Bluttrinker

Ein High-Fantasy-Roman, der versucht, mit der Vampirwelle zu schwimmen – als solchen könnte man „Bluttrinker“ bezeichnen. Kann das funktionieren? Sicherlich. Doch gelingt es speziell in diesem Fall? Hier muss die Antwort deutlich verhaltener ausfallen. Der Titel hält nicht unbedingt, was er verspricht.

von Andrea Bottlinger

 

Wie „Die Chroniken des Paladins“ spielt auch „Bluttrinker“ in der Welt Kanduras. Doch dieser Roman ist keine Fortsetzung der Geschichte um Tharador, sondern schildert Ereignisse, die 300 Jahre zuvor stattgefunden haben. Lesern der „Chroniken“ dürfte die Handlung von „Bluttrinker“ daher in groben Zügen bereits vertraut sein und auch einige der Charaktere werden ihnen bekannt vorkommen. Neue Leser können allerdings dennoch ohne Probleme mit „Bluttrinker“ einsteigen, da kein Vorwissen nötig ist, um die geschilderten Ereignisse zu verstehen.

Worum es geht

Orks und Barbaren stellen für die Stämme, die den Norden Kanduras’ bewohnen, eine ständige Gefahr dar. Doch ihre Fürsten können sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen gegen diese Bedrohung einigen. Jeder von ihnen fürchtet, einer seiner Konkurrenten könnte zu viel Macht erlangen und die alleinige Herrschaft über den Norden an sich reißen.

Während der Magier Gordan an einem Plan arbeitet, die Stämme zu einen, setzt der Göttervater Aurelion alles daran, seinem Gefängnis in den Niederhöllen entkommen, in das seine Kinder ihn einst verbannt haben. Zu diesem Zweck macht er aus dem einfachen Krieger Andrul seinen Herold Karandras, den Sohn der Dunkelheit. Als Karandras eine Armee verschiedenster Kreaturen um sich sammelt, um die Götter zu töten und ganz Kanduras zu unterwerfen, kann ihn nur ein Mann aufhalten: Throndimar, ehemals ein einfacher Bauer, dessen einziges Ziel es ist, seine tote Frau zu rächen.

Klischees

Inzwischen dürfte klargeworden sein, dass „Bluttrinker“ alles enthält, was üblicherweise in einen klassischen Fantasy-Roman hineingehört. Götter, die einander bekämpfen. Ein böser Magier mit finsteren Plänen. Ein Land, das unter einem König geeint werden muss, damit es gegen die Mächte der Finsternis verteidigt werden kann. Einen Helden einfacher Herkunft. Und zuletzt epische Schlachten gegen Trolle, Goblins und ähnliches Viechzeug.

Dagegen gibt es nichts einzuwenden. Doch nicht nur im Großen sondern auch im Kleinen findet man unzählige Klischees, von denen einige den Eindruck erwecken, als wären sie nur da, weil es sich eben so gehört. In der gesamten ersten Hälfte des Romans wirken viele der Charaktere daher nicht wie eigenständige Personen, sondern nur wie eine Ansammlung eben jeder Klischees. Neben dem einfachen Bauern Throndimar, der Rache schwört, nachdem Barbaren seine Familie getötet haben, gibt es den mysteriösen, mächtigen Magier Gordan, der selbst die Leute nicht vollständig in seine Pläne einweiht, die darin eine wichtige Rolle spielen. Dazu kommt der in Blätter gekleidete, Bogen schießende Elf Faeron und natürlich der grundlos grausame, weil böse, Karandras. Erst nach über der Hälfte des Romans beginnen diese Charaktere eine gewisse Tiefe und Eigenständigkeit zu entwickeln.

Vor allem bei Karandras wird allerdings dennoch einiges an Potenzial verschenkt. Dieser zeigt an einigen wenigen Stellen Anflüge seiner früheren Menschlichkeit, doch leider entsteht daraus nie ein tatsächlicher Konflikt.

Letztendlich ist der Heiler Ondarin der am besten ausgearbeitete Charakter des Romans. Er dient der Fürstin Iphelia, und seit er ihren Mann nicht hat heilen können, plagt ihn das schlechte Gewissen. Als Iphelia Symptome derselben Krankheit zeigt, an der ihr Mann gestorben ist, setzt er alles daran, um diesmal nicht zu versagen.

Dies wiederum bringt uns zum Titel des Romans. Wer erwartet, dass Karandras der titelgebende „Bluttrinker“ ist, wird enttäuscht werden. Stattdessen beschränkt sich das in der Covergestaltung angedeutete Vampir-Element auf eine Nebenhandlung um Ondarin und Iphelia, die nur einen sehr geringen Einfluss auf die Haupthandlung hat. Worum es sich bei Iphelias Krankheit handelt und woher diese kommt, wird zudem nie geklärt.

Die Haupthandlung an sich ist dafür durchaus spannend. Karandras versucht, die Götter zu vernichten, indem er ihnen den Glauben der Menschen nimmt. Dazu will er sich selbst zum Gott aufschwingen und zieht die verschiedensten Wesen mit Hilfe seiner Magie in seinen Bann. In Zusammenspiel damit, dass die Charaktere – vor allen Throndimar, der von seinem Verlangen nach Rache zerfressen wird – in der zweiten Romanhälfte an Eigenständigkeit gewinnen, wird man hier gut unterhalten.

Leider verhindert der wenig packende Schreibstil oft, dass man sich vollkommen in die Geschehnisse hineinversetzt. Die Kämpfe wirken aufgrund sperriger Satzkonstruktionen zu langsam und der auktoriale Erzählstil schafft eine zusätzliche Distanz zu den Charakteren. Wichtige Hintergrundinformationen werden zudem recht ungeschickt durch einen Geschichtenerzähler präsentiert, der weniger Geschichten als mehr große Infodump-Blöcke zum besten gibt, ohne dass diese in die Interaktion der Charaktere untereinander eingebunden wären.

Fazit: Der Titel weckt eindeutig falsche Erwartungen, doch wer High Fantasy mag und kein Problem mit Klischees hat, könnte sich von „Bluttrinker“ durchaus gut unterhalten fühlen. Der Roman hat einige gute Ansätze und eine Handlung, die mit der einen oder anderen Überraschung aufwarten kann. Auf jeden Fall zu empfehlen ist er für Fans der „Chroniken des Paladins“, da er dort angesprochene Hintergründe näher beleuchtet.


Bluttrinker
Fantasy-Roman
Stepham R. Bellem
Otherworld Verlag
ISBN: 978-3-8000-9515-5
435 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 16,95

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