot reisen wir zu ihnen und bringen sie zurück, damit sie durch ihre Prozessionen die Feuer erneut entfachen und die Dunkelheit aus der Welt vertreiben.

von Oliver Clemens

In dem Expertenspiel „Bonfire“ geht es um Siegpunkte. Wer die meisten davon am Schluss hat, gewinnt. Gespielt wird so lange, bis eine gewisse Anzahl an Feldern im Hohen Rat gefüllt ist. So weit, so gut. Doch wer Spiele von Stefan Feld bereits kennt, weiß, dass die Möglichkeiten, Punkte zu erhalten, vielfältig und herausfordernd sind. Und „Bonfire“ macht es den Spielern wirklich nicht einfach, die richtigen Entscheidungen auf dem Weg zum Sieg zu fällen.

Der Aufbau einer Partie dauert etwa zehn Minuten. In der Mitte liegt der Spielplan, der sich in zwei Hälften teilt. Auf ihm wird gemeinsam gespielt. Eine Hälfte davon ist eine Seekarte, die von einer Punkteleiste umgeben ist. Die Karte zeigt Inseln, auf denen die Spieler entweder Aufgaben einsammeln können, die zum Ende Siegpunkte bringen, oder auf Hüterinnen in unterschiedlichen Farben treffen, die darauf warten, an Bord genommen zu werden, um in Prozessionen für Punkte zu sorgen. Die andere Hälfte des zentralen Spielplans unterteilt sich gleich vier wichtige Spielbereiche: Das große, namensgebende „Bonfire“, dessen Name ins Deutsche wohl am ehesten mit Leuchtfeuer zu übersetzen ist, thront in der Mitte. Darum verteilt liegen die Wegplättchen, die Auslagen der Gnom-Spezialisten und Gnom-Ältesten sowie die Einsetzfelder mit den Aufgaben des Rates.

Alleine auf diesem zentralen Spielplan gibt es im Verlauf des Spiels viel zu tun. Aufmerksam die Züge der anderen Spieler zu beobachten, lohnt sich auf jeden Fall. Außerdem platziert jeder Spieler vor sich ein persönliches Tableau, auf dem ausschließlich eigene Spielzüge stattfinden, und daneben zusätzlich eine Aktionsübersicht. Spätestens mit dieser zusätzlichen Auswahl an Handlungen, und wie sich diese über die Spielpläne ineinander verzahnen, entpuppt sich das Spiel als Expertenspiel. Gesammelte Aufgaben werden hier gelagert und warten darauf, gelöst zu werden, die Seherinnen starten von hier aus für ihre Prozessionen in Richtung der magischen Leuchtfeuer und mit seinen Schicksalsplättchen puzzelt man sich dringend benötigte Aktionsmarker. Dazu erhalten die Spieler ein Set aus Materialien: Novizen, die über erloschene Bonfire wachen, ein Boot zum Reisen, Opferschalen, die für die Aufträge auf den Inseln benötigt werden, ein Starterset aus Ressourcen und Schicksalsmarkern, acht Schicksalsplättchen und eine Seherin, alles in vier unterschiedlichen Spielerfarben gestaltet und sehr gut voneinander unterscheidbar.



Bei der Menge an Material, die es zum Spielen braucht, verlieren Gelegenheitsspieler möglicherweise schnell den Überblick. Für Vielspieler sorgt dies alles optisch und haptisch für Glücksgefühle.

Bei so vielen Optionen erscheint der Ablauf des Spiels fast schon minimalistisch. Gespielt wird im Uhrzeigersinn. Wer an der Reihe ist, wählt eine der folgenden drei Optionen: Wähle einen deiner Aktionsmarker und führe die entsprechende Aktion aus, puzzle mit den Schicksalsplättchen auf dem eigenen Tableau weiter und erhalte dafür neue Aktionsmarker oder entfache ein Bonfire und entsende einen deiner Novizen in den Hohen Rat. Klingt einfach, ist es aber nicht.

Zuerst einmal sind die Möglichkeiten durch die eigenen Aktionsmarker eingeschränkt – nur wer entsprechende Marker hat, kann die Aktion auch spielen. Dazu ist die Anzahl an vorhandenen Markern zu Spielbeginn nicht besonders groß. Diese ermöglichen das Reisen oder versorgen uns mit neuen Aufgaben, lassen die Hüterinnen laufen, bringen neue Wege ins Spiel, damit Hüterinnen sich überhaupt auf dem eigenen Tableau bewegen können, statten dem zentralen Leuchtfeuers einen Besuch ab, um Marker, Ressourcen oder Portale zu erhalten, oder bezahlen die Dienste von Gnomen, damit die Regeln zu den eigenen Gunsten modifiziert werden können oder zum Schluss zusätzliche Siegpunkte locken. Habe ich keine entsprechenden Aktionsmarker, bleibt mir die Option verschlossen.

Wie gut, dass es gelbe Joker-Marker gibt, die oft aus der Patsche helfen. Und auch ein Ertauschen dringend benötigter Aktionsmarker ist möglich. Oft sind die Aktionen zusätzlich noch mit dem Bezahlen von Ressourcen verknüpft. Die müssen natürlich auch erst einmal aufwändig organisiert werden. So benötigt es oft ein bis zwei Runden der Vorbereitung, bis der eigentlich geplante Zug durchgeführt werden kann. Wartet man aber zu lange, haben die Gegenspieler schon die Situation für sich genutzt. Dann ist das zentrale Leuchtfeuer vielleicht schon so gedreht, dass die benötigten Ressourcen nicht mehr vorhanden oder die Gnome verschwunden sind oder sie haben sich auf den Inseln die Aufträge geschnappt, auf die man ein Auge geworfen hatte.



Aufträge gibt es in drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden, die unterschiedlich Punkte bringen. Die Anforderungen, die dabei erfüllt werden müssen, sind sehr vielfältig und unterschiedlich. Beispielsweise muss der Spieler eine gewisse Anzahl von Hüterinnen oder Ressourcen gesammelt haben, Opferschalen auf verschiedenen Inseln platzieren oder eine Anzahl von Gnomen in der eigenen Auslage sammeln. Besonders anspruchsvoll wird es, wenn Aufträge vorgeben, wie man die Schicksalsplättchen in der eigenen Auslage verpuzzelt. Dafür gibt es dann aber auch mehr Punkte. So entpuppt sich „Bonfire“ nicht nur ein knallhartes Optimierungsspiel mit Mängelverwaltung um Siegpunkte, sondern auch als ein Rennen gegen die Mitspieler.

Wird ein Auftrag erfüllt, entfacht sich in der eigenen Auslage ein Bonfire und belohnt mit Punkten. Jetzt schickt der Spieler zusätzlich einen Novizen in den Hohen Rat und sichert sich eine Bonusaktion. Gelingt es dem Spieler jetzt noch, im weiteren Verlauf des Spiels eine Hüterin über den Weg zu dem Bonfire zu entsenden, warten zum Spielende zusätzliche Punkte. Dazu sind jedoch die Portale notwendig, die vorher gesammelt werden müssen, um die entfachten Leuchtfeuer und die Wege miteinander zu verbinden. Nichts in „Bonfire“ geht einfach so locker aus dem Bauch. Werden einzelne Züge nicht klug aufeinander aufgebaut, kickt sich ein Spieler schnell selbst aus dem Rennen. An dieser Stelle erfolgt eine notwendige Warnung! Analyse-Paralyse droht, so können je nach Mitspieler lange Wartepausen entstehen. Aber das wissen Expertenspieler!

Das Spiel endet, wenn durch das Erledigen von Aufträgen aller Spieler eine gewisse Anzahl von Novizen aus den eigenen Auslagen in den Hohen Rat gewandert ist. Dabei skaliert das „Bonfire“ je nach Spielerzahl. Im Anschluss finden noch genau fünf Runden statt, in denen nacheinander jeweils eine Aktion gespielt werden kann. Alternativ kann auch auf den Zug verzichtet werden, um sich lieber Siegpunkte auszahlen zu lassen. Untypisch zu anderen Spielen von Stefan Feld, sammeln Spieler während der Partie eher wenige Punkte. Dafür gibt es dann zum Schluss ein bisschen was zu tun. Gewertet werden nun alle entzündeten Leuchtfeuer, die Hüterinnen, die es bis zu den Leuchtfeuern geschafft haben, Portale, die entzündete Leuchtfeuer mit Wegen verbinden, Wegplättchen in der Farbe des Leuchtfeuers, erledigte Aufgaben des Rats, einbehaltene Schicksalsplättchen, Aktionsmarker und Ressourcen im Vorrat sowie die Gnomkarten. Die Schlusswertung lässt lange offen, wer denn nun wirklich gewonnen hat, geht aber zügig und klar über die Bühne.

Zwei Dinge fordert „Bonfire“ konsequent für sich ein: einen ausreichend großen Tisch für das Material für alle Spieler und ausreichend Zeit, denn das Kennerspiel ist nicht schnell gespielt und variiert in seiner Dauer definitiv mit der bereits erwähnten Neigung zur Analyse-Paralyse. 90 Minuten und mehr sollten schon reserviert sein mit Luft nach oben, je nach Spieleranzahl. Wer lange Wartezeiten vermeiden möchte, kann gegen „Tom“ antreten, kurz für auTOMatischer Spieler, der das Solospiel ermöglicht. Mit ihm ändert sich die Spielvorbereitung ein bisschen, das Spiel hat aber sonst kaum Abweichungen. Zum Gewinnen braucht es am Schluss mehr Punkt als der virtuelle Spieler.



Das Regelwerk liegt dem Spiel in Deutsch und Englisch bei und ist mit 16 Seiten schon recht umfangreich, dafür aber inklusive Solomodus. Das ist auch gut so, denn wirkliche Fragen oder unverstandene Regeln bleiben nach dem Lesen kaum mehr übrig. Dafür sorgt erstens der gut gegliederte und mit Erklärungen komplettierte Aufbau des Regelhefts, der umfangreiche Anhang mit Erläuterungen zu den Aufgaben und Gnomen und vor allem die wirklich gelungene Symbolsprache des Illustratoren und Grafikers Dennis Lohausen, der das Spiel zu einem fantastischen Augenschmaus gemacht hat. Wie schon erwähnt, quillt die Spielschachtel fast über mit dem Spielmaterial, das entweder aus Holz oder dicker, fester Pappe gefertigt ist. Ein Inlay ist nicht zwar nicht dabei, aber genügend Kunststofftüten, um alles unterzubringen. Für Leute, die Struktur in den Schachteln lieben, ist das gewöhnungsbedürftig.

Fazit: Mit „Bonfire“ hat Stefan Feld ein Feuerwerk abgeliefert, der zusammen mit anderen oder alleine für stundenlangen Spielspaß sorgt. Die Fülle an unterschiedlichen Aufgaben und den Möglichkeiten durch die Gnomkarten sorgen dafür, dass keine Partie wie die nächste ist. Wegen der komplexen Verzahnung ist der Kopf dabei aber ständig gefordert, sodass die richtige Taktik, eine gute Strategie und die eigene Aufmerksamkeit über lange Zeit garantiert sein muss, wenn man auf Sieg spielt. Und damit zündet das Spiel insbesondere in der Kenner- und Expertenspielszene.  

Bonfire
Brettspiel für 1-4 Spieler ab 12 Jahren
Stefan Feld, Dennis Lohausen
Pegasus Spiele/Hall Games 2020
EAN: 4250231727917
Sprache: deutsch und englisch
Preis: EUR 49,95

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